Sicht Kai
Leere. Schmerz. Enttäuschung. Wut. Trauer. Das sind die einzigen Emotionen die ich fühle, seitdem er weg ist. Die Leere zerfrisst mich, saugt alle positiven Gefühle und Erinnerungen auf, wie ein großes schwarzes Loch. Nie hätte ich gedacht, dass mir der Entzug einer Person all meine Lebensfreude entziehen könnte. Doch das Leben belehrte mich eines besseren. Nie habe ich geglaubt, so etwas fühlen zu können. Ich habe sie damals alle kopfschüttelnd betrachtet, wenn sie niedergeschlagen von einer Trennung redeten. Ich machte mich lustig darüber, wie verzweifelt sie waren und sich fertig machten wegen einer Person, die freiwillig ihr Leben verlassen hat. Emotionale Abhängigkeit habe ich nie verstanden. Bis heute.
Wie abhängig man von einem Menschen sein kann merkt man meist erst, wenn es zu spät ist. Und dann tut der Gedanke an diese Person mehr weh, als jede Klinge, jedes Hungergefühl, jeder Messerstich.
Ich habe erfahren was es bedeutet, wenn alle Gedanken und Gefühle sich plötzlich nur noch um eine Person drehen. Von wem ich rede? Julian Brandt. Meinem besten Freund. Das war er. Doch mittlerweile ist er so viel mehr für mich und ich bin so viel weniger für ihn. Meine Gedanken kreisen um ihn, wie viele Planeten, die sich um die Sonne drehen.
Menschen sind einflussbar, viel zu einflussbar. Wir lassen uns von einer Gesellschaft leiten, die jede Handlung in Schubladen steckt und dich nach deinem äußeren bewertet. Eigene Meinungen spielen keine Rolle mehr. Du musst dich anpassen, sonst machen sie dich fertig. Entsprichst du nicht dem Idealbild, bist du ihr Opfer. Menschen sind grausam wenn es um andere Menschen geht. Das spüre ich immer wieder im Fußball.
Verschießt du ein Tor? Du bist schlecht. Viele Fehlpässe? Du bist ein Fehlkauf. Bist du schwul? Du kannst kein Fußballer sein. Die Gesellschaft würde durchdrehen. Keinem ist bewusst, unter welchem Druck du als Profifußballer stehst. Jeder sieht nur eins: Geld, Erfolg, Aufmerksamkeit. Doch wie es hinter den Kulissen aussieht, interessiert niemanden. Du hast zu funktionieren, sonst kannst du dich gleich von deinem Verein und der Öffentlichkeit verabschieden. Du darfst keinen Gramm Fett zu viel am Körper haben, du musst genug Muskeln aufbauen, du musst ein Influencer-Model heiraten. Aber nur weiblich. Versteck deine Persönlichkeit so gut du kannst. Versteck sie so lange, bis es sie nicht mehr gibt. Weder in der Öffentlichkeit, noch bei Freunden und Familie. Und auch nicht, wenn du allein bist. Deine Persönlichkeit wird ausgelöscht. Du bist der, der du sein sollst. Wer sie wollen, der du bist. Du wirst geformt von den Medien und dem perfekten Gesellschaftsbild. Doch was passiert, wenn du wirklich nicht der Norm entsprichst? Wirst du es dein Leben lang verstecken können, oder frisst es dich Stück für Stück auf? Gerade habe ich das Gefühl, zweiteres durchzumachen.
Ich weiß nicht genau wie ich hier her gekommen bin. Mein Verstand spielt verrückt, seitdem er in Dortmund ist und sein Leben in vollen Zügen genießt, mit einer Freundin, welche perfekt in das Gesellschaftsbild passt, während ich in London bin und einen Sinn suche, weiter zu leben. Ich kann weder klar denken, noch klar handeln. Das beweist sich noch mehr wenn man bedenkt, dass ich gerade mit einer Flasche Wodka, einem Joint und einer Rasierklinge in meiner Badewanne sitze. Die Fließen sind kalt, doch es macht mir nichts aus.
Ich nehme einen Schluck, um weniger an ihn zu denken. Einen Zug um mehr der Realität zu entkommen. Einen Schnitt, um vielleicht doch etwas zu fühlen, was nicht auf emotionaler, sondern auf körperlicher Ebene basiert. Nichts.
Ich fühle keinen äußeren Schmerz, aber was ich in mir fühle ist tausendmal schlimmer. Ein Hurrikane, der alle Gefühle aufwirbelt, als wären sie nicht schon zwanzig mal heute durch meinen Kopf gerast.
Ich wiederhole den Vorgang, in der Hoffnung, es würde doch noch funktionieren. Schluck-Zug-Schnitt. Ich wiederhole es so lang, bis von dem Joint nix mehr übrig ist und meine Beine von Blut überströmt sind. Nichts. Kein Schmerz. Die Gedanken an Julian sind immer noch da und präsenter als je zuvor. Gerade als ich aufstehen will um meine Beine zu versorgen, spüre ich, dass zumindest der Alkohol seine Wirkung zeigt. Ich taumle ein wenig hin und her, schaffe es dann aber doch zu meinem Erste-Hilfe Koffer.
Schnell verarzte ich meine Beine und werfe dann einen Blick in meinen Spiegel. Was ich da sehe, erschreckt mich jedoch nicht mehr. Meine Augenringe sind dunkel und tief, meine Haut blass und meine Lippen ausgetrocknet. Mein Spiegelbild beschreibt perfekt, wie ich mich in meinem inneren fühle. Trotzdem merkt keiner in meinem Umfeld, wie ich mich tatsächlich fühle. Jule wusste es immer. Er wusste immer wenn es mir gut ging und wann es mir schlecht ging. Er wusste wann er reden sollte, wann er schweigen und zuhören sollte, oder wann es besser wäre, mich abzulenken. Er wusste es immer. Wir waren wie der selbe Mensch, nur in zwei verschiedenen Körpern. Eine Seele, die sich in zwei Gestalten aufteilt. Jetzt sind diese Seelen getrennt und keiner weiß, wann und ob überhaupt sie wieder zusammenfinden.
Mein Magen knurrt, doch ich schenke ihm wenig Beachtung. Wenn ich lang genug auf Essen verzichte, kommt vielleicht irgendwann der äußere Schmerz dazu. Doch gerade ist das eher ein Nebengrund für mich. Ich verzichte nicht um Schmerzen zu empfinden. Ich verzichte, um das Gefühl zu haben, wenigstens etwas in meinem Leben kontrollieren zu können. Ich brauche die Kontrolle. Zwei Tage habe ich es schon geschafft, doch langsam meldete sich mein Körper, wollte mir zeigen, das mein Verhalten nicht gut oder gesund ist. Das wusste ich aber schon, dennoch war es mir egal. Ich spürte die Magensäure, welche meine Speiseröhre hinaufschoss. Schnell lehnte ich mich über die Toilette und erbrach mich darin.
Da war es. Das brennende Gefühl im Hals. Ich spürte etwas, was nicht nur Herzschmerz oder Hungergefühl war. Es fühlte sich komisch an und noch komischer ist es, wenn ich sage, dass es mir gefiel. Doch leugnen konnte ich es nicht. Es fühlte sich befreiend an. Es war ungesund, schlecht und wahrscheinlich total verrückt, aber so ist das nunmal, wenn man sich verliebt.
Liebe lässt uns Dinge tun und fühlen, von denen wir niemals dachten, dass wir dazu in der Lage sind.
Heyy ihr lieben,
hier das erste Kapitel meiner neuen Geschichte. Ich hoffe es gefällt euch. Es fällt mir besonders schwer diese Geschichte zu schreiben, da ich keine Ahnung habe wie man sowas macht. Ich habe mich nie in einer solchen Situation befunden, wie der Hauptcharakter und kann mich deshalb vielleicht etwas schwerer in die Situation hineinversetzen. Das ist eine fiktive Geschichte und soll auf keinen Fall die Realität darstellen. Sollte ich in irgendeiner Weise einen Fehler machen, berichtigt mich bitte. Das letzte was ich will ist es, jemandem zu nahe zu treten. Dennoch hoffe ich, euch gefällt die Geschichte und ihr habt Spaß daran sie zu lesen. Die Idee zu der Geschichte habe ich mit der lieben @leoniexq zusammen ausgearbeitet. Jetzt will ich eigentlich gar nicht mehr viel sagen und wünsche euch ganz viel Spaß. Wie immer würde ich mich sehr über ehrliche Meinungen freuen, damit ich weiß was euch gefällt und was ich verbessern kann :)
-M <3
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FanfictionWie abhängig man von einem Menschen sein kann merkt man meist erst, wenn es zu spät ist. Und dann tut der Gedanke an diese Person mehr weh, als jede Klinge, jedes Hungergefühl, jeder Messerstich. Liebe lässt uns Dinge tun, von denen wir niemals dach...