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Manuel

Bittend blickte ich zu Andreas. Er erkannte gleich und nahm seine Mutter vorsichtig am Arm mit sich hinein. Leise klickte die Terrassentür als sie ins Schloss rutschte.
"Ich bin hier, du kannst dich fallen lassen", murmelte ich schluchzend und hauchte Chris immerzu Küsse auf die Wangen. Sein Körper fühlte sich schmächtig und ganz kalt in meinen Armen an, was die Sorge in meinem Herzen nicht minderte. Chris klammerte sich an meinen Hoodie und sein leises Schluchzen, erstickt im Stoff meiner Kleidung, drang mir bis ins Mark. "Wieso bist du- du hast doch- Manu.". Voll innerem Schmerz verzogen sah er mich an. "Manu-". Verzweifelt schlang er seine Arme wieder um mich und presste sich eng an mich. "Shht, ist okey. Alles okey. Hol Luft, beruhig dich ein wenig Hase.". Ich hielt ihn dicht bei mir und kontrollierte bei der kleinsten Regung, wie es ihm ging. Nur schwer beruhigte er sich. "Geht's?", murmelte ich an seine Haut und trocknete ihm vorsichtig ein paar Tränen. Nur ein leichtes Nicken.

"Meine Firmenfeier heut Abend wurde abgesagt aus Krankheit, Lars übernimmt eine Messe am Montag und eine kleine Feier am Dienstag und- und wenn du möchtest, dann bleibe ich bis Mittwoch hier. Bei dir?". Aus rot-verweinten Augen schaute er zu mir auf und ehe ich mich versah, presste er seine Lippen auf meine. Sehnsüchtig, innig, trafen wir aufeinander und nur zu gern ließ ich mich auf eines der bequemen Sofas sinken. Mein Freund setzte sich auf meinen Schoß und wie von selbst griff ich an seine Hüfte, hielt ihn dicht an mich und raunte: "Ich hab dich ja so vermisst.". Lächelnd wurden die Küsse sanfter. Langsam, voller Intensität- "Ich meinte das ernst gerade", hauchte er schüchtern. "Hm? Ich weiß nich, was du meinst.". "Du hast es doch gehört.". Schmunzelnd stupste ich mit meiner Nase gegen seine und flüsterte: "Sag es nochmal.". "Ich-". Leise atmete er durch. Seine braunen Augen leuchteten förmlich. "Ich liebe dich Manu.". "Und ich liebe dich Christian.". Sachte ließ ich meine Hand über seine Wange streichen, genoss wie er die Augen schloss und seine Gesichtszüge sich entspannten. Langsam legte ich meine Hand in seinen Nacken und zog ihn zu einem erneuten Kuss zu mir. Sein Lächeln brachte mich ebenfalls dazu und für einige Minuten sahen wir uns einfach an. "Ich wäre froh wenn du bleiben würdest.".

Die Tür wurde leise aufgeschoben, was mich den Kopf heben ließ. "Seid ihr okey?". "Alles bestens, danke Hedi.". Ich lächelte ihr dankbar zu. "Christian?". Ich hatte sehr wohl gemerkt, wie er sich beim Klang seiner Mutter verkrampfte. "Bist du glücklich?", sprach sie sanft. Zärtlich berührte ihre Hand seine Wange. "Mit Manu?". Chris sah auf und in die Augen seiner Mutter. Unter Tränen gab er leise zu: "Ja Mama. Ich- es tut mir leid, ich wollte nicht-". "Du wolltest es mir nicht sagen. Ich spüre es eh Schatz. Du warst immer so anders wenn es um ihn ging. Solang du glücklich bist, ist es mir egal ob du Frauen oder Männer magst, hörst du? Und Manuel-". Ich fing ihren liebevollen Blick auf. "-hast du dir gut ausgesucht Christian. Passt auf euch auf, ja?". So leise wie sie gekommen war, verschwand sie auch schon wieder ins Haus. "Und?- War es schlimm Chrissi?". Leicht schüttelte er den Kopf und lehnte sich zurück an mich. "Ich hätte wissen müssen, dass sie es merkt. Ich hatte nur so Angst und jetzt-". "Jetzt hörst du auf dir dein süßes Köpfchen zu zerbrechen.".

"Hey ihr Turteltäubchen, kommt ihr rein? Abendessen.". Andreas hatte die Tür wieder aufgeschoben und sogleich kam uns der liebliche Duft aus der Küche entgegen. "Klar, was gibt's denn?". "Lasagne. Mama hat mir ihr Rezept beigebracht.". "Wir sind sofort da.". "Kein Stress. Steffi kommt auch gleich erst mit den Kids heim.". Sanft streichelte ich durch Chris' Haar. "Magst du was essen?", murmelte ich. "Ich hab keinen Hunger.". "Nicht mal ein bisschen?". Bedrückt musterte ich seinen schmalen Oberkörper. "Ich kanns probieren.". Erleichtert schnaufte ich durch. "Dann lass uns rein. Und wenn du magst, gehen wir danach noch ans Wasser? Den Sonnenuntergang schauen.". "Das klingt gut, ja", murmelte er leise und stand nur widerwillig auf als Andreas uns erneut rief.

"Oh Manu, was machst du denn hier?". Steffi sah mich freudig überrascht an und nahm mich in den Arm. "Ich freu mich dich zu sehen, Chris sieht gleich viel besser aus", nuschelte sie an mein Ohr. Ich ließ es unkommentiert und nickte nur etwas. "Setzt euch ruhig schon.". Chris nahm am Ende des Tisches Platz und sah mich erwartend an. "Noch etwas trinken?". "Wasser, danke.". Ich stellte zwei Gläser hin und setzte mich zu ihm. Unter dem Tisch griff ich seine Hand und drückte sie leicht.

"Guten Appetit euch allen. Lasst es euch schmecken.". Die Kinder waren vom langen Tag schon hungrig und aßen ohne Anstand ihre befüllten Teller, während sich ihre Eltern und die Mama der Brüder unterhielten. Ich hielt mich zurück, aß langsam und ließ meinen Blick öfter zu Chris schweifen. Über seinem Teller sitzend, starrte er diesen nur an. Er hatte sein Besteck in den Händen, doch nutzte er es nicht. "Bist du okey?", flüsterte ich an sein Ohr. Lediglich ein leichtes Nicken folgte. "Wollen wir uns auf deinen Balkon setzen und essen? Ganz alleine-". Er sah von seinem Teller auf und mich an. Zaghaft nickte er. Ich drehte mich zum Rest des Tisches und suchte Andreas Blick. Dieser war hitzig in einer Diskussion mit seiner Mutter vertieft, sodass kein Herankommen möglich war. "Steffi?". Ich stupste sie vorsichtig an der Schulter. "Wir gehen hoch, ja? Oben essen. Chris, er-". "Schon gut Manu. Geht ruhig, nehmt euch Zeit.". Dankbar lächelte ich sie an und nahm vorsichtig Chris und meinen Teller hoch. "Komm Hase.". Dicht an meine Schulter gelehnt, folgte er mir nach oben. Seine Balkontür stand offen und das leise Rauschen der Wellen war hier noch wunderschöner als per Laptop. "Chris?". Ich drehte mich um und fand ihn mit dem Gesicht in den Kissen.

Schmunzelnd setzte ich mich neben ihn. "Chrissilein.". "Hm-hm?". Vorsichtig legte ich mich neben ihn und streichelte behutsam über seinen Nacken. "Bist du ok?". "Nein-". "Kann ich dir helfen?". "Weiß ich nicht", murmelte er leise. "Ohne dich- ich glaube, wenn ich noch länger jetzt allein wäre dann-". "Beende den Satz bitte nicht", hauchte ich verzweifelt und legte meine Arme fest um seinen Körper. "Denk so etwas nicht. Ich bin hier Chris, ich helf dir.". Zaghaft nickte er und rutschte an meine Brust. "Es tut so weh Manu- Ich kann dir nichtmal sagen was ge- genau. Ich will, dass es aufhört, dass die Stimmen in meinem Kopf aufhören Böses zu sagen und mir Gedanken aufzuzwingen, die ich eigentlich nie hätte.". Ich biss mir auf die Lippe, um nicht aufzuschluchzen. Seine Stimme war voller Schmerz, und Angst. Es fühlte sich an als wäre da ein kleiner Dämon in seinem Kopf, der ihm dauernd zuflüsterte wie nutzlos und falsch er sei. "Ich geh mit der Laune jedem auf den Senkel, zieh den Urlaub runter und- und jetzt häng ich ständig noch stundenlang über meinem Essen um es herunter zu bekommen. Ich- ich kann das alles einfach nicht.". Schluchzend vergrub er seinen Kopf in meinem Hoodie und schob die Hände an meinem Rücken unter das Kleidungsstück. "Ich hab dich- Ich bin hier und wir fangen gemeinsam ganz langsam an, okey? Wir schaffen das, du musst nur an dich glauben. Versprochen.". Ich selbst konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und drückte meinen Freund einfach innig an mich. "Versprochen Chris, du kommst da raus-".

Für Immer ab JetztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt