Verlangen nach ihm

Kapitel 35

Endlich war die letzte Klassenarbeit geschrieben. Die Notenkonvente waren auch schon vorbei, weshalb unsere Noten feststanden. Auch wenn die Lehrer uns immer damit drohten, sie immer noch in letzter Sekunde ändern zu können. Wir hatten noch zwei Wochen Schule. Mit anderen Worten, Filme schauen.

In Physik zwang uns Frau Büchner eine Dokumentation über Radioaktivität anzuschauen. Wir ließen es über uns ergehen, da alles besser war als Unterricht. Es war dunkel im Klassenzimmer und fast fielen mir immer wieder die Augen zu. Das Klingeln holte mich aus meiner Trance.

In Naturwissenschaften danach schauten wir einen Actionfilm. Martin loggte sich in seinen Netflix ein und so schauten wir auf der Leinwand 'Antman'. Herr Fein hatte nichts mehr zu dem Moment vor einem Monat gesagt. Gegen Ende der Stunde unterhielt er sich noch mit Martin.

"Hassen Sie Kinder?", wollte Martin wissen.

"Ja.", meinte Herr Fein todernst und drehte sich weg. Lachend widmete er sich wieder Martin.

"Nein, natürlich nicht. Ich glaube nur nicht, dass ich ein guter Vater wäre."

"Wieso nicht?"

"Ich liebe den Rennsport. Und ich fahre ja auch mit meinem Motorrad. Jedes Mal wenn ich auf die Rennstrecke gehe... Das Risiko ist zu hoch. Ich würde für mein Kind sogar mit dem Motorrad fahren aufhören. Und das ist schlimm.", er nahm einen Schluck aus seiner orangenen Kaffeetasse. Etwas schwang in seiner Stimme mit. War es Trauer? Doch in dem Moment war er mir so sympathisch wie noch nie. Er würde mit dem aufhören was er am meisten liebte. Nur um für sein Kind da zu sein. Herr Fein war ein guter Mensch.

In der Pause sahen Lasse, Frederick, Lucas, Niki und ich den jüngeren Schülern beim Fußball zu.

Danach hatten wir Bio. Frau Barjenbruch jedoch machte Unterricht. Doch sie versprach uns in der letzten Stunde vor den Ferien einen Film zuschauen.

Nach der Mittagspause stand Sport an. Wir joggten mit Frau Hahnenmeier durch den kühlen Wald, was sehr angenehm war. Ich bildete das Schlusslicht, zum einen weil ich beim Laufen über vieles nachdachte und so meine Ruhe hatte und zum anderen, weil ich nicht die sportlichste war. Ich war nicht sehr schnell und meine Ausdauer ließ auch zu wünschen übrig. Doch ich war zufrieden mit meiner Figur und Sport war deshalb nicht sehr notwendig bei mir. Nach der Doppelstunde gönnte ich mir Zuhause eine Dusche. Hausaufgaben bekamen wir kaum noch, weshalb ich mich meinem Buch widmete. Ich las eine schöne Sommerromanze, die mich immer wieder zum schmunzeln brachte. Bevor ich gegen zweiundzwanzig Uhr ins Bett ging stellte ich mich verzweifelt vor meinen Kleiderschrank. Was sollte ich am nächsten Tag anziehen? Immerhin hatten wir in der letzten Stunde Herr Dumond. Ich entschied mich für ein kurzes dunkelblaues Top und dazu weiße Shorts. Die Haare bei dem Wetter offen zu tragen war zwar eine Qual, doch ich nahm es in Kauf.

In der ersten Stunde begrüßte uns eine mit Ausschlag übersäte Frau Lang. Der Ausschlag war auf Gesicht und Händen und ständig musste sie sich kratzen. Diesen hatte sie schon seit nun mehr als einem halben Jahr, doch an diesem Tag war es extrem schlimm. Sie machte stur Französischunterricht, denn Filme kamen bei ihr nicht infrage.

Auch Frau Bagge machte noch Matheunterricht. Nach zweistündigem quälen kam endlich das beste Fach des Tages. Englisch bei Herr Dumond. Dieser begrüßte uns leicht lächelnd in seinem schwarzen T-Shirt und der hellen Jeans. Die Metallkette hing ihm mal wieder aus der Hosentasche und er sah so unverschämt gut aus. Wir sollten in Gruppenarbeit verschiedene Urlaubsziele präsentieren. Doch war die Stunde schon um, bevor wir fertig wurden. Lasse und ich hatten unseren Teil schon fertig, während Frederick Zuhause noch etwas nachschauen musste. Wir hatten uns Ungarn ausgesucht, unter anderem wegen Lasses Wurzeln. Ich schulterte meinen graue Rucksack und lief dann am Lehrerpult vorbei. Lächelnd verabschiedeten Herr Dumond und ich uns voneinander.