Roran pov
Bis wir an den Mauern ankamen, wurden wir nicht angegriffen, obwohl der Alarm bereits Minuten zuvor erschollen war. Für mich hieß das, dass der Angriff, mit dem die Elfen die Nachteile von Urû'baens Lage ausnutzten, ziemlich erfolgreich verlaufen war. Weder Pfeilhagel, noch Katapulte hatten uns begrüßt. Mehr Herzlichkeit wäre wohl zu viel verlangt. Eine Öffnung der Stadttore hätte ich natürlich auch als Geste des Großmuts oder mehr der Unterwerfung gerne entgegengenommen, aber davon auszugehen, wäre so extrem naiv gewesen, dass man es auch gleich Dummheit nennen könnte.
Sobald wir auf hundert Fuß an die in den Himmel ragende Felswand heran gekommen waren, teilte sich unser Heer auf. Von nun an führte jeder Hauptmann ein Bataillon und nur wenn es zu allgemeinen Fragen zur Vorgehensweise kommen würde, hätte ich eine Entscheidung zu treffen. Ich hatte meine eigenen Streitkräfte und wir würden an einem Teil etwas östlich vom Haupttor ansetzen. „Die Leitern!", rief ich. „Bringt sie her, je schneller wir oben sind, desto geringer wird unser Nachteil dadurch, dass wir noch ausgesperrt sind." Dabei deutete ich auf je vier Urgals, die meisten von ihnen waren Kull, die zusammen eines der hölzernen Gebilde trugen.
Während zwei weitere ihnen mit speziellen Holzstangen folgten, die beim Aufrichten der Leitern aushelfen würden, wandte ich mich an eine Gruppe Elfen zu, die etwas abseits von den anderen Kriegern standen. „Sollten wir doch von den Zinnen beschossen werden, brauchen wir sofort magische Schilde dagegen. Wir dürfen unter keinen Umständen riskieren, dass wir es nicht auf die Mauern schaffen."
Mehrere von ihnen rümpften, sehr zu meinem Missfallen, die Nase oder machten andere tendenziell abwertende Gesten, einige nickten aber auch entschlossen und von einem, den ich nicht genau ausmachen konnte, hörte ich sogar ein sanftes: „Sehr wohl, Hauptmann Hammerfaust!" Es war immer wieder bemerkenswert, wie die Stimmen der Elfen selbst in einer solchen Situation noch weich und melodisch klangen. Es gab dafür auch immer wieder Ausnahmen, aber diese traten eher bei Zurechtweisungen auf. Emotionen wie Furcht aus ihren Worten herauszuhören war wohl ein Ding der Unmöglichkeit, auch wenn ich nicht so dumm war, daran zu zweifeln, dass auch sie solche Gefühle besaßen.
Das Auftreffen der Leitern an den Mauern setzte den lautesten Klang frei, den ich seit dem Brüllen von Shruikan und dem blauen Drachen gehört hatte. Als anschließend der erste Soldat drauf und dran war, die ersten Sprossen der Leiter zu erklimmen, zog ich ihn jedoch weg. „Ich gehe zuerst!", legte ich fest und auch wenn er davon überrascht schien, gab er kein Widerwort.
Worte hatten nur wert, wenn ihnen Taten folgten und so griff ich nach der ersten Sprosse. Und nach der Zweiten und der Dritten. Ich verlor schnell den Überblick, auch wenn man sich keinen Moment der Unachtsamkeit erlauben konnte. Selbst im unteren Viertel schwankte die Leiter bereits etwas hin und her, ein falscher Griff oder Schritt hätte möglicherweise zu einem sehr schädlichen Unfall führen können.
Aber das Wackeln war bei weitem nicht das Problem. Das begann nämlich erst in großer Höhe. Das Holz war logischerweise zu einem gewissen Grad elastisch und so bog sich die Leiter durch und die Sprossen lagen direkt am kalten Stein an. Mit jedem Schritt befürchtete ich, mein Fuß könnte abrutschen. Auch wenn diese Angst wohl begründet war, denn einige Male spürte ich tatsächlich, wie mein Fuß ein winziges Stück rutschte, kletterte ich weiter.
Immer mal wieder hob ich meinen Blick, um zu sehen, wie weit ich noch vom oberen Ende entfernt war, und zu meiner Erleichterung sah ich niemanden, der oben auf mich warten würde, oder der versuchen könnte, die Leiter wegzustoßen.
Das änderte sich auch zwei Meter unterhalb nicht mehr und mit dieser Zuversicht überwand ich das letzte Stück. Ich wusste, dass ich bei meinem Übertritt absolutes Risiko einging, da ein einzelner Soldat schon reichen würde, um mich ohne Probleme zurück zu schubsen und abstürzen zu lassen, aber diese Möglichkeit erkannte ich erst danach und da war es zu spät, um es noch rückgängig zu machen. Gleichzeitig zeigte die Tatsache, dass es ein danach gab wohl, dass ich nicht abgestürzt war, sondern wieder festen Boden unter die Füßen bekommen hatte.
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Die Macht ist mit mir, oder?
Fanfiction*ABGESCHLOSSEN* Der Krieg - ein weiterer genau genommen, denn in seinem Leben gab es schon jetzt mehrere - scheint zu Ende zu sein, doch auf Percy wartet eine Überraschung nach der anderen. Aufgrund von einigen Verschiebungen in der Machtverteilung...