Kap. 66 Unterschiedlich einfach

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Thalia pov

Wie blöd kann ein einzelner Mensch sein? So unaufmerksam war nichtmal Percy, wenn Chiron uns wichtige Informationen zu Aufgaben gegeben hatte. „War ich wohl!" Percys Stimme tauchte etwas überraschend in meinen Gedanken auf. „... dir ist schon klar, dass Unaufmerksamkeit nichts ist, womit man sich rühmt, oder?" Eine lange Zeit herrschte eine Pause und da er mächtiger war, hatte ich keine Möglichkeit zu prüfen, ob er einfach vergessen hatte zu antworten, auf einen weiteren Kommentar meinerseits wartete oder einfach hoffte, ich würde seine Bemerkung vergessen. Ich vermutete dass letzteres der Fall war und deswegen fragte ich: „Und wie hast du überhaupt mitbekommen, dass ich das gedacht habe? Überwachst du mich ständig?"

Ein Lachen erklang in meinen Gedanken gefolgt von der Erklärung: „Jetzt bin aber nicht mehr ich blöd. Wenn du so ausdrücklich meinen Namen denkst, bekomme ich das natürlich mit. Das ist doch bei dir in schwächerer Form auch so. Und ansonsten... jaaaaaaaa, möglicherweise habe ich deinen Gedanken nicht ordentlich genug zugehört um den genauen Inhalt zu verstehen und möglicherweise deshalb habe ich das kommentiert."

Wenn ich das nicht schon längst an seiner Macht und seinem Geist gespürt und er sich zu diesem Namen bekannt hätte, wäre ich spätestens jetzt auch so überzeugt gewesen, dass es Percy war. Solche Zugeständnisse bekam man von niemandem sonst. Ein wenig ironisch angehaucht fragte ich dann: „Weißt du denn auch, womit ich diese Aussage ursprünglich begründen wollte?" Ich spürte eine Welle der Zustimmung, die einzig und alleine daher kam, dass er zu faul war, ein einzelnes „Ja!" zu denken.

Ich wartete erst, ob er noch mehr sagen würde, aber offenbar wollte er mich ärgern und so halte ich nach: „Womit denn?" Dieses mal erhielt ich eine recht schnelle Antwort: „Der erste Satz, der auf einem Auftrag gefallen ist, war meistens der, was Chiron zwei Minuten vorher erklärt hat. Das ist jetzt nicht so schwer aus dem Kontext zu raten, selbst wenn man nicht Gedanken lesen könnte." Drei Dinge störten mich an dieser Aussage. Erstens dass ich seine Gedanken nicht lesen konnte, zweitens, dass ich nicht verhindern konnte, dass er meine liest, und drittens, er mal wieder nur die halbe Frage beantwortet hatte.

Dieses Mal schien er es jedoch selbst zu merken oder einfach meine Gedanken zu lesen, denn er sagte: „Und dieser liebreizende Mensch, dem du gerade die Intelligenz einer toten Nacktschnecke zuschreiben wolltest, leugne es nicht, deine Gedanken sprechen für dich, war eben im Stall gerade ähnlich aufmerksam wie ich das war. Sollte ich dir die Frage eigentlich beantworten, weil du es nicht kannst oder weil ich deine Gedanken lesen sollte?"

Ich lachte ein wenig lauter als ich wollte, wofür Frank mir einen etwas fragenden Blick zuwarf, und antwortete Percy dann: „Weder noch, offenbar musst du das Gedanken lesen noch üben. Sonst hättest du gesehen, dass ich dich eigentlich nur eine Weile ablenken wollte." Eine Welle der Überraschung und dann der schlecht versteckten Genervtheit spülte durch meine Gedanken und im nächsten Augenblick war Percys Präsenz nicht mehr zu spüren... also sie war auch sonst nicht mehr zu spüren, wenn er das nicht wollte, aber ich hätte schwören können, dass es jetzt wirklich so war.

Einen Moment genoss ich es, dass ich das mächtigste Wesen im Universum ausgetrickst hatte, und lenkte mich damit von meiner eigenen Genervtheit über die unfassbare Unaufmerksamkeit von Baldor ab. Ich lief zusammen mit Frank vor den anderen her, deshalb bemerkte ich vorerst nicht, dass die restlichen Mitglieder dieser Reisegruppe beziehungsweise dieses Verstärkungskommandos plötzlich ihr Tempo deutlich erhöhten. Im Nachhinein fragte ich mich, warum ich den Grund nicht gehört hatte, aus dem sie das getan hatten. Ich konnte mir nur zusammenreimen, dass vermutlich die Pferde zu laut getrampelt hatten. Als die Pferde schließlich mit uns gleichauf waren und ich von Hektik bis Angst jeden Gesichtsausdruck auf den Gesichtern der anderen sah, wenn ich aufblickte, sah ich zurück und mit meinem inzwischen ja um ein Vielfaches schärferen Blick konnte ich erkennen, dass wir von fünf Hunden verfolgt wurden.

Die Macht ist mit mir, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt