𝟺𝟷 | 𝑆𝑒𝑣𝑒𝑟𝑢𝑠

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❧༺༻☙

„Zaubersprüche erfinden?" Lily blickte mich entgeistert an.
„Severus, ich weiß wirklich nicht, was in Merlins Namen du jetzt schon wieder gelesen hast, aber das..."
Sie suchte händeringend nach den richtigen Worten. „Das klingt nicht besonders vertrauenswürdig."
Wieso konnte eine simple und vollkommen harmlose Unterhaltung über die Unterrichtsthemen in Zauberkunst so aus den Fugen geraten? Schon wieder?

Wir hatten gerade erst den Klassenraum von Professor Flitwick hinter uns gelassen und die Diskussion brach abermals aus.
Dabei war es diesmal nur ein beiläufiges Erwähnen, dass der Schlüssel zum Erfolg bei der Perfektionierung von Verzauberungen in ihrer Erschaffung lag. Doch sie gab mir das Gefühl, ein schwerwiegendes Verbrechen begangen zu haben.
Jene Magier, welche die heute bekannten Zauberformeln hervorgebracht hatten, verfügten darüber, welche Bewegung des Zauberstabs die gewünschte Wirkung erzielte, welche Betonung des Spruchs die richtige war.
Mit der Fähigkeit, eigene Beschwörungen zum Leben zu erwecken, standen einem alle Wege offen. Eine logische Schlussfolgerung, nichts weiter.
Und ganz nebenbei würde man endlich ein bisschen mehr Spannung in dieses langweilige Fach bringen.

„Ich habe doch nicht behauptet, dass ich das unbedingt machen will, es ist nur-", versuchte ich mich zu erklären, doch sie schnitt mir unwirsch das Wort ab.
„Du denkst darüber nach. Das reicht. Du weißt doch gar nicht, was du damit alles anrichten kannst. Außerdem steht das nicht auf dem Lehrplan - in keinem Jahrgang. Das ist Grund genug, lieber die Finger davon zu lassen."
Sie blickte mich gar nicht mehr an, während sie mit mir sprach. Ihr Kopf war stur geradeaus gerichtet und ich eilte neben ihr her. Als wollte sie den Abstand zwischen uns wahren, jonglierte sie den Bücherstapel, den sie sich unter den Arm geklemmt hatte, auf ihre andere Seite - dort wo ich mich bemühte, ihr Schritttempo mitzuhalten.
„Ist sowas überhaupt rechtens?" Als wollte sie ihre Ansichten unterstreichen, legte sie nach ihren missbilligenden Worten die Stirn in Falten.

„Lily, ich meinte doch nur-"
„Nein, Severus! Spätestens jetzt müsstest du doch einsehen, dass da irgendwas faul dran ist. Aber du willst dich immer noch rechtfertigen! Sieh es doch ein, dass es hier, in Hogwarts, keine Berechtigung hat. Die Verantwortlichen werden sich schon etwas dabei gedacht haben, dass das in unserem Leben keine Rolle spielt. Mit Sicherheit sollte diese Fertigkeit nicht infrage kommen, ganz besonders nicht für uns. Das ist nichts, was jeder einfach so beherrschen sollte. Ich wette mit dir, das geht tief in die dunklen Künste!"
Was wäre so schlimm daran?, hätte ich am liebsten geknurrt, doch ich besann mich rechtzeitig.
Sie ließ mir keine Möglichkeit, meinen Standpunkt zu vertreten. Wut über ihre strikte Ablehnung staute sich in meinem Schädel. Der Druck dehnte sich aus, sodass ich ein leichtes Ziehen verspürte, das sich allmählich zu einem Pochen entwickelte.

„Das sieht euch Slytherins so ähnlich!" Mittlerweile hatte ich das Gefühl, sie führte ein Selbstgespräch. Eines, in dem sie alles und jeden, der sich für die Pfade abseits der Norm begeistern konnte, schlecht redete.
Ich wollte empört den Mund öffnen und ihr gleich einen Konter an den Kopf werfen, doch da wurde mir erst richtig bewusst, was sie eigentlich von sich gegeben hatte.
Überrumpelt presste ich meine Lippen aufeinander. Mir wäre ohnehin keine gute Erwiderung eingefallen. Jedenfalls keine, die ich nicht später bereuen würde.
Nicht die Nerven verlieren! Denk dran, du hast beinahe jede Chance verspielt. Diese könnte die letzte sein, erinnerte ich mich an den Ernst der Lage. Kontrolliere deine Gefühle,
diszipliniere deine Gedanken!

Das hätte Lily früher nie gesagt.
Ungeachtet der Tatsache, dass sie sich schon immer gegen die finstere Seite der Magie ausgesprochen hatte, wäre es ihr früher nicht im Traum eingefallen, deswegen ungerechtfertigte Schlüsse zu ziehen - über eine ganze Gruppe von Hexen und Zauberern, auf die das womöglich gar nicht zutraf.
Der Anflug von Trübseligkeit und Schwermut benebelte meine Sinne. Ich seufzte innerlich. Was war nur geschehen?
Potter. Die Antwort drängte sich sofort aus meinem Unterbewusstsein mit einem bitteren Beigeschmack in meinen Verstand. Es wäre mir lieber gewesen, sie wäre dort geblieben. Irgendwo eingesperrt in einer verlassenen Ecke, wo ich sie nie finden würde.
Hatte er sie vollends um den Finger gewickelt? Hatte er es geschafft, seine Vorurteile gegenüber meinem Haus in ihrer Seele zu verankern?

Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt