𝟺𝟹 | 𝐴𝑙𝑙𝑦

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❧༺༻☙

Es geschah unmittelbar vor unserer Abreise.
Nachdem ich den Schlafsaal verlassen hatte, verspürte ich einen stechenden Schmerz im Arm. In meinem linken Unterarm.
Mein Herz stolperte, ehe es in unregelmäßigen Takten um sich schlug, als wollte es ausbrechen. Mit einem dumpfen Aufprall fiel mein Handgepäck zu Boden. Obwohl ich es zum ersten Mal erlebte, war mir sofort klar, was das zu bedeuten hatte.
Es konnte nur eines heißen. Das Bild des Todesser mit den schiefen Zähnen und dem noch krummeren Grinsen drängte sich unweigerlich in mein Bewusstsein. Du wirst spüren, wenn er nach dir ruft!
Es war soweit.
Er verlangte nach seinen Gefolgsleuten.

Ich hätte auf diesen Moment gefasst sein müssen. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit gewesen, dass er sich seine Verbindung zu seinen Anhängern - ob aus freien Stücken oder nicht - zunutze machte. Mir war bewusst, dass ich keine Ausnahme sein würde.
Ich konnte mich nicht ewig vor ihm verstecken.
Und trotzdem hätte ich nicht unvorbereiteter sein können. All die finsteren Stunden, in denen ich die Spuren der dunklen Magie zu heilen versuchte, waren umsonst gewesen.
Die Vorstellung an das Bevorstehende reichte aus, um die alten Wunden aufzureißen. Die Dämme brachen, als die Verzweiflung mich wie ein Wasserfall mitriss.
Ich konnte dem nicht entkommen.

Es war von Anfang an wie ein einzelnes Samenkorn, das in meine Seele gepflanzt wurde. Meine eigenen Tränen hatten es genährt, bis aus dem jungen Keim die reine Finsternis spross.
Es war unaufhaltsam.
Die Welt wankte. Es fühlte sich an, als würde ein Bergtroll auf meinem Brustkorb sitzen. Jeder Atemzug war schwer. Der Sauerstoff schien aufgebraucht, ganz gleich wie sehr ich mich bemühte, nach Luft zu schnappen. Eine Teufelsschlinge musste mir den Hals zuschnüren. Ihre Tentakel gelangten bis zu meinem Magen und umwickelten ihn - zweifellos bereit mich zu erdrosseln. Und meine Haut um das Dunkle Mal brannte lichterloh.

Die blanke Panik brach in mir aus.
Ich taumelte in den Gemeinschaftsraum. Die meisten Slytherins waren längst zum Bahnhof von Hogsmeade aufgebrochen. Die Tatsache, dass niemand von meinen Zustand Notiz nehmen würde, konnte mich nicht mehr trösten. Ich war in den tiefen Abgründen meines eigenen Geistes gefangen. Die Außenwelt konnte ich nur durch einen dichten Nebel wahrnehmen.
Alles begann sich zu drehen.
Meine Hand suchte nach dem stützenden Torbogen, der die Bereiche im Kerker voneinander abgrenzte, doch sie fand ihn nicht.
Ich verlor das Gleichgewicht und stürzte auf die Knie.

Was für eine Magie ist das?
Die körperlichen Blessuren würden mich zerreißen, wenn ich weiterhin Widerstand leistete.
Ich hatte keine Wahl. Ich musste seinem Befehl Folge leisten. Aber wie?
Ich konnte das nicht.
Alles in mir sträubte sich. Alles in mir schrie, dass es aufhören sollte.
Ich fühlte mich vollkommen gelähmt. Tränen stauten sich in meinen Augen, verschleierten meine Sicht.
War das jetzt das Ende?

Durch die Stille drang kaum hörbar ein Pochen zu mir durch. Schritte.
Ich konnte sie nicht orten. Sie mussten irgendwo ganz weit weg sein. Dort, wo der Nebel sie verbarg.
Aber sie wurden lauter.
Schwer atmend zog ich die Nase hoch. Kam er, um mich zu holen?
Mit einem Mal traten schwarze, polierte Anzugschuhe in meinen Sehwinkel. Langsam hob ich meinen Kopf.
Ich hatte mit vielem gerechnet, aber er gehörte nicht dazu.

Regulus Arcturus Black.
Es waren seine sturmgraue Augen, die mich stumm musterten. Als sich unsere Blicke trafen, blitzte so etwas wie Verwunderung in ihnen auf.
Die Art, wie er mich betrachtete, gefiel mir nicht. Er weiß es.
Er musste sofort begriffen haben, was ich in diesen endlos wirkenden Herzschlägen durchlebte. Aber woher konnte er das wissen, zumal er eben erst einen Fuß in den Raum gesetzt hatte? Die Antwort flüsterte mir das verständnisvolle Funkeln in seinen Iriden zu.
Weil ich dasselbe fühle.

Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt