𝟺𝟸 | 𝑆𝑒𝑣𝑒𝑟𝑢𝑠

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❧༺༻☙

Sie dürfen mich nicht entdecken!
Krampfhaft drückte ich mich mit dem Rücken an die kalte Wand. Ich zog den Bauch ein und versuchte, so gut es ging, mit dem Gestein zu verschmelzen.
Von den Schatten der Nacht verborgen, erhaschte ich die Worte von Black.
„Was glaubst du, was der olle Schniefelus dafür geben würde, uns außerhalb der Betten zu erwischen?"
„Oder noch viel besser - wie wir in einem Geheimgang der Peitschenden Weide verschwinden!", pflichtete ihm Potter bei und gab ein gehässiges Lachen von sich. Bei dieser Vorstellung war er sofort Feuer und Flamme. War ja klar.
„Ach, wenn er nur wüsste, wie man sie einfrieren kann..." Theatralisch erhöhte er beim Sprechen seine Tonlage. Angesichts seiner Selbstgefälligkeit bahnte sich ein Würgreiz in mir an.
„Dabei ist es doch so leicht. Immobilus kennt ja jeder Zweitklässler!"
Von Pettigrew kam nur ein Kichern.
„Das ist nicht witzig, Tatze", vernahm ich Lupin. Seine Stimme klang müde, jedes Wort schien ihm schwerzufallen.
Was ist nur schon wieder mit dem los? Warum hat er sich den anderen überhaupt angeschlossen, wenn es ihm doch offensichtlich schlecht geht?

„Sei nicht so ein Spielverderber, Moony", beschwerte sich der Gryffindor. „Das wäre so ein Spaß!"
Ich verstand kein Wort. Was vielleicht aber auch daran liegen könnte, dass ich die ganze Zeit konzentriert die Luft angehalten hatte.
Die Rumtreiber waren nahe genug an meinem Versteck, dass mich ein zu lauter Atemzug hätte verraten können.
Die Blöße, dass ich ihnen offensichtlich nachspionierte, wollte ich mir vor ihnen nicht geben. Eigentlich war es mehr Zufall gewesen, dass ich ihnen gefolgt war und mich in diese Lage gebracht hatte. Nach ein paar Überstunden in der Bibliothek mit Ally hätte ich sie auf unseren Weg in den Gemeinschaftsraum kaum übersehen können.
Oder besser gesagt, sie waren kaum zu überhören, so laut plappernd, wie sie durch die Gänge zogen.
Hatten sie keine Sorge, erwischt zu werden, oder warum stolzierten sie so unantastbar zu dieser späten Stunde durch das Schloss?

Alles, was ich von ihnen benötigte, war ein Beweis.
Etwas, das Lily überzeugen würde, dass sie sich in ihrem ach-so-tollen Potter getäuscht hatte. Dass er nicht nur unsäglich arrogant war, sondern auch die Regeln brach, genau wie der Rest seiner unausstehlichen Bande. Dass er nicht so unschuldig oder dieser engagierte Zauberlehrling war, den sie mittlerweile in ihm sah.
Er machte Fehler wie jeder andere Schüler. Aber nicht nur das, er widersetzte sich den Vorschriften ganz bewusst.
Und dabei wirkte er auch noch so, als hätte er nicht einmal ein schlechtes Gewissen oder gar Zweifel an seinen Handlungen. Dass er damit bisher durchkam, stieß mir bitter auf.
Warum hat er so ein unverschämtes Glück?
Wenn ich dem Schulleiter diese kleine, nächtliche Reise belegen würde, könnte es womöglich ihre letzte sein. Nicht weil sie plötzlich einen Sinneswandel durchlebt hätten - das wäre ja zu schön - sondern weil ich dafür gesorgt hätte, dass sie Hogwarts nie wieder betreten dürften.
Es war die Gelegenheit, sie endlich loszuwerden. Ich musste sie nur ergreifen.

Um Ally nicht in meine persönlichen Angelegenheit zu verwickeln - sie hatte schon genug für mich aufs Spiel gesetzt, besonders für ihre Verhältnisse - leistete ich ihr bis zum Eingang ihres Schlafsaals Gesellschaft, bevor ich ihr versuchte, beizubringen, dass ich nochmal kurz frische Luft schnappen wollte.
Ich hoffte inständig, dass ich mir das kritische Hochziehen ihrer Augenbraue nur eingebildet hatte. Immerhin kam sie meiner Aufforderung widerstandslos nach.
So konnte ich mich nun voll und ganz auf mein Vorhaben fokussieren. Ich tat es hauptsächlich aus unbändiger Neugierde.
Aber ich konnte nicht abstreiten, dass es natürlich ein wünschenswerter Nebeneffekt wäre, die Rumtreiber in nur einer Nacht aus meinem Leben zu verbannen.

Mein Bedürfnis nach Antworten verlangte fast schon schmerzlichst gestillt zu werden.
Was war der echte Grund, der vier junge Gryffindors veranlasste, völlig ungetarnt umher zu spazieren? Was heckten sie diesmal aus?
Wenn sie sich unbeobachtet fühlten, verrieten sie vielleicht leichtfertig Details, die ich gegen sie nutzen konnte.
Etwas, das mir einen Vorteil verschaffen könnte. Etwas, um sie auszuspielen.
Eventuell sogar hilfreiche Informationen, um Lily vor Augen zu führen, dass sie sich von Potter distanzieren oder ihre Einstellung gegenüber andersartiger Magie überdenken sollte. Die Grenze zwischen gut und böse war nunmal keine gerade Linie.

Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt