Als der große, schwarze Reisebus endlich da war und alle Koffer und Reisetaschen hinter der Gepäckklappe im Laderaum verschwunden waren, gab es beim Einsteigen ein ziemliches Gedrängel.
Die Plätze ganz hinten und ganz vorne waren am schnellsten besetzt.
Lisa, Hannah und ich erwischten zwei Zweiersitze direkt hintereinander im mittleren Teil des Busses. Das gefiel mir, denn so waren wir weit genug weg von den Lehrern, die natürlich ganz vorn saßen und wurden trotzdem nicht so doll durchgeschüttelt, wie hinten auf der letzten Reihe. So würde Lisa die Fahrt hoffentlich überstehen, ohne sich übergeben zu müssen.
Lisa saß am Fenster und ich neben ihr am Gang. Hannah saß hinter uns und kam mit ihrem Kopf ganz nah an den Schlitz zwischen den Sitzen, sodass wir gut miteinander plaudern konnten.
Lisa winkte ihren Eltern und drückte sich dabei fast ihre zarte, kleine Stupsnase an der Scheibe platt. Sie hatte genauso butterblondes Haar wie ihre Mutter, nur war ihres im Gegensatz zu dem ihrer Mutter, kein wüster Lockenberg, sondern ganz akkurat zu einem Zopf geflochten. Ich staunte jedes Mal, wie viele Flechtvarianten Lisa drauf hatte. Heute hatte sie sich einen tollen Fischgrätenzopf geflochten, in dem jede einzelne Haarsträhne ordentlich an ihrem Platz war und nirgends ein Härchen hervorlugte, wo es nicht sein sollte. Meine Haare waren hingegen so störrisch, dass noch nicht mal ein Zopf sie hätte bändigen können. Daher sparte ich mir die Mühe und raffte meine widerspenstigen, dicken, kastanienbraunen Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammen. So auch heute. Ich konnte über Lisa hinweg einen Blick auf meine Mutter erhaschen, die tatsächlich bis zu letzt geblieben war. Ein Taschentuch zum Winken hatte sie aber zum Glück nicht in der Hand.
„Hallo an Bord Kinners!", ertönte nun aus den Lautsprechern über uns die laute und poltrige Stimme des Busfahrers. „Bevor es gliecks los geht, habe ich kurz was zu schnacken. Aber nun mal eins nach'm anderen. Dat Klo bleibt zu, dat riecht sonst nach Jüüch. De Müll bitte mit raus nähmen, wenn wir Pause machen." Dann erklärte er in seinem breiten Dialekt noch, dass wir die Klimaanlage über unseren Köpfen regeln können und uns während der Fahrt anschnallen sollen, aufgrund der bestehenden Gurtpflicht. Kaum hatte er das mit der Klimaanlage erwähnt, gingen fast alle Hände nach oben und jeder fummelte an seinem Gebläse herum, den Gurt legte hingegen trotzdem niemand an.
Als es dann endlich losging, kramte ich meine Kopfhörer aus dem Rucksack, um mir meine K-Pop-Playlist an zu machen. Ich fragte Lisa, ob sie mithören wolle, aber sie wollte lieber Shawn Mendes hören.
Bei Shawn Mendes musste ich an Noah denken, mit diesen dunklen Locken und dem eher schmalen Gesicht mit der geraden Nase, sahen sich die beiden unglaublich ähnlich. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich meinen können, sie seien miteinander verwandt. Ich ließ mich also umstimmen und lauschte zusammen mit Lisa dem eingängigen Liebes-Schnulzen-Pop von Shawn Mendes und mein Herz und meine Stimmung hüpften mit zum Beat. Meine Augen suchten ganz von alleine immer wieder Noah. Der saß zufällig schräg vor mir, über den Gang. Seine Kumpels Christian und Eric saßen auf der anderen Seite des Gangs genau neben mir und Lisa. Sie zockten irgendwas auf ihren Handys. Und Noah drehte sich immer wieder zu den beiden um und sie lachten dann.
Saß Beatrice neben ihm? Ich konnte es nicht sehen. Jetzt spielte er jedenfalls die ganze Zeit mit seinem Handy. Ich sah mich möglichst unauffällig von meinem Platz aus im Bus um, konnte Bea aber nirgends entdecken. Wenn sie wirklich neben ihm sitzt, scheinen sie sich zumindest nicht viel zu sagen zu haben. Vergnügt lauschte ich weiter den Liedern von Shawn Mendes.
Als Shawn in meinem Ohr mit seiner butterweichen Stimme aber „If I can't have you" anstimmte, wurde es mir zu viel. Ich nahm den Kopfhörer aus meinem rechten Ohr und gab ihn Lisa, die mich mit großen Augen ansah „Gefällt's dir nicht?", fragte sie. „Doch" sagte ich „aber ich höre jetzt erstmal meine Musik."
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Der Ruf des Meeres (Ateez, Hongjoong)
Fanfiction"Willkommen auf meinem Schiff!" Die Worte, gesprochen von einer melodischen aber eiskalten Stimme, durchdrangen die Dunkelheit um mich herum und vermittelten mir das Gefühl, einsam in den tiefen Weiten des dunklen Ozeans zu treiben, mühelos, von d...