Wieder in der Heimat

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Einige Monate später habe ich mich schon in unsere gemeinse Wohnung gewöhnt. Inzwischen haben wir unsere Küche und noch vieles mehr. Ich fühle mich hier wirklich wohl. Mein eigenes Zuhause mit Liam. Schon lange habe ich es mir gewünscht aber ich habe niemals gedacht, dass es so gut läuft.

Inzwischen hat meine Ausbildung schon begonnen und ich komme aus den schwärmen nicht mehr raus. Der Job gefällt mir richtig gut und macht mir riesen Spaß. All meine Träume sind wahr geworden. Besser kann es nicht mehr für mich kommen.

Doch ich wünsche mir so sehr, dass sie meine Mutter sich bei mir meldet. Seit Monaten habe ich keinen Kontakt mehr zu ihr, weil ich Angst habe wie sie reagieren wird. Sie wird es noch immer nicht gut heißen, dass ich mit 18 ausgezogen bin und das auch noch mit einen Jungen. Meine Mutter ist seit ihrer Vergewaltigung vor 19 Jahren nicht mehr sehr gut auf Männer zu sprechen. Sie denkt immer, dass alle in meinen Alter nur das eine wollen. Aber Liam ist anders. Er ist was besonderes. Er ist mein Traummann. Ihn will ich auf keinen Fall verlieren.

Wann sieht meine Mutter endlich ein, dass ich erwachsen werde und meine eigenen Entscheidungen treffen kann. Ich will sie doch nicht verlieren. Meine Mutter ist doch das einzige was ich noch an Familie habe.

Inzwischen muss mein Geschwisterchen schon auf der Welt sein. Gerne würde ich wissen wie es ihm und meine Mutter geht. Habe ich nicht ein Recht mein Geschwisterchen kennezulernen? Aber nachdem Dominic mich rausgeschmissen habe, habe ich mich nicht mehr bei ihnen gemeldet. Ich bin schlichtweg davon ausgegangen, dass sie sich irgendwann melden aber da warte ich wohl vergeblich. Aber ich will mich auch nicht bei ihnen melden. Sie möchten doch nur, dass ich ein schlechtes Gewissen habe aber warum sollte ich es haben? Weil ich meine eigenen Entscheidungen treffe und mein Leben mit Liam plane? Das ist doch wohl kein Grund.

"Schatz jetzt ruf deine Mutter endlich an. Ich ertrage es nicht dich so traurig zu sehen. Sie fehlt dir, was verständlich ist, sie ist immerhin deine Mutter", hörte ich Liam sagen, der neben mir auf der Couch saß. Warum sollte ich den ersten Schritt machen? Wie ich sehe, interessiert es meiner Mutter nicht wie es mir geht. Also warum sollte ich mich dann nach ihr erkunden. Vielleicht sollte ich meine beste Freundin Kira als Lockvogel ansetzen. Mit ihr pflege ich noch immer ein inniges Verhältnis. Freunde können nichts auseinander bringen, nicht einmal eine Entfernung von knapp 50 Kilometer. Sie ist und bleibt einfach meine beste Freundin.

"Ich werde Kira fragen ob sie es für mich erledigt. Dann weiß ich wenigstens ob ich ein Brüderchen oder Schwesterchen bekommen und ob es allen Beteiligten gut geht", sagte ich euphorisch.

"Das ist doch nicht dein ernst. Ich bin doch nicht etwa mit einem Feigling zusammen. Wie wärs wenn ich dich dorthin fahre. Ich habe ein Auto und die Zeit. Also was hälst du davon?", schlug Liam auch schon vor. Das war sowas von klar, dass er das vorschlägt aber versteht er denn nicht, dass ich nicht den ersten Schritt machen will. Es wäre wie ein Schuldeingeständnis.

"Ich bin nicht feige. Ich sehe nur nicht ein, dass die Schuld nur bei mir lag", erwiderte ich daraufhin.

"Dann beschließe ich, dass wie jetzt losfahren", sagte Liam und zog mich von der Couch hoch. Ab da wusste ich, dass ich keine andere Wahl habe als mit ihm mitzukommen. Wenn mein Freund sich was in den Kopf gesetzt hat dann zieht er es auch gut. Ohne Rücksicht auf andere zu nehmen.

Also fuhren wir los. Zurück in meiner Heimat. Zurück in das Leben, was ich vor noch nicht allzu langer Zeit hinter mir gelassen habe. Bin ich überhaupt schon bereit meine Mutter unter die Augen zu treten? Seit sie einen Kreislaufzusammenbruch hatte, habe ich sie nicht mehr gesehen. Nicht einmal bei der Geburt meines Geschwisterchen war ich nicht dabei. Zwar habe ich mich nicht sonderlich über die Schwangerschaft gefreut aber ich wollte dabei sein. Meine Mutter und ich waren immer so ein tolles Team gewesen. Ich war es ihr schuldig. Ich sollte in diesen Zeitpunkt für sie da sein.

Je näher ich das Haus kam desto nervöser wurde ich. Was soll ich zu meiner Mutter sagen wenn wir uns gegenüber stehen? Sorry, dass ich nicht da war aber du hast dich ja auch nicht gemeldet? Das geht doch wohl gar nicht. Sie würde wahrscheinlich dann dasselbe sagen.

Dann standen wir auch schon vor der Tür meiner Mutter. Die Angst stieg. Was wenn sie mich zurückweist? Wenn sie auf einmal nichts mehr von mir wissen will?

"Bist du bereit?", fragte mich Liam nach einer Weile des Schweigens. Nein bin ich nicht. Am liebsten würde ich mich hinters Steuer setzen und von hier wegfahren. Aber dann klingelte Liam schon an der Haustür. Warum hat er mich eigentlich gefragt wenn er nicht einmal meine Antwort abwartet. Nach einigen Sekunden hörte ich Babygeschrei und Schritte, die sich der Tür näherten. Gleich ist es soweit. Nach langer Zeit werde ich meine Mutter wiedersehen. Auf ihrer Reaktion bin ich gespannt.

Die Tür wurde von Dominic geöffnet, der uns mit rot geqollen Augen ansah. Auf dem Arm hielt er ein kleines schreiendes Bündel. Sofort wusste ich das irgendwas nicht stimmt.

Let me love youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt