Fünf

175 14 1
                                    

Manuel

Noch völlig gerädert sah ich an die Decke meines Schlafzimmers. Draußen zwitscherten die Vögel und leiteten den neuen, warmen Tag ein. Wenn es nach mir ginge, würde ich den ganzen Tag über im Bett bleiben und einfach an diese weiße Decke starren.
Ich war kurz nach Chris heimgefahren und hatte mir zuhause noch ein Bier aufgemacht. Und noch eins. Ich hatte irgendwann dann aufgehört zu zählen und mich ins Bett geschleppt. Seufzend drehte ich mich auf die Seite und schloss noch einmal die Augen. Sofort erschien seine schlanke Gestalt, das weiche Gesicht vor meinem inneren Auge und sein schrilles Lachen hallte mir durch den Kopf. "Man Reinelt", brummte ich in mein Kissen und setzte mich langsam auf. Ein unangenehmes Ziehen durchfuhr meinen Unterleib und mit einem Blick unter die Decke stellte ich fest, dass nicht nur meine Gedanken zu sehr bei Chris waren. Ich wollte nicht wieder zulassen, dass er meine Gedanken und meine Gefühle steuerte und doch saß ich hier. In meinem Bett. Mit einer Erektion. Fertig strich ich mir durchs Gesicht und erhob mich aus dem sicheren Bett. Eine frische Boxershorts und ein neues Shirt in der Hand, ging ich ins Bad und schlüpfte unter die kalte Dusche. Wieso reagierte ich nur wieder so stark auf ihn? Ich war ihm nichtmal nah gestern Nacht, die beiden Umarmungen bedeuteten nichts, oder? Ich ließ mich von dem Druck in meinem Unterleib hinreißen und mit seinem Namen auf den Lippen brachte ich mich schwer atmend zum Höhepunkt.

Ich nahm die gefüllte Kaffeetasse in die Hand und ging auf meinen kleinen Balkon. Die frühe Sonne streichelte meine müden Gesichtszüge und ich schloss die Augen. Ich hätte nie geglaubt, dass Chris mich noch einmal so aus der Bahn werfen konnte. Doch genau dies tat er. Mit einem Blick, einem Lächeln. Ich seufzte als mein Handy in der Hosentasche vibrierte und nahm es heraus. "Bitte sei Chris", murmelte ich und die Hoffnung wurde sogleich zunichte gemacht als ich die Nachricht meiner Mom las. "Na klar komm ich zum Mittagessen, bin ja eben nur erst aufgestanden.". Ich antwortete ihr etwas bedrückt und ließ mein Handy zurück in die Tasche sinken. "Großer! Du siehst ein wenig müde aus, alles okey?". Ich stellte mich an den Rand meines Balkons und sah hinab zu meinem Papa, der im Garten werkelte. "Ja Paps! Mama hat zum Essen geschrieben, komm am besten auch rein!". Er lachte und zeigte mir einen Daumen hoch, schon war er unterm Balkon verschwunden. Ganz in Ruhe machte ich meine Haare nochmal, zog mir ein vernünftiges Shirt über und lief schnell auf Socken den Hausflur runter. Meine Mutter hasste das, aber das störte mich schon jahrelang nicht mehr. "Moin!".

"Hallo Manuel, ich hoffe du hast Hunger mitgebracht.". "Na klar, gab noch kein Frühstück Mama.". Mit einem Augenrollen sah sie zu mir. "Beim Klassentreffen wieder übertrieben und betrunken Auto gefahren? Manuel, du weißt ich hasse das.". "Ich hatte nur einen Shot, keine Sorge. Ich hab zuhaus noch getrunken.". Ich half ihr den Tisch zu decken und hob kurz den Deckel der Töpfe an, um mit Begeisterung festzustellen, dass sie wieder Chili con Carne gekocht hatte. "Wieso denn das?". "Ach es war noch nich so spät und so spektakulär war das Treffen jetzt auch nicht.". Unser Gespräch wurde kurzzeitig unterbrochen als mein Vater dazukam, mich nochmal richtig begrüßte und anschließend Platz nahm. Wir gesellten uns dazu und kaum waren die Teller befüllt, ging die Fragerei weiter. "Wer war denn alles da? Deine Gang von damals?". Stumm seufzte ich auf. Sie hielt mir mein Verhalten aus der Jugend noch immer vor und manchmal hatte ich das Gefühl, sie dachte ich sei noch immer so. "Ja, die waren da aber ich hab mich nur mit Viktor unterhalten. Ist vernünftig geworden, hat Familie und so.". Ich hätte das nicht sagen dürfen. Ich hätte wissen müssen, dass sie gleich darauf anspringt. "Schau mal einer an, selbst Viktor Hartmann hat Familie gegründet. Und du mein Junge? Wann stellst du uns nun endlich Jemanden vor? Eine wundervolle Frau, hm?". Ich zuckte mit den Schultern. "Karin, du weißt doch, dass er auf Beides steht. Er darf auch gerne einen Mann mit heimbringen.". Er warf mir ein sanftes Lächeln zu. "Heiko, ich weiß", bremste sie ihn scharf aus.
Sie war noch nie hundertprozentig überzeugt von meiner Sexualität. Ich hatte ihr bereits einen Freund vorgestellt, der mich aber nur ausnutzen wollte. Seitdem war sie voreingenommen, wollte mir jeden Mann ausreden und wehe ich hatte schon im ersten Monat mit ihm schlafen wollen. Leicht schüttelte ich den Kopf und wollte das Thema wechseln, als mein Vater dazwischen kam.

"Chris Reinelt, war der da?". Ich schluckte schwer. "Ja.". "Der ist ja jetzt ne richtige Berühmtheit hier, wie war er so drauf? Man sagt ja er sei so abgehoben.". Ich sah zu ihm auf. "Nein, er war wirklich nett und freundlich. Gar nicht abgehoben, trug normale Sachen und hat sich mit Jedem unterhalten.". "Auch mit dir?". "Nur kurz Papa.". Er nickte es ab, fragte zum Glück nicht weiter. "Ich werde mich übrigens bewerben morgen. Bei den Reinelts im Unternehmen, Chris erwähnte gestern, dass sie Leute suchen. Ich hab ja die Ausbildung, vielleicht kann ich da helfen.". "Du weißt schon, dass die auf Tour gehen? Dann bist du ja noch mehr weg. Willst du das wirklich?". Meine Nerven lagen langsam wirklich blank. "Ja, ich will das und ich weiß das. Lass mich doch mein Leben selbst leben Mama.". "Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, ob du immer alleine bleibst. Du bist schon 36 Jahre alt.". Streng sah ich sie an. "Na und? Man kann auch mit 40 noch Familie gründen, langsam reichts jawohl.". Ich ließ mein Besteck liegen und stand auf. "Hab noch Vorbereitungen für einen Auftritt, sorry.". Mein Handy vibrierte erneut in der Hosentasche, einige Male hintereinander und ich ignorierte es vorerst. "Manuel-". "Nein Mama, schönen Sonntag Euch.".

Beleidigt ging ich zurück in meine Wohnung und schmiss lautstark die Tür ins Schloss. "Mein Leben verdammt!". Frustriert warf ich mich ins Bett und schrie meine Wut ins Kissen. Ich wusste nichtmal was mich so wütend machte, was mich so durchdrehen ließ aber ihr Verhalten ging mir auf die Eier. Mein Handy vibrierte erneut und noch immer voller Wut nahm ich es hinaus und setzte mich augenblicklich auf als ich den Namen sah.
"Hey Manu, sorry dass ich mich jetzt erst melde. Die Nacht war arg kurz aber wir haben alles gelöst bekommen🥳Ich hoffe du bist gut zuhause angekommen und konntest ausschlafen. Freue mich auf deine Antwort und dich bald wiederzusehen!".

Und wieder einmal hattest du es geschafft.
Ich lächelte mein Handy an. Ich ließ das Kribbeln in meiner Magengegend zu und atmete lächelnd durch. "Oh Gott Christian, du glaubst nicht wie glücklich du mich machst", murmelte ich und drückte mein Handy an meine Brust.

Für Immer ab JetztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt