Kap. 127 Zwei Seiten

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Roran pov

Es hatte viele Minuten und vermutlich schon jetzt Dutzende Tote durch Barsts Hände gekostet, Orik, Nar Garzvogh und Jörmundur zu finden. Ich hatte eine Idee, wie wir vielleicht etwas gegen ihn tun könnten. Ich hatte sie eigentlich nur gesucht, um mit ihnen die nächsten Schritte zu planen, aber auf dem Weg hatte ich mir alles durch den Kopf gehen lassen, was wir zu diesem Zeitpunkt wussten. Die einzige Auffälligkeit, die er für uns als potentielle Schwäche aufwies, war seine Statur. Er hatte zwar scheinbar unmenschliche Kraft und einen unzerstörbaren Schutz durch Magie, aber warum hätte Galbatorix einen fetten Grafen als Hauptmann genommen, wenn man stattdessen jemanden hätte wählen können, der von sich aus schon die Statur eines Kämpfers hatte und so wohl noch stärker wäre.

Etwa da herum war ich zu der Überzeugung gekommen, dass das vor uns nicht seine wirkliche Statur sein konnte. So dumm war Galbatorix leider nicht. Das bedeutete, es musste irgendeinen praktischen Nutzen haben. Vermutlich hätte ich niemals eine Antwort gefunden, wenn sie mir nicht zwei Tage zuvor auf dem silbernen Tablett serviert worden wäre. Die Ausbeulungen musste eine Art Lager sein. Ein Lager für irgendetwas, was ihm im Kampf nützte, er aber nicht aktiv benutzen müsste. Es passte alles so einfach zusammen. Galbatorix musste ihm einen Eldunarí gegeben haben, der seine Schutz- und Stärkungsmagie durchgehend aufrecht hielt.

Ich hatte so aufmerksam, wie es nur irgendwie möglich war, zugehört, als die Drachen uns erzählt hatten, was genau ihre Überbleibsel in den schimmernden Juwelen nun eigentlich waren. Sofern ich nicht etwas grundlegend missverstanden hatte, gab es auch für sie eine Grenze, wie viel Kraft ihnen innewohnen konnte. Vielleicht genug, um eine gesamte Armee im Nahkampf zu besiegen, wenn jeder eigene Schlag tödlich wäre, aber mir war eine Idee gekommen, wie man seine Zauber gegen ihn verwenden konnte. Genau genommen die selbe Strategie, die auch ich hatte erleben müssen, nur in extremer. Viel extremer.

Als wir schließlich alle nahe genug beisammen standen, um uns gegenseitig verstehen zu können, erklärte ich ihnen meine Theorie, auch wenn ich das Wort „Eldunarí" nicht Aussprache, sondern maximal Anspielungen machte, um ja niemandem um uns herum Wissen zu geben, was eigentlich nichtmal für uns bestimmt war. Es schien aber, als ob die Hinweise ausreichend ankamen, um die Notwendigkeit meines Plans zu unterstreichen.

Auch hierbei offenbarte sich, wie auch schon in nahezu jeder Schlacht zuvor, wie essentiell das Bündnis der Völker für unseren Sieg war. Die riesigen Katapulte auf den Mauern, die vermutlich nur deshalb noch nicht aufgefallen waren, weil sie bei unserem Angriff nicht abgefeuert worden waren, möglicherweise wegen eben der Falle, die uns durch Graf Barst gestellt werden sollte, hätten niemals von Menschen so genau eingestellt werden können, dass sie unserem Zweck dienen könnten. Dafür war die beispiellose Handwerkskunst der Zwerge ein nicht zu ersetzender Faktor.

Leider würden auch sie ihre Zeit brauchen, um ihre Arbeit zu verrichten, auch wenn das bedeutete, dass bis dahin noch viele mutige Krieger durch die Keule und die tödliche Kraft dahinter auf der Strecke bleiben würden. Insbesondere für mich war es eine Herausforderung, einen nach dem andern zu opfern, um damit Zeit zu kaufen. Vermutlich hing ich für einen Anführer zu sehr an jedem einzelnen Leben. Vielleicht war das auch eine wichtige, positive Eigenschaft, wenn man immer versuchte jeden Einzelnen zu retten, aber wenn es mich von notwendigen Entscheidungen abhalten würde, wäre das zu viel.

Von diesem Hindernis einmal abgesehen stimmten mir jedoch alle zu. Gegen Barst musste alles unternommen werden, was nur irgendwie in unserer Macht lag. „Meine Gehörnten werden danach einspringen und alles, was noch übrig ist, aus diesem Madenblut herausprügeln. Gebt uns nur ein Zeichen, auf das wir uns zum Angriff vorbereiten müssen", bot Garzvogh an. Nach allem, was ich bisher über ihn wusste, war für ihn zusätzlich zu der Überlegenheit dieses Feindes noch ein weiteres Problem, dass der Graf Magie in einem solchen Ausmaß missbrauchte, dass kein noch so heldenhafter Kampf einem eine Siegeschance bieten würde. Ein Gedanke, den ich zwar in Grundzügen nachvollziehen konnte, der aber für mich sehr weit hinten stand.

Die Macht ist mit mir, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt