𝟹𝟽 | 𝐴𝑙𝑙𝑦

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❧༺༻☙

Es war unnatürlich still.
Den Verbotenen Wald zu betreten, war, wie durch ein Tor in eine völlig andere Welt zu schreiten. Eine kühle, gespenstische Welt, in der nur das Gesetz des Stärkeren galt. Sie war voller Schatten und Kreaturen der Nacht, die leichter Beute auflauerten. Sie hatte nichts mit jenem Ort zu tun, auf dem sie gesät worden war.

Das erste Zwitschern der Vögel verflog noch vor der Grenze. Nichts von der sich anbahnenden Wärme drang durch die breiten Stämme dieser uralten Bäume.
Ob es überhaupt jemals eine Zeit ohne sie gegeben hatte? Sie wirkten, als könnten sie alles überdauern. Als wären sie keine lebende Materie, sondern das Werk zwielichtiger Hexen und Zauberer.
Selbst tagsüber musste eine künstliche Dunkelheit das Sehvermögen eines jeden ungebetenen Gastes trüben. Anders konnte ich mir nicht erklären, warum nicht ein einziger Funken Licht das Unterholz oder gar die Erde erhellte.

Eine Gänsehaut überzog meinen gesamten Körper. Jeder Sinn war dermaßen geschärft, dass sich die Berührung eines Bowtruckle wie ein explodierender Kessel anfühlen würde.
Das war gerade keine blutige Duftspur, vermischt mit dem Geruch von Angst und Schweiß, die eben an meiner Nase vorbeigezogen ist, oder? Und dieser plötzliche Druck auf meiner Schulter ist bestimmt keine Acromantula, die sich von einem Zweig abgeseilt hat, nicht wahr?
Ich musste dem Drang widerstehen, mich wie ein nasser Hund zu schütteln.
Das ist nur in deinem Kopf, versuchte ich mir immer wieder einzureden. Das ist alles nur in deinem Kopf. Nichts davon ist echt.
Doch es half nicht. Ich konnte nicht aufhören, Dinge wahrzunehmen, die nicht real waren.

Bei jedem Knistern, ganz gleich ob es nur ein Ast war, der sich darüber beschwerte, dass ich ihn entzweit hatte, oder lediglich unsere Schritte auf dem toten Laub - ich zuckte zusammen und suchte alle Himmelsrichtungen nach potentiellen Gefahren ab.
Meine Hand hatte sich krampfhaft um einen Zauberstab geschlossen, dass meine Fingerknöchel allmählich zu schmerzen begannen.
Die beunruhigten Blicke von Remus entgingen mir nicht. Ich musste ihn mit meiner übermäßigen Vorsicht verunsichert haben, denn er warf ständig einen Blick zurück.
Er ließ sich in meinen Rücken fallen und prüfte immer wieder, ob wir blindlings in einen Hinterhalt spazierten.

„Du weißt nicht zufällig, wie lange es noch dauert, bis wir da sind, hab ich recht?", ergriff er nach einer Weile das Wort, nachdem wir uns unermüdlich durch dieses Mienenfeld vorgekämpft hatten - mit einer Geschwindigkeit, die man sonst nur bei einem Schnecken-Wettrennen bestaunen konnte.
„Keine Ahnung", antwortete ich wahrheitsgemäß. „Eigentlich kann es nicht allzu tief verborgen sein, so klar und deutlich wie ich das Tierwesen gehört habe."
Mit einem Nicken gab er mir zu verstehen, dass er es zur Kenntnis genommen hatte. „Aber um was für eine Art Tierwesen es sich handelt, hast du auf dem Schirm?"
Ich biss mir nervös auf die Lippe. „Also um ehrlich zu sein..."
„Du hast keinen blassen Schimmer", sprach Remus das aus, was ich zu verbergen versucht hatte.

Das schlechte Gewissen nagte an mir. „Es tut mir leid, ich wollte nicht-"
„Schon okay", unterbrach er mich und schob mit einem belustigsten Unterton noch hinzu, „Ich hoffe nur, es ist keines der höchsten Klassifizierungen.
Es sieht vielleicht nicht immer so aus, aber ich hänge doch schon sehr an meinem Leben."
Ein Schmunzeln angesichts seines ungebrochenen Feingefühls, mich mit einer solchen Leichtigkeit aufzuheitern, konnte ich mir nicht verkneifen. „So dramatisch wird es bestimmt nicht. Das Schlimmste, was in diesen Wäldern wohnt, sind Werwölfe und vielleicht noch Acromantulas. Aber die verstecken sich viel tiefer, im Herzen dieses Labyrinths.
Wir kratzen nur an der Oberfläche."
„Na, dann bin ich ja beruhigt. Wenn ich das Gefährlichste bin, was dieser Ort zu bieten hat, kann es nur besser werden", witzelte Remus weiter.
Das hoffe ich zumindest..., ergänzte ich im Stillen und erforschte sogleich wieder unsere Umgebung.

Sectumsempra | S. SnapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt