𝟶𝟽 | 𝑆𝑒𝑣𝑒𝑟𝑢𝑠

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Mein Herz klopfte mir so wild und energisch gegen die Brust, dass ich fast die Befürchtung hatte, es würde jeden Augenblick aus meinem Körper hüpfen.

Ich konnte nicht sagen, ob es dem ersten, flüchtigen Blick auf Hogwarts bei unserer Ankunft zwischen den karierten Vorhängen aus dem Hogwarts Express oder Lilys bloßer Anwesenheit geschuldet war.
Vermutlich ein bisschen von beidem.

Das nervöse Tuscheln der anderen Schüler hörte ich kaum. Dafür waren meine Sinne im Rausch der Aufregung zu sehr benebelt.
Wir sind endlich da.

In meinem Inneren brodelte ein solches Gefühlschaos vor sich hin, dass ich im Stillen betete, es würde mir keiner ansehen. Ich wollte nicht das offene Buch sein, aus dem alle mühelos lesen konnten.
Das würde mich nur in Schwierigkeiten bringen.

Und dann war er da. Der Moment, als wir ungehindert das gigantische Schloss zu Gesicht bekamen.
Es ragte aus einem Felsen hervor — nein, es thronte auf ihm wie ein stolzes Relikt, das jede finstere Zeit überstehen würde.

Es hatte etwas so majestätisches und magisches an sich, dass ich der festen Überzeugung war, gleich zu Beginn die größte Kunst der Zauberei bestaunen zu dürfen.
Die Magie des Augenblicks.

Und mir kam zusätzlich die Ehre zuteil, diesen mit Lily teilen zu dürfen. Bei diesen Gedanken wurde ich das Kribbeln in meinem Bauch nicht mehr los.
Ich konnte es kaum erwarten, diese wundervolle Zeit gemeinsam mit ihr zu verbringen.
Wenn ich mich da mal nicht zu früh gefreut hätte...

Die unzähligen Lichter, die in der Dunkelheit aus dem Herzen des Schlosses leuchteten, wirkten wie strahlende Hoffnungsschimmer, die uns den Weg zeigen sollten — damit wir nicht von unserem vorbestimmten Pfad ab kamen.

Es erzählte so viele Geschichten.
Beinahe konnte ich die Stimmen vergangener Tage hören, wie sie mir zuflüsterten und von ihren Abenteuern erzählten.

Es war, als könnte nichts und niemand jemals diese Mauern zu Fall bringen.
Sie waren nicht nur das Fundament für unser Zuhause, sondern noch so viel mehr.
Alles, wofür Hogwarts stand.

Unsere innige Zusammenarbeit, wo jede Stimme es verdient, gehört zu werden. Bedingungslos friedlich, Seite an Seite — über so viele Generationen hinweg.

Wo jeder er selbst sein konnte und mit offenen Armen empfangen wird, als Beispiel für den immer währenden Zusammenhalt.

Das Werk der großen Hexen und Zauberer, die für unsere Freiheit gekämpft hatten, für unsere Zukunft eingestanden sind, mit gutem Vorbild vorangingen und somit den belebenden Geist von Hogwarts unsterblich gemacht hatten.
Hogwarts wird ewig leben.

Auf der dunklen Oberfläche des riesigen Sees spiegelten sich die Abbilder des hellen Kerzenscheins.
Die Finsternis dieser Nacht schien von den unzähligen Reflexionen verdrängt zu werden.

Ich war viel zu viel mit Staunen beschäftigt, dass ich weder die Zeit hatte noch auf die Idee kam, mich zu fragen wie wir überhaupt die andere Seite erreichen sollten.

Erst als Lily auf und ab hüpfte, mit ihrer ausgestreckten Hand auf das Seeufer deutete und nervös „Oh mein Gott, Sev! Ich glaube, wir fahren mit den Booten!" ausstieß, wurde mir klar, was uns noch erwarten würde.

Hogwarts ist immer für eine Überraschung gut.
Diese Worte hatte ich oft mit anhören müssen, doch erst jetzt wurde ihnen wahrhaftig Leben eingehaucht.

Die hölzernen Boote wackelten auf dem tiefschwarzen Wasser wie meine zittrigen Knie, als ich einen Fuß hinein setzte.

Lily folgte mir selbstbewusst und setzte sich mit vor Faszination geöffnetem Mund.
„Glaubst du in dem See leben Meerjungfrauen?", fragte sie, während sie sich gefährlich weit über den Rand beugte.

„Was ist das denn?", murmelte ich und sah eher skeptisch in Richtung des kühlen Nass.
Auch die letzten unserer Mitschüler mussten mittlerweile einen Platz gefunden haben, denn mit einem sanften Ruck setzen wir uns in Bewegung.

Gemütlich schaukelten wir über den See.
„Wer war eigentlich vorhin dieses Mädchen, das dich so seltsam angeschaut hat?", erhob Lily auf einmal ihre Stimme und traf mich damit unvorbereitet.
Ally, war die Antwort sogleich in meinem Kopf aufgetaucht. Wo ist sie eigentlich?

Mein Blick glitt suchend über jedes einzelne der alten Boote. Überall unbekannte Gesichter, dass ich gerade schon aufgeben wollte.
Doch dann erkannte ich sie von hinten neben einem Jungen, den Kopf nach vorne und somit weg von mir gerichtet.

An ihrer Körperhaltung konnte ich sehen, wie aufgeregt, aber auch wie angespannt sie sein musste.
Sie ist schließlich auf sich gestellt, warf mein schlechtes Gewissen ein. Sie kennt noch niemanden.
Ich ließ mich fast dazu hinreißen, es zu bedauern, dass ich Lily ihr vorgezogen hatte.

„Das ist nicht wichtig", hörte ich meine eigenen Worte, als hätte sie jemand anderes gesagt. „Nur eine alte Freundin."
Sie klangen so fremd, doch ich hatte keine Zeit mehr mich selbst zu fragen, warum ich ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte.

Abgelenkt von dem scharfen Luft einziehen und einem „Ohhh", das seine Runde machte, realisierte ich erst wie unfassbar nahe wir dem Anwesen Hogwarts gekommen waren.

Dann wurden wir von einem Lichtermeer verschluckt, das mit unseren Augen um die Wette strahlte.

Und wir haben mit Abstand gewonnen.

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Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt