Nasuada pov
„Werdet Ihr mir ewige Gefolgschaft schwören?" Es war immer der selbe Satz. Jedes Mal, bevor er Murtagh befahl, mich weiter zu foltern, oder es zumindest zu versuchen, stellte er diese Frage. Jedes Mal biss ich die Zähne zusammen und presste eine ablehnende und endgültig klingende Antwort hervor. Und jedes Mal kam danach das etwas unangenehme Ziehen, das den Schmerz ersetzte. Trotzdem verkrampfte ich mich jedes Mal mutwillig und imitierte theaterreif einen gequälten Menschen, der nichts als Schmerz verspürt. Ich hatte nicht das Gefühl, als würde der Tyrann oder sein Folterknecht auch nur im entferntesten ahnen, dass ich eigentlich garnicht unter Schmerzen oder irgendetwas anderem litt, sondern das wenige Unbehagen nur den Zweck hatte, mein Schauspiel zu verbessern.
Bereits vor seinem ersten Besuch hatte ich mich mit meiner Situation abgefunden. Ich hatte akzeptiert, dass ich hier bis zum Ende des Krieges festsitzen würde. Ich hatte akzeptiert, dass mein Körper bis dahin Tag um Tag weiter zerstört werden würde und ich hatte die Hoffnung, dass es weiterhin schmerzlos bleiben würde. Wenn es wirklich so sein würde und eigentlich auch wenn nicht, würde Luna für den Rest meines Lebens mein höchstes Maß an Dankbarkeit zugeschrieben werden. Wäre sie nicht da, hätte ich hier unten vielleicht versucht, mich selbst aus der Gefangenschaft zu holen, indem ich dem Tod einen voreiligen Besuch abstattete.
Vermutlich hätte mich immer die Hoffnung davon abgehalten, aber ich konnte es trotzdem nicht ausschließen. Jetzt jedoch dachte ich nichtmal mehr daran. Ich nutzte meine Zeit hier, in der ich von allen äußeren Einflüssen abgeschirmt und jede meiner Aufgaben zwangsläufig einem anderen zugeschrieben worden waren. Selbstbeherrschung meistern, mit mir selbst ins Reine kommen, mir eine Struktur eines besseren Reiches zu konstruieren und den Schutz meines Geistes bis zum absoluten Limit optimieren. Einige dieser Dinge würden mir hoffentlich nach unserem Sieg noch etwas nützen. Von selbigem war ich jedenfalls vollständig überzeugt. Ich würde hier rauskommen und dann könnte die Vision, für die ich seit über einem Jahr alles andere vernachlässigte und hinten anstellte, endlich wahr werden. Vielleicht würde ich trotz oder sogar wegen meiner Gefangenschaft die Anführerin werden, ich hoffte es und würde dafür zumindest mit Worten kämpfen. Auf anderen Ebenen jedoch nur, wenn der alternative Kandidat wahrhaft ungeeignet wäre.
Als Befehlshaberin für allgemeine Gerechtigkeit zu sorgen war schon lange mein Ziel. Macht nicht im Interesse der Autorität, sondern im Sinne der Sicherheit, niemals wieder in einen ungerechten System leben zu müssen. Ich war überzeugt, dass ich niemals zulassen würde, zu einer solchen Schreckensgestalt wie mein Peiniger zu werden. Ich hörte und überdachte nämlich im Gegensatz zu ihm Kritik. Ein paar Dinge hatte er schon in der Theorie richtig, doch seine Art der Umsetzung war einseitig und rücksichtslos. Er hatte recht, dass man es nicht allen zu gleichen Stücken recht machen konnte, das hatte ich bei den Varden gelernt, aber man konnte sich dem trotzdem etwas annähern. Er hatte recht, dass Magie das größte Ungleichgewicht unserer Welt war, doch einen Diktator über jede Form von Magie war nicht die Lösung und Massenmord auf dem Weg dahin und darüber hinaus erstrecht nicht.
Außerdem war ich nicht besonders überzeugt von dem Prinzip Geburtsrecht. Es würde sich niemals vollständig verhindern lassen, dass Adlige von Beginn an eine bessere Position hatten, aber unter meiner Herrschaft würde der Adel sich damit abfinden müssen, dass er nicht die Oberherrschaft über die ihm zugehörigen Gebiete hatte. Ich wusste noch nicht so recht, wie genau ich es anstellen würde, ohne jeden einzelnen von ihnen abzusetzen oder mir zum Blutsfeind zu machen, aber ich spielte schon länger mit dem Gedanken, lokale Stadtherren zumindest zum Teil auch von den Leuten vor Ort und meiner Zustimmung abhängig in diese Position zu bringen.
Noch war das jedoch Zukunftsgeplänkel. Erst musste ich meine Rolle glaubhaft spielen und bewusstlos werden. Diese Schmerzen, die ich ja offensichtlich haben sollte, würde nämlich kein Mensch lange aushalten können. Ich hatte schon ein paar mal gesehen gehabt, wie man dabei aussehen würde und dank ein wenig Übungszeit mit Luna konnte ich dieses erschlaffen vollständig imitieren. Der Vorteil dabei war, dass ich gegebenenfalls zuhören könnte, wenn Galbatorix mit Murtagh sprach. Das war bisher jedoch nie passiert, außer wenn er den Befehl gab, mein vermeintliches Martyrium zu beginnen. Das Ende verstand sich anscheinend von selbst.
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Die Macht ist mit mir, oder?
Fanfiction*ABGESCHLOSSEN* Der Krieg - ein weiterer genau genommen, denn in seinem Leben gab es schon jetzt mehrere - scheint zu Ende zu sein, doch auf Percy wartet eine Überraschung nach der anderen. Aufgrund von einigen Verschiebungen in der Machtverteilung...