"Hannah macht mir Angst"

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Deans Sicht

Hannah machte mir so langsam Angst. Die Nebenwirkungen nahmen immer mehr Gestalt an und schienen sich allesamt gegen mich gerichtet zu haben. Besonders die Veränderung des geistigen Alters war nicht mehr zu übersehen. Je mehr Zeit verging, desto kindlicher verhielt sie sich. Und damit meine ich nicht das Verhalten eines süßen, kleinen Mädchens, das Gute-Nacht Geschichten hören möchte und draußen spielen will, sondern das aus einem Horrorfilm entlaufenen, gruseligen Kleinkinds. Am Anfang war es ja noch ganz witzig, sie damit zu ärgern. Doch jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher, als den Zauber wieder rückgängig zu machen.

Ich saß gerade im Wohnzimmer und recherchierte nach einer möglichen Lösung den Zauber auf zu heben, während Sam die örtliche Bibliothek aufsuchte. Nach einer Weile kam ich auf eine ziemlich unseriös wirkende Seite. Doch ich entschied mich trotzdem dazu, sie durch zu lesen, da ich schon seit Stunden das Internet durchforstete und bis jetzt nichts gefunden hatte, was uns weiterhelfen konnte. Vielleicht hatte ich ja jetzt endlich mal Glück, auch wenn die Werbung am Rand des Textes zu wünschen übrig ließ. Einige Momente später traf ich auf ein Wort im Text, das mich weiterbringen könnte. Es war blau untermalt und verwies somit auf eine neue Seite. Doch die Hoffnung eine Lösung zu finden, erstarb sofort, denn als ich die Seite gerade aufrufen wollte, ploppte plötzlich eine ziemlich unangebrachte Werbung auf. Sie zeigte eine halbnackte Frau, die ganz schön unanständige Dinge tat. Früher hätte mir das vielleicht gefallen, doch jetzt...Okay, es gefiel mir jetzt immer noch ein bisschen, in Anbetracht der Tatsache, dass ich sowas für eine ganze Weile nicht mehr zu sehen bekam. Trotzdem fühlte ich mich dabei schuldig. An Hannah kamen diese Frauen nicht mal ansatzweise heran. Keine Frau der Welt könnte sie jemals ersetzen. Bevor ich mich noch weiter in diese frustrierenden Gedanken vertiefen konnte, zog ein Rascheln meine Aufmerksamkeit auf sich.

"Dean ? Was macht die Frau da?", hörte ich Hannah hinter mir sagen, wobei ihre Stimme kindlich und unschuldig klang. Ich musste mich immer noch daran gewöhnen sie so sprechen zu hören. Ruckartig klappte ich den Laptop zu und drehte mich zu ihr um. Sie lächelte mich nun zuckersüß an und verschränkte ihre Arme hinter dem Rücken. In ihrem babyrosanen Rüschenkleid, den weißen Strumpfhosen und dem dazu passendem Haarband, sah sie aus wie ein kleiner, unschuldiger Engel. Doch ihr momentanes Verhalten glich eher dem des Teufels.

"Nichts, nichts...das ist etwas für Erwachsene. Dafür bist du noch zu klein", stammelte ich und grinste sie nervös an. Sie kniff nun misstrauisch die Augen zusammen und trat näher an mich heran. Dabei hatte sie immer noch ihre Hände hinter dem Rücken, als würde sie etwas vor mir verstecken. Nichts Gutes ahnend, hielt ich für einen Moment die Luft an, als sie direkt neben mir stehen blieb und mich für einige Sekunden mit einem undefinierbaren Blick anstarrte.

"Du bist so lustig, Dean!", meinte sie plötzlich und fing an zu kichern. Dabei gab sie mir mit ihrer linken Hand einen Schlag auf den Oberschenkel, wobei ihr anderer Arm immer noch etwas hinter ihrem Rücken verbarg. Angespannt zwang ich mich auch zu einem Lachen. Wer weiß, was sie jetzt vorhatte. Nach allem, was in den letzten Stunden so passiert war, sollte ich vielleicht lieber mitspielen.

"Was hast du da hinter deinem Rücken, Kleines?"

Sie hörte nun auf zu lachen und bedachte mich wieder mit diesem rätselhaften Blick, bevor sie ein Messer hinter ihrem Rücken hervor holte. Ich schluckte hörbar und rutschte mit meinem Stuhl etwas von ihr weg.

"Was hast du damit vor?", meinte ich nun mit einem aufgesetzten Lächeln, wobei die Beunruhigung in meiner Stimme nicht zu überhören war.

"Ich hab mich nur gefragt, ob es arg weh tut, wenn man jemandem damit in den Bauch sticht", erwiderte sie unschuldsvoll und betrachtete das Messer in ihrer rechten Hand. Entsetzt riss ich die Augen auf und rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her.

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