21. Oktober 2022: Rettung?

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Freisein hatte er gesagt, doch es war das genaue Gegenteil. Gefangen von eiskalter Finsternis sank ich immer schneller. Meine Lungen wölbten sich nach außen, als würden sie gleich zerplatzen und eine stählerne Stille drückte die Trommelfelle nach innen. Der Druck quetschte meinen Körper wie die Klammer eines Schraubstocks, die immer enger gestellt wird mit dem Ziel, mir die Seele aus dem Leib zu pressen.

Das Astrolabium kennt den Weg. Immer.
Opa. Seine Worte plätscherten durch meinen versinkenden Geist wie ein lebendiges Bächlein. Mein Bewusstsein versuchte zu folgen, doch das Bächlein war zu flink. Mit letzter Kraft tastete ich nach dem Band und zog, doch weder sah ich die kreisrunde Scheibe, noch spürte ich Leder, Metall oder das eisige Wasser, das durch meine Finger strömte.

Vielleicht hatte ich es verloren. Auf jeden Fall war ich verloren in dieser eisigen Dunkelheit. Das Astrolabium hatte mich in den Tod geführt und nun versank es mit mir.




Wellen schwappten,

malten Kreise.

Unermüdlich.

Das eisige Wasser hatte längst aufgehört wehzutun. Irgendwann hatte es mich in Ruhe gelassen.
Doch nun war es wieder da. Nur anders.

Sanft aber entschlossen störte es die Stille. Zuerst waren die Wellen schwach und ließen sich ignorieren. Aber sie hörten nicht auf, setzen ihr beharrliches Spiel fort bis ein Schauer über mich schwappte; nicht eisig, sondern warm. Kribbelnd. Und da spürte ich ihn. Den Schmerz. Ein schmerzhaftes Ziehen und Brennen in Bauch, Rücken, Armen und Beinen. Ich spürte meinen Körper! Die Wellen zerrten und zogen an ihm und waren doch nicht grob. Sie betasteten meine Haut, spielten in meinen Haaren, streichelten meine Wangen und meinen Hals. Und dort, wo sie tanzten, strömte Hitze in meine Adern.

Es tat weh und war doch so gut, dass ich wünschte, es würde nicht aufhören.

Die Wellen umkreisten nun sanft meine Ohren, unermüdlich, bis es darin rauschte und knackte. Sie spielten mit meinen Sinnen, um sie zu wecken. Es nervte ein bisschen, denn der Eisblock, der in meinem Herzen thronte, verlangte nach Stille.
Die Wellen spürten das, denn sie schwappten an mein Brustbein. Die Wärme, die sie mitbrachten, war Balsam für meine geschundene Lunge und das Kribbeln in mir steigerte sich, als sie sie mit ihrer Energie füllten.
Und sie fuhren beharrlich fort. Sie zogen Kreise um meine Brust, direkt über dem Herz. Sie drückten und schoben, drängten sich mit Inbrunst gegen das Eis hinter der Haut. Und aus jeder ihrer Berührungen schoss Hitze.

Ich muss was tun! Der Gedanke glich einem Kurzschluss, der nicht zündete, denn ich blieb gefangen im Spiel zwischen Eis und Hitze.

Bis ich ihn hörte, den Ruf. Verheißungsvoll. Und doch entfernt. Ein Ruf von weit - von einer Insel im subtropischen Meer vielleicht. „Iliana!"

Die Stimme. Sie rief meinen Namen. So melodisch, klar und kraftvoll. Sie war mir bekannt, aber ich erinnerte mich nicht. Sie klang wie der Ozean. Das Meer selbst rief nach mir. Immer wieder. Doch Muskeln, Nerven, Gedanken, alles war schwer - mit dickem Eis gefüllt. Doch Eis kann Risse bekommen und brechen.

Und da begriff ich. Ich konnte leben! Alles, was ich tun musste, war dem Ruf zu folgen und zu kämpfen!

Der Schmerz war entsetzlich. Die Wellen vermochten ihn zu lindern, solange ich verharrte, doch wenn ich zurück wollte, musste ich mich durch ihn hindurch kämpfen. Meine Lungen brannten höllisch. Doch wenn ich Lungen hatte, konnte ich auch atmen.

Also atme, Iliana, atme! Los!Tue es! Kämpfe!

Ein Beben erschütterte meinen Brustkorb, doch meine Luftröhre weigerte sich, sich zu öffnen, mein Hals loderte von innen heraus. Doch ich erhöhte den Druck. Ich wollte leben - um jeden Preis, und lud das Feuer und den Schmerz dazu ein. Das Beben steigerte sich und schüttelte meinen ganzen Körper. Die Flammen entzündeten ein Feuer, das in meiner Luftröhre brannte. Die Angst wieder zu ersticken, drohte mich zu lähmen, doch ich blieb dabei, ließ das Feuer nicht los und versuchte weiter angestrengt zu atmen, bis ich ein ersticktes Keuchen vernahm.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 3 hours ago ⏰

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Der Ruf des Meeres (Ateez, Hongjoong)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt