Dean
Es fühlte sich an, als würde ich träumen. Und wenn das so war, wollte ich nicht mehr aufwachen. Nach all den Nächten, die ich ohne sie verbringen musste, schien es fast schon zu schön um wahr zu sein, sie wieder neben mir liegen zu sehen. Als wir ins Motel zurückgekehrt waren, wusste ich erstmal nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht ob ich ihr noch etwas Zeit für sich alleine geben sollte, um das Geschehene zu verarbeiten. Doch zu meiner Erleichterung hatte sie mir die Entscheidung sehr schnell abgenommen und mich in ihr Zimmer gezogen, bevor ich etwas anderes machen konnte. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte. Lächelnd strich ich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachtete ihr engelsgleiches Gesicht. Sie sah so friedlich aus wie schon lange nicht mehr. Die Erschöpfung der letzten Tage hatte sie schnell ins Land der Träume befördert. Sachte strich ich ihr übers Haar. Sie schmiegte sich noch enger an mich und ein zufriedener Laut verließ ihre Lippen. Ich gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und strich sanft ihren Arm entlang, darauf bedacht ihre Verletzung nicht zu berühren. Wir mussten dringend eine Pause einlegen. Hannah brauchte jetzt etwas Ruhe. Sie musste in den letzten Wochen einfach zu viel einstecken. Nicht nur auf körperlicher, sondern auch seelischer Ebene. Auch wenn sie es nicht beeinflussen konnte und es zum Jägerleben dazu gehörte Verluste zu machen, übermannten sie die Schuldgefühle jedes Mal, wenn wir es nicht schafften alle zu retten. Leider war es uns nicht gelungen Talia, Peter und Ashley zu retten. Lane war auch nicht mehr aufzufinden, als wir die Blair Witch endlich besiegt hatten. Doch wenigstens war es für Lisa und James nicht zu spät. Dank Hannah war es ihm möglich seine Schwester wiederzusehen. Auch wenn er sich das alles sicher etwas anders vorgestellt hatte. Er wollte sie lebendig wiederfinden, doch stattdessen machte er Bekanntschaft mit ihrem Geist. Er konnte sich gerade noch so verabschieden, bevor die Flammen sie verschlangen und ihr hoffentlich ihren Frieden gaben. Sie musste in all den Jahren sicher unvorstellbare Angst gehabt haben, gebunden an die Hütte, in der sie getötet wurde. Und trotzdem blieb ihre Seele vor der Rachsucht verschont, die viele Geister schon nach nur wenigen Monaten der Einsamkeit einholte. Hannah hatte mir erzählt, dass Heather ihr geholfen hatte, als sie in der Hütte aufgewacht war. Ich war ihr überaus dankbar, dass sie meinen Engel beschützt hatte. Ich wüsste nicht, was ich getan hätte, wenn das da draußen nicht gut ausgegangen wäre. Ich hatte unfassbare Angst, als sie plötzlich nicht mehr bei mir war. Vor allem so kurz nachdem wir uns versöhnt hatten. Zumindest hoffte ich, dass es bedeutete, dass sie mir verziehen hatte. Wir hatten noch nicht die Chance gehabt, uns richtig darüber zu unterhalten, weil die Erschöpfung einfach viel zu groß war. Aber ich deutete es als sehr gutes Zeichen, dass sie jetzt in meinen Armen lag und ich nicht mehr allein in einem kalten Bett schlafen musste, auf eine leere Stelle starrend, an der sie sein müsste. Nach einer Weile wurden meine Augen immer schwerer, sodass ich endlich auch in einen schon lange überfälligen, erholsamen Schlaf abdriftete.
Sam
Ich konnte unmöglich hier bleiben. Ich hatte es versucht, doch die ganze Nacht kreisten meine Gedanken nur um Hannahs Geständnis. Sie konnte sich erinnern. An alles. Wie sollte ich ihr jemals wieder unter die Augen treten? Das war einfach zu viel. Ich hoffte, das meine Lüge glaubhaft war. Ich konnte ihr einfach nicht die Wahrheit sagen, als sie mich gefragt hatte, ob es stimmte. Das hätte alles so viel komplizierter gemacht. Und jetzt bat sie mich auch noch, Dean nichts von ihrer Erinnerung an diese verhängnisvolle Nacht zu erzählen. Einerseits hielt ich das für eine schlechte Idee, weil sie dann genau das tat, weswegen sie Dean verlassen hatte, und er ein Recht darauf hatte es zu erfahren. Doch andererseits war ich überaus erleichtert, dass sie ihm vorerst nichts sagen wollte, da ich nicht wusste wie ich mich dann verhalten sollte. Würde sie ihm dann auch erzählen, dass ich ihren Kuss erwidert hatte? Hatte sie das überhaupt gemerkt? Wie sollte ich das bloß erklären?
Deswegen musste ich jetzt auf Abstand gehen. Ich würde mich nur selbst verraten, wenn ich weiterhin hier bleiben und auf glückliche Familie mit Hannah und Dean machen würde. Ich war mir nicht mal sicher, ob ich es jetzt verkraften würde, dabei zuzusehen, wie sie sich wieder näher kamen. Und ich fühlte mich überaus schlecht, weil ich so empfand. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, dass mein Bruder sein Mädchen wieder hatte. Nur leider wollte ein Teil von mir sie auch. Es war mitten in der Nacht, als ich entschied meine Sachen zu packen und zu verschwinden. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte und wie ich es anstellen würde. Doch ich musste von hier weg und erst einmal verarbeiten, was ich in den letzten Stunden erfahren hatte.
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Say it if you can
FanfictionDas Jägerleben war ein ständiges Spiel mit dem Tod. Noch nie war Hannah diese Tatsache so bewusst wie in der Nacht, in der Sam starb und Dean vor eine folgenschwere Entscheidung gestellt wurde, die das Leben der drei Jäger gehörig auf den Kopf stell...