Der Wecker riss mich aus meinem Schlaf. Wieso musste Jule nur wieder so früh gehen? Klar er muss wieder zurück nach Dortmund, aber ich hätte gern noch ein bisschen mehr Zeit mit ihm verbracht. Unsere letzte Nacht war wunderschön und ich muss unbedingt herausfinden, wo wir jetzt stehen. Wird er sich dieses mal daran erinnern?
,,Gute Morgen Havy" flüsterte er müde und setzte sich auf. Auch ich setzte mich aufrecht hin und sah ihn an. ,,Morgen" erwiderte ich und er sah mich leicht lächelnd an. Doch dieses Lächeln verriet mir, dass wohl nicht alles okay ist.
,,Wie geht es dir?" Fragte er fürsorglich. Wie soll es mir schon gehen? Meine Gefühle sind mehr durcheinander, als ein frisch gemischtes Kartenspiel.
,,Gut. Sollten wir..." begann ich zu sprechen, doch er beendete meinen Satz.
,,Darüber reden? Ja ich denke schon." Mein Herz schlug schneller und meine Angst stieg.
,,Also, was denkst du?" Fragte ich vorsichtig. Der nächste Satz wird unglaublich wichtig sein. Er kann darüber entscheiden, ob mein Herz bricht oder es mir nach so langer Zeit wieder komplett gut gehen wird.
,,Kai, es ist nicht so, dass es mir nicht gefallen hat. Das hat es. Aber wir sind beste Freunde und nicht mehr. Ich habe eine Freundin, die zuhause auf mich wartet. Ich werde bald heiraten. Ich denke, uns beiden ist klar, dass es eine einmalige Sache war, nur ein Ausrutscher. Wir sind ja immerhin nicht schwul. Ich hoffe, dieser Ausrutscher ändert nix an unserer Freundschaft." Ich konnte mein Herz brechen hören und spürte, wie meine Kehle sich zuschnürte. 'Beste Freunde. Einmalige Sache. Ausrutscher. Nicht schwul.' War das sein Ernst? War das sein verdammter Ernst?
,,Hmm, Ausrutscher. Natürlich ändert es nix an unserer Freundschaft Jule" brachte ich doch noch irgendwie hervor. Es war eine komplette Lüge. Es würde alles verändern. Es war nicht wie letztes mal. Es war anders. Schlimmer, viel schlimmer.
Ich konnte seinen Blick nicht deuten, wollte und konnte ihn aber auch nicht weiter ansehen. Einmalige Sache hatte er gesagt. Oh Jule, wenn du nur wüsstest...
Schnell stand ich auf und entfernte mich von ihm. Ich kann unmöglich länger mit ihm in diesem Bett bleiben. Oder in diesem Raum. Schnell zog ich meine Unterhose an und sprach ,,Wir sollten uns fertig machen. Du musst gleich zum Flughafen. Ich geh mal duschen."
Ich lief ins Badezimmer und stieg unter die Dusche. Sobald das Wasser auf mich herunterprasselte begann ich bitterlich zu weinen.
Wieso? Wieso mache ich nur immer wieder den selben Fehler? Ich müsste doch langsam mal wissen, dass er nichts von mir will. Wieso schlafe ich dann mit ihm? Oder warum schläft er mit mir? Reicht ihm seine Freundin nicht? Wollte er sich einfach mal mit Männern ausprobieren? Wollte er Druck ablassen? Anscheinend bin ich gut genug zum vögeln, aber nicht, um eine ernsthafte Beziehung mit mir zu führen. Wieso verdammt lass ich mich auch noch darauf ein? Ich wusste doch, dass er bald heiratet. Niemals würde er sie für mich verlassen. Ich bin so ein schlechter bester Freund. Ich bin ein egoistisches Arschloch. ich lasse einfach so zu, dass er seiner Freundin fremdgeht, nur damit ich bekomme, was ich will. Gott wieso bin ich nur so ein verdammt schlechter Mensch?
Ich fühlte mich dreckig, ekelhaft, benutzt und absolut dumm. Auch eine lange heiße Dusche konnte an diesen Gefühlen nichts ändern. Die Leere durchfuhr meinen ganzen Körper und ich sah keinen Grund mehr, noch weiter zu leben. Jule würde mich nie so sehen, wie ich ihn.
Mein ganzer Körper begann zu zittern und die Tränen strömten über meine Wangen, doch ich durfte jetzt nicht laut weinen oder schreien. Er wüsste dann sofort Bescheid. Das kann ich nicht tun. Also presste ich meine Hand vor den Mund um ein lautes Schluchzen zu unterdrücken. Diesmal war es noch schlimmer als das letzte mal. Diesmal wusste er Bescheid und entschied sich bewusst gegen mich. Ich glaubte, noch nie solche Schmerzen in mir gespürt zu haben. Mein ganzes Leben fühlte sich so unwirklich an. Letzte Nacht schwebte ich noch auf Wolke 7 und nicht einmal sieben Stunden später fiel ich von dieser wieder hinunter und knallte hart auf dem Boden der Realität auf. Ich konnte kaum noch gerade stehen, da meine Beine wackeliger waren, als ein Eimer Wackelpudding. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen und es ungeschehen machen. Doch das kann ich nicht. Plötzlich hörte ich ein klopfen und eine Stimme.
,,Kai, alles okay? Beeil dich mal bitte, ich muss auch noch ins Bad. In einer Stunde müssen wir los." Rief Jule durch die Tür.
,,Ja alles gut. Ich beeil mich." versuchte ich so normal wie möglich wiederzugeben. Ich beeilte mich dann auch, stellte die Dusche aus, putzte meine Zähne und lief aus dem Badezimmer vor welchem Jule schon wartete. Ich sah ihn nicht an, sondern lief schnellen Schrittes weiter Richtung Küche, wo ich mir erstmal eine Tasse Tee zubereitete und ihm einen Kaffee.
Nach einer viertel Stunde erschien er auch in der Küche, wo ich ihm seine Tasse in die Hand drückte und wieder ins Schlafzimmer verschwinden wollte. Doch Jule hielt mich am Handgelenk fest und zog mich zu sich.
,,Kai, sieh mich an. Was ist los?" Ich atmete noch einmal durch, bevor ich mein bestes Fakelächeln aufsetzte und ihm in die Augen sah.
,,Alles okay Jule. Trink deinen Kaffe, ich zieh mich schonmal an. Wir müssen bald los." Antwortete ich und riss mein Handgelenk aus seiner Hand. Ich spürte seinen Blick auf mir, als ich den Raum verließ, doch das war mir egal. Mir war gerade alles egal. Im Schlafzimmer angekommen schloss ich erstmal die Tür, an der ich mich langsam hinuntergleiten ließ und ein paar Mal tief durchatmete. Ich konnte jetzt nicht wieder weinen, er würde es bemerken. Wieso muss ich mich auch in meinen besten Freund verlieben? Wieso? Warum kann ich mich nicht wie er in irgendeine Influencerin verlieben, mit ihr heiraten, Kinder bekommen und in ein blödes Haus mit Garten ziehen? Wieso? Wieso kann ich nicht einfach ein normales, unproblematisches Leben führen? Ist das der Nachteil, den man hinnehmen muss, wenn man Fußballer ist? Muss man es einfach hinnehmen, niemals wirklich glücklich sein zu können? Wenn das der Preis dafür war, war es ein scheiß Preis. Und wieso kann er meine Gefühle nicht einfach erwidern? Er muss das doch auch spüren, oder nicht? Er muss doch auch spüren, dass da verdammt viel mehr als Freundschaft zwischen uns ist. Was habe ich falsch gemacht, dass ich mich so fühlen muss?
BITTE tötet mich nicht. Es musste sein. Das werdet ihr im späteren Verlauf der Geschichte noch feststellen. Mir gefällt das ganze auch überhaupt nicht. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel trotzdem ein wenig. Mal sehen, wie es zwischen den beiden weiter geht👀
-M <3
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We can go through it, together!
FanfictionWie abhängig man von einem Menschen sein kann merkt man meist erst, wenn es zu spät ist. Und dann tut der Gedanke an diese Person mehr weh, als jede Klinge, jedes Hungergefühl, jeder Messerstich. Liebe lässt uns Dinge tun, von denen wir niemals dach...