Kapitel 10

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„Also, was willst du machen?", fragte er mich erwartungsvoll.

„Ich weiß nicht... wir könnten einen Weihnachtsfilm in der Lobby schauen?", schlug ich vor.

Marc überlegte kurz. Natürlich war es riskant zusammen in der Öffentlichkeit gesehen zu werden, aber wir mussten uns ja nicht wie ein Pärchen verhalten. Was wir offensichtlich nicht waren. Einfach nur ein gewöhnlicher Lehrer und eine gewöhnliche Schülerin, die gemeinsam einen Film schauten. In den letzten Tagen war die Grenze deutlich verschwommen und wir mussten aufpassen privates und öffentliches zu trennen.

„Okay, lass uns einen Film schauen.", lächelnd lief er vor.

In der Lobby saßen nur wenige weitere Gäste. Die Herberge erinnerte mich eher an ein Hotel und ich liebte jede Sekunde, die ich dort verbracht hatte. Wir setzten uns auf eines der dunkelroten Ledersofas. Jeder am jeweils anderen Ende davon. Der Film "Santa Claus" lief schon. Natürlich auf Englisch. Wir schauten ihn eine Weile, dabei rückten wir immer näher zu einander, bis wir nebeneinander saßen. Ich sah aus dem Fenster. Draußen war es schon fast dunkel und große Schneeflocken fielen vom Himmel. Es sah so wunderschön aus und ich seufzte.

"Was ist los?", fragte Marc.

"Nichts...ich habe nur seit Jahren keinen Schneemann gebaut. Der Winter in Deutschland war die letzten Jahre ja nicht so der Hammer..."

Marc musterte mich kurz. Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten.

"Zieh dich warm an."

"Was?", fragte ich verwundert.

"Wir gehen einen Schneemann bauen."

"Dein Ernst?"

"Ja, geh dich anziehen."

"Aber draußen ist es schon fast dunkel."

"Wenn du so weiterdiskutierst wird es noch dunkler."

"Ookaayy.",ich kam nicht auf die Situation klar.

"Hopp, hopp. Beweg deinen hübschen Hintern."

„Oder soll ich ihn versohlen?", fügte er bedrohlich leise hinzu.

Und schon war ich weg. Kurze Zeit später stand ich in Wintermantel, Mütze, Schall und Handschuhen draußen. Marc war schon dabei die Grundkugel zurollen.

"Was ist wenn uns jemand sieht?", fragte ich mit einem besorgten Blick zum hell erleuchteten Haus.

"Wir bauen nur einen Schneemann und ficken hier nicht rum.", er verdrehte die Augen.

"Würdest du aber sicher gerne.", murmelte ich und begann auch eine Kugel zu rollen.

"Was hast du gesagt?"

"Nichts."

Wir rollten die Kugeln bis hinters Haus, bis sie dann groß genug waren. Dort war das Risiko gesehen zu werden geringer. Und es war dunkler. Es schneite leicht und der Schnee blieb an meinen Wimpern und auf meinen Haaren liegen. Marc hatte so eben den Kopf auf den Schneemann gesetzt. Ich gab ihm zwei Stöcke, die er als Arme benutzte. Dann bückte ich mich und suchte den Boden nach Steinen ab. Drei hatte ich gefunden und machte sie dem Schneemann als Knöpfe hin. Fehlten nur noch welche für den Mund. Ich bückte mich erneut, als mich in dem Moment ein Schneeball mitten auf den Hintern traf.

"Marc!", schrie ich auf. Er lachte. Schnell formte ich einen Schneeball um ihn auf ihn zu werfen, doch verfehlte ihn. Er jedoch traf mich erneut. Ich rannte weg und traf ihn diesmal mit einem großen Schneeball mitten ins Gesicht.

"Sorry!", kreischte ich.

"Na warte!", lachend kam er auf mich zu. Ich versuchte weg zu rennen, doch er war schneller. Er fiel über mich her und wir landeten im Schnee. Marc lag auf mir. Wir hörten auf zu lachen und sahen uns in die Augen. Marc kam meinem Gesicht näher und gab mir einen scheuen Kuss. Nur kurz, lagen seine Lippen auf meinen. Ich lächelte schüchtern zurück. Ich liebte schöne Momente wie diesen. Doch schnell waren wir zurück in der Realität und standen auf.

Verlangen nach ihmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt