𝟷𝟾 | 𝑆𝑒𝑣𝑒𝑟𝑢𝑠

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❧༺༻☙

Die Nacht brach über Hogwarts ein, als ich über die Ländereien spazierte.

Obwohl die Dunkelheit alles einhüllen und jeden noch so kleinen Lichtblick erlöschen sollte, schimmerte die hohe Schneedecke schwach und wies mir den richtigen Weg.

Seit Lily fort war, hatte ich das Schloss nicht mehr betreten. Ohne sie fühlte es sich so leer an.
Ohne sie fühle ich mich so leer.

Als der silbrige Vollmond hinter den schwarzen Kronen des Waldes hervor trat, jagte mir dessen Anblick einen Schauder über den Rücken. Irgendwo heulte ein Wolf.
Oder war es ein Werwolf?

Mit einem Mal war da dieser unangenehme Druck in meinem Magen und es konnte mir gar nicht schnell genug gehen wieder in den Gemeinschaftsraum der Slytherins zu gelangen.
Noch ein Beweis, dass in mir nicht einmal der leiseste Hauch eines Gryffindors steckt.

Den Kopf voller schauriger Gruselgeschichten schweifte mein eingeschüchterter, aber wachsamer Blick zu den hohen Türmen, die im kalten Mondlicht gefährlich in den Nachthimmel stachen.
Das ist alles nur in deinem Kopf, versuchte ich mir erfolglos einzureden.

Eine Bewegung lenkte unwillkürlich meine Aufmerksamkeit auf den Astronomieturm. Es dauerte einige Herzschläge, bis ich etwas in der Finsternis ausmachen konnte.
Und bei dem, was ich nur mit viel Konzentration und Anstrengung erkennen konnte, stockte mir der Atem.

Ally saß dort oben auf dem unterkühlten Boden, ihre Beine baumelten über dem metertiefen Abgrund und sie lehnte sich scheinbar gedankenverloren weit über die Brüstung — viel zu weit für meinen Geschmack.

Sie wird doch wohl nicht...?
Dieser Gedanke drängte sich in meinem Verstand, doch ich wagte es nicht ihn zu vollenden.
Keine Sekunde wollte ich mehr verstreichen lassen. Ohne zu zögern rannte ich los.

Das nächste Jaulen des nachtaktiven Tieres, dem man auf keinen Fall begegnen wollte, versuchte ich in den Hintergrund zu rücken.

Als würde ich vor meiner eigenen Angst fliehen, die sich schon mit ihren langen dünnen Klauen gierig nach mir verzehrte, traute ich mich nicht einen Blick über die Schulter zu riskieren.

Die frischen Schneemassen machten es mir schwer so schnell voranzukommen wie ich es gerne würde.
Es fühlte sich an wie in diesen Träumen, wenn man sich so verzweifelt anstrengte um von der Stelle zu kommen, sich aber trotzdem kaum ein Stück bewegen konnte.

Zu meiner Erleichterung schaffte ich es verschont von den strengen, mahnenden Worten eines Professors in das Innere des Astronomieturmes.

Stärker als nötig stampfte ich die unzähligen Treppenstufen hoch, um die festsitzenden Überreste der weißen Flocken von meinen Stiefeln zu klopfen.
Sanft rieselten sie auf den kahlen Stein, wo sie nach wenigen Herzschlägen zu kleinen Pfützen schmolzen.

Mit letzter Kraft schleppte ich mich auf die Plattform im siebten Stock, wo ich nach Luft ringend den Kopf in den Nacken legte.

Nur wenige Schritte von mir entfernt saß sie.
Mittlerweile hatte sie die Beine an ihren bebenden Körper gezogen und umschlang diese mit zittrigen Armen. Ihr Blick war starr in den Sternenhimmel gerichtet.

Beruhigt seufzte ich innerlich und die Anspannung ließ allmählich von mir ab.
„Ally?", flüsterte ich so leise, als würde ich befürchten, ich könnte sie erschrecken oder ihr den Moment zerstören.
Doch sie reagierte nicht.

Langsam kam ich mit einem schiefen Lächeln auf sie zu und ließ mich vorsichtig neben ihr nieder. Immer noch keine Reaktion.
Ich betrachtete sie prüfend von der Seite.
Keine Regung in ihrer Miene, obwohl sie mich aus dem Augenwinkel wahrnehmen musste.

Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt