Chapter 66: Viertes Jahr: Februar (Teil 1)

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James Potter war eine viel komplexere Person, als er auf den ersten Blick den Anschein hatte.

Nach außen hin war er fröhlich, selbstsicher, normalerweise freundlich (wenn auch ein bisschen arrogant) und bei jedem beliebt. Ja, er musste sehr oft nachsitzen, aber an sich bekam er gute Noten und die meisten Lehrer hatten ihn ziemlich gern. Er genoss es, Teil des Quidditchteams zu sein - er zerzauste sein Haar absichtlich, sodass es aussah, als käme er direkt von einer Flugstunde und er trug seine roten Quidditchroben bei jeder Gelegenheit. Aber keiner konnte behaupten, dass er es nicht verdient hätte - man musste ihn nur spielen sehen, um zu wissen, dass sein Hochmut nicht unbegründet war.

Insbesondere wurde James Potter geliebt. Seine Eltern verwöhnten ihn und hatten in ihm die Vorstellung verankert, dass es nichts gab, das er nicht tun konnte; dass nie eine Tür vor ihm verschlossen blieb. Sirius, Peter und Remus bewunderten ihn alle und machten ihn bei fast jedem Abenteuer zum Anführer. Unterm Strich wurde er von denen, die in der Schule etwas zu sagen hatten, bewundert und von jedem anderen beneidet.

Außer natürlich von Lily Evans. Sie war der Faden, der alles andere in James Leben aufzulösen schien. Aufgewachsen in einer Umgebung voller Liebe - freiwillig gegeben und unbedacht akzeptiert - quälte es James sehr, dass jemand, den er mochte, ihn nicht auch mochte. Es war der Grund, warum er sich wie ein Idiot benahm, jedes Mal, wenn Lily anwesend war und der Grund warum er im Vorfrühling 1975 eine Woche lang nicht mit Remus sprach.

Er war nicht gemein, oder machte es absichtlich - Remus kannte James gut genug, um das zu verstehen. Es waren nur seine Gefühle verletzt worden und - als jemand, der fast nie mit verletzten Gefühlen konfrontiert worden war - wusste er nicht, wie er damit umzugehen hatte. Sirius schrie einen wenigstens an, wenn man ihn nervte, sodass das Problem schnell gelöst werden konnte. Peter würde schmollen und Remus würde wahrscheinlich versuchen, irgendetwas zu boxen, aber James wurde einfach still.

„Er ist nicht böse auf dich", erklärte Sirius, als James eines Abends sofort zu Bett ging, als Remus den Gemeinschaftsraum betrat. „Er bemitleidet sich nur selbst."

„Er glaubt mir aber, oder?" fragte Remus ängstlich, „Ich wusste echt nicht, dass es ein Date sein sollte. Ich mag Lily nicht einmal auf diese Art!"

„Naja...ich glaube nicht, dass er wirklich denkt, dass du lügst, aber... du bist ziemlich eng mit Evans, oder? Ihr seid immer zusammen."

„Sie ist eine Freundin", sagte Remus verärgert, „ich verbringe auch Zeit mit Marlene und Mary und keiner denkt, dass ich mit ihnen ausgehe!"

„Also eigentlich", grinste Sirius, „gab es da dieses Gerücht letztes Schuljahr..."

„Oh um Gottes Willen!"

Es war unmöglich.

Lily war zuverlässig erwachsen mit der Sache umgegangen. Remus vermutete, dass Marlene ihr die Situation erklärt hatte, aber sie hatte es nicht bestätigt und sie konnten ganz normal als Zaubertrankpartner weitermachen. James und Sirius aber hatten ihren Arbeitsplatz weiter nach hinten im Raum verlegt.

Beim Abendessen am Freitag ging es Remus echt miserable. Im Gegensatz zu James war er nicht umgeben von Liebe aufgewachsen und er stellte fest, dass seine Freundschaft mit den Rumtreibern so wichtig geworden war, dass dieser Verlust in ihme tiefes Leid verursachte. Er saß beim Essen noch immer bei ihnen, aber da war eine unbehagliche Stille anstatt ihrem üblichen, lautstarken Gezanke. Sirius versuchte immer wieder, das Gespräch in Richtung des kommenden Gryffindor-gegen-Slytherin Spiels zu lenken, aber das schien die Stimmung noch weiter herunterzuziehen.

Um alles nur noch schlimmer zu machen hatten sich Lily, Mary und Marlene in die Nähe von Remus gesetzt - er tat ihnen leid und wie Mädchen eben waren, versuchten sie ihn aufzuheitern, indem sie genau das Falsche taten.

All the young dudes (Übersetzung deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt