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they made you into a weapon and told you to find peace?
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Warum ich? Warum war ich derjenige, der gekidnappt wurde? Warum war ich derjenige, der ohne Familie aufwachsen musste? Warum war ich derjenige, der im Laufe seiner Entwicklung zu einem Mann, so viel Schmerz und Leid erfahren musste? Was hatte ich getan um so etwas zu verdienen? Was hatte ein 4- jähriges Kleinkind angestellt, um so bestraft zu werden?

Aber hier saß ich. Wie versteinert vor meiner Mutter. Sie hatte sich verändert. Sie sah alt aus. Ihre Haare waren teilweise schon grau und in ihrem Gesicht bildeten sich Falten. Klar, meine Erinnerung an sie war schon etwas verschwommen, aber sie war noch intakt. Nervös und ständig ihre Hände an ihrer Hose abwischend saß sie gegenüber von mir auf der Couch.

Ich traute mich nichts zu sagen. Sie auch nicht. Also starrten wir uns beide nur stumm an. Rachel und Dad hatten uns etwas Zeit zu zweit gegeben. Es war komisch. Dad. Schon lange hatte ich dieses Wort aus meinem Kopf gelöscht. Damals schon hatte ich keinen richtigen Vater, aber als ich dann in dieser Hütte im Wald war, hatte ich die letzte Aussicht für ein Leben mit einer glücklichen Familie aufgegeben.

Mom wischte zitternd ihre sich ansammelnden Tränen unter den Augen weg. Sie nahm einen tiefen Atemzug und öffnete den Mund. "Willst du äh... Tee?" fragte sie mich angespannt. Ich nickte. Tee klang gut. Zumindest sollte er ja beruhigend wirken und ich konnte etwas Entspannung gut gebrauchen. Zumindest hatten wir ja noch so einiges zu bereden.

Ging das überhaupt? Konnte man so ein Thema ansprechen? Und wenn ja... wie? Wie könnte ich mich ihr einfach öffnen und ihr meine Jahre der Folter einfach so preisgeben. Ich meinte meinem Vater und Rachel konnte ich es sagen. Aber... der eigenen Mutter? War das möglich?

Konnte man der Person, die einen geboren hatte wirklich so ein düsteres Kapitel des Lebens erzählen? Ich empfand es als unmöglich. Das war einfach eine ganz andere Ebene. Eine Mutter war etwas ganz besonderes. Nicht nur diese eine Verbindung, die gleich bei der Geburt entstand, war eine Hürde... Auch zu Wissen, dass es sie womöglich zerstören könnte lastete schwer auf meinen Schultern. Aber sie hatte es verdient. Sie hatte es verdient meine Geschichte zu erfahren.

Ich setzte mich an den Tisch und ließ mir meinen Pfefferminztee eingießen. Unbeholfen spielte ich mit dem Faden des Teebeutels. "Zucker?" Ich nickte. Drei Stück. Nicht mehr, nicht weniger. Schließlich ließ sich Mom, diesmal neben mir, auf den Barhocker nieder. "Also willst du-"

"Nein" Überrascht blickte ich in ihr ernstes Gesicht. "Wäre es für dich okay, wenn du mir nicht erzählst was dir passiert ist?" Ich nickte wieder. Wow. Irgendwie fühlte es sich so an als hätte man mir ein paar Kilos von den Schultern genommen. "Danke" flüsterte sie. Ich lächelte leicht. Sie erwiderte, wenn auch nur zögerlich. Ihr trauriges Lächeln nahm ich an.

Die Spannung lockerte sich langsam auf und als Rachel und Dad mit Layla wieder nach Hause kamen, lagen Mom und ich bereits mit Popcorn in der Hand vor dem Fernseher und zogen uns gerade Twilight rein. "Hey! Habt ihr vielleicht vergessen mich auch in euren Filmabend miteinzubeziehen?" meinte Rachel beleidigt und stellte sich mit verschrenkten Armen vor die Couch.

Diesen bösen Blick hatte meine Schwester echt gut drauf. Sogar so gut, dass ich langsam eine Gänsehaut bekam. Ich verstand warum sie die Nachfolgerin des Imperiums war. Ich hatte kein Problem damit. Gewalt und Qual wollte ich erstmal aus dem Weg gehen.

Dad und Rachel machten es sich ebenfalls auf dem Sofa gemütlich und so saßen wir eingekuschelt nebeneinander. Vielleicht... Ja vielleicht würde es doch noch eine glückliche Familie geben. Aber ich konnte nur hoffen. Hoffnung war alles was ich hatte. Aber Hoffnung machte schwach. Sie ließ einen träumen. Man wurde dann abgelenkt und dadurch unvorsichtig und ehe man sich versah wurde man verletzt. Ich wollte nicht schwach sein. Ich wollte nicht verletzt werden. Nie wieder. Aber es ging nicht anders. Alles was ich noch machen konnte war mich so fest wie ich nur konnte an die Hoffnung zu klammern und sie nicht loszulassen. Ansonsten war ich machtlos.

How to rule over murdererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt