Kapitel 52

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A D E L I N E

Und wie ich es vermutet habe, beißt Aiden genüsslich in sein Wrap rein, dabei hat er ganz vergessen, dass er gar nicht essen wollte. Ein grinsen schleicht sich auf meine Lippen.

"Was ist?", fragt er mit ernstem Gesichtsausdruck und vollem Mund. Beinahe hätte ich losgeprustet, wäre da nicht sein Glas, dass fast vom Tisch gefallen wäre, als er mit seiner Hand wedelte. Geschickt greift er danach, ohne dass auch nur ein Tropfen daraus fällt. Mit gehobenen Augenbrauen und kauenden Mund mustert mich Aiden und um diesen gefährlichen Augen, welche einen jeden Moment zu verschlingen scheinen, zu entkommen, widme ich mich wieder meinem Essen zu.

Es bleibt allerdings nicht lange still zwischen uns, denn kaum hat er zu ende gekaut, setzt er erneut mit dem reden an. Es wundert mich, dass er heute so gesprächig ist. Und erst recht nach dem Vorfall von vor zwei Tagen.

Dass wir an einem Tisch zusammen sitzen und essen ist verwirrend genug. Doch dann noch zu plaudern und so zutun, als hätte der Mann vor mir nicht meinen Bruder in irgend einem Lager eingesperrt, ist zu viel verlangt.

Ich merke, wie es um mich herum leise geworden ist und ich nehme wahr, dass Aiden aufgehört hat zu reden. Dabei habe ich ihn gar nicht zugehört.

Entschuldigend schaue ich in sein verständnislosen Gesichtsausdruck und beiße mir auf die Unterlippe, als er genervt schnaubt. „Wenn du nicht hier sein möchtest, kannst du dein Teller mit nach oben nehmen und verschwinden." Mit einem Taschentuch wischt er sich grob über den Mund, wirft ihn dann auf seinen Teller, ehe er ihn in die Hand nimmt und sich erhebt. Einige Sekunden brauche ich, um sein Gesagtes, sowie auch den plötzlichen Zorn zu realisieren.

„Ich möchte hier sein.", rufe ich, bevor er sich vom Tisch entfernt. Und leider Gottes ist dies auch die Wahrheit. Doch eigentlich sollte ich nicht hier sein.

Unbeeindruckt blickt er mir entgegen. Schluckend lege ich meinen Wrap auf den Teller, während ich überlege, was ich nun sagen soll. Denn in meinem Kopf bildet sich kein vernünftiger Satz, den ich nun als nächstes rausbringen könnte. Im Gegenteil... je mehr ich mich anstrenge, die passenden Worte zu suchen, desto schlimmer wird der Wörtersturm.

Erneut schweige ich. Dabei steht Aiden immer noch und ich merke, wie sein Geduldsfaden kurz vor dem Reißen ist.

In der letzen Sekunde, wo sich Aiden diesmal wirklich entfernen will, gebe ich die Suche nach den passenden Worten auf. Ich seufze hoffnungslos.

„Ich will hier sein... wirklich. Ich will nicht mehr alleine essen, sitzen und die Wand anstarren. Ich genieße es hier zu sein. Mit Gesellschaft.", spreche ich aus und werde zum Ende hin leise. Irgendetwas in mir schämt sich für diese Sätze. Sätze die erklären, dass ich Aiden's Gesellschaft genieße und dass ich bei ihn sein möchte. Bei dem Mann, der mich und meinen Bruder gefangen hält.
Im wahrsten Sinne des Wortes.

Aiden schnaubt und lässt sein Teller wieder auf den Tisch knallen, woraufhin ich zucke. Ich weiß nicht, ob dies ein gutes Zeichen ist oder ich eher so schnell wie möglich von hier verschwinden sollte.

Doch als er sich nach einigen quälenden Sekunden hinsetzt, beruhigt sich mein Herzschlag um einige Stufen.

Er schaut mich an. Man könnte auch meinen, er durchbohrt mich mit seinen gereizten Augen und ich verstehe nicht einmal, weshalb er so sauer ist.

Nervös nehme ich einen Schluck von meinem Glas und versuche mich nicht unter seinen glühenden Blicken zu verschlucken.

„Du denkst an Ethan.", sagt er und auch wenn das was er eben meinte gar nicht so schreckhaft war, huste ich auf die Sekunde los. Es ist eine Feststellung, keine Frage und auch keine Vermutung.

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