Kap. 31 Weigerung zur Vernunft erklärt an zwei Beispielen

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Annabeth pov

Nachdem der letzte Abend fast mit einem Toten geendet hätte, und seid euch sicher, ich bin nicht die, die knapp drum rum gekommen ist, verlief der heutige ruhig. Auch wenn ich kein Charm-Sprech oder gar Macht in meine Stimme gelegt hatte, schienen die wenigen im Haus der Reisenden, die am vorigen Tag bereits hier gewesen waren, verstanden zu haben, dass es besser für sie wäre, wenn sie die Geschehnisse mit Borg nur geträumt hätten. Dieser hatte sich, nachdem ich ihm Wange und Arm aufgeschnitten hatte, nicht wieder blicken lassen. Ich war irgendwie froh, dass ich auf Orbis Terrarum Chaos auch Messerwerfen geübt hatte. Diese deutlich leichteren Dolche hatten der Situation wirklich um einiges mehr Dramatik gegeben, als wenn ich Borg einfach verprügelt hätte.

An diesem Abend saß ich am gleichen Tisch wie am Tag meiner Ankunft. Jedesmal, wenn sich die Tür öffnete, schaute ich kurz auf. Ich tat das sowohl um zu sehen, ob Borg wirklich komplett dumm war, als auch in der Hoffnung, dass Eragon endlich auftauchen würde.

Schließlich trat natürlich das weniger erfreuliche Ereignis ein. Im Fünferpack. Borg und vier weitere Kerle von seinem Kaliber. Wären sie einfach an den Tresen gegangen, hätte ich das wohl geduldet, dem war aber natürlich nicht so. Sie kamen direkt auf mich zu und der Anführer, der natürlich nicht mehr Borg war, denn dieser war geschwächt, zog einen, meinen Dolch und rammte ihn in den Tisch. „Wenn du in einer Stunde noch in der Stadt bist, war's das für dich!"

Sagte, oder fast brüllte, er. Ich sah im genau in die Augen. Todesblick war angesagt. Nach zehn Sekunden hatte ich das Blickduell gewonnen und sagte dann: „Hat euch Borgs gestrige Erfahrung nichts gelehrt? Nicht jeder, der Schwächer aussieht, ist dies auch. Ich habe genug Dolche für euch alle. Das Risiko mit euch gehe ich ein." Ich legte so viel kalte Verachtung in meine Stimme, dass er zusammen zuckte.

Er belegte mich mit einem Blick, der vermutlich bedrohlich oder so sein sollte. Seine Augen verrieten jedoch, dass er nicht mehr ganz so selbstsicher war. Natürlich ging er aber davon aus, dass ich das nicht merkte. Dummkopf.

In diesem Moment schwang die Tür auf und eine in einen Umhang gehüllte Gestalt kam herein. Ich musterte sie genau und war mir sehr sicher, dass es sich um Eragon handelte. Ich gab ihm ein leichtes geistiges Zeichen und er blickte zu uns herüber.

Ich wandte mich kurz wieder Borgs Freund zu, dessen Namen ich genauso wenig wusste, wie er mich interessierte. „Würdet ihr jetzt bitte gehen, ich habe mit meinem Bruder einige Dinge zu besprechen." Ich wusste, dass Eragons Gehör seit der elfischen Blutschwur-Zeremonie fast so gut wie meins war und dass er verstehen würde, was ich meinte.

Er kam wirklich zu uns rüber und der Anführer fuhr zu ihm herum. „Ist diese dumme Hure Eure Schwester?" - „Ja, allerdings. Und wenn ihr sie nochmal so nennt, ist es um die Form eurer Nasen geschehen." Ich lächelte ihm zu.Nicht schlecht, du lernst unsere Schlagfertigkeit langsam." - „Ich werde auch jeden Tag damit konfrontiert." Jetzt sprach wieder der Anführer. „Dann bring ihr gefälligst einige Manieren bei, sonst könnte es ihr irgendwann auf sehr schmerzhafte Weise schaden!" Das war die schlechteste versteckte Drohung, die ich je gehört hatte.

Eragon gab eine, meiner Meinung nach - und ich bin das intelligenteste Wesen im Universum, ich muss es schließen wissen. Ja, meine fatale Schwäche, Hybris, dringt mal wieder an die Oberfläche - recht angemessene Antwort. „Das sehe ich. Einer von euch hat ja scheinbar bereits einen dieser Schäden abbekommen. Ich glaube nämlich nicht, dass die Schäden bei ihr landen. Würde es euch etwas ausmachen, uns jetzt einfach in Frieden zu lassen?"

Die Fünf sahen uns böse an, drehten sich jedoch ohne ein Wort um und gingen ans andere Ende des Raumes. Während Eragon sich zu mir setzte, wirkte ich schnell einige Zauber, die unser Gespräch für alle Umstehenden wie ein normales Wiedersehen klingen ließ. Ich sah ihn streng an. „Was waren die letzten Worte, die Percy dir mit auf den Weg gegeben hat?" Er seufzte. „Mach keine Dummheiten." - „Und was hast du gemacht? Was ist ein Fußmarsch durchs Imperium, während auf deinen Kopf ein gesamtes Herzogtum ausgesetzt ist?"

Die Macht ist mit mir, oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt