Wir gingen unter Deck. Doch statt dem langen Gang bis zur Messe zu folgen, öffnete der Pirat eine Tür weiter vorn und forderte mich auf, einzutreten.
Die Kombüse! Was auf den meisten Segelschiffen aus dieser Zeit ein kleines Kabuff war, hatte hier die Maße eines weiteren Versammlungsraums. Doch trotz der vier Fenster, durch die ich das Meer sah und dem Feuer, das in einem offenen Kamin in einer Ecke brannte, wirkte der Raum düster und unwirklich. Staub waberte durch die Luft und die Holztische und Schränke waren vollgestopft mit Töpfen, Pfannen und tönernem Geschirr. Und dazwischen - Waffen. Ein Gewehr baumelte von der Decke, eine Armbrust lehnte am Tisch, Dutzende Stichwaffen lagen kreuz und quer auf den Regalen verteilt.
„Habt ihr keine Waffenkammer?" Neugierig ließ ich den Blick schweifen.
„Doch. Dort lagern die schweren Geschütze." Seonghwa schob sich an mir vorbei. „Das wichtigste bei Waffen ist, dass man sie griffbereit hat", erklärte er und griff wie zum Zeichen nach dem von der Decke hängenden Gewehr.
Den Moment, als er das gute Stück einer näheren Prüfung unterzog, nutzte ich, um meinen Blick rüber zu den Schränken huschen zu lassen. Würde es auffallen, wenn ich mir einen Dolch unter den Pulli schob? Doch als ich aufsah, erblickte ich direkt die wachsamen Augen des ersten Maats.
„Noch wichtiger ist natürlich, dass man keinen Blödsinn damit macht." Allein sein Tonfall löschte jeden Funken Rebellion und zündete dennoch ein Feuer, das mein ganzes Gesicht in Brand steckte.
„Richtig." Mit hoffentlich neutralem Ausdruck nickte ich. Noch wusste ich nicht, ob der erste Maat über die gleiche Gabe verfügte wie Hongjoong und solange das so war, musste ich vorsichtig sein. Doch selbst wenn er nicht Gedanken lesen konnte – meine Wangen straften mich Lügen. Zur Sicherheit drehte ich mich weg.
Doch Seonghwa gab vor, nichts zu bemerken. Mit einem gutmütigen Lächeln zog er ein Tuch aus seiner Weste und rieb damit sanft über den Lauf des Gewehrs.
„Was kocht ihr denn hier?" Um zu vermeiden, dass er vielleicht doch meine Gedanken las, entfernte ich mich weiter von ihm. Außerdem überfiel mich jedes Mal eine Gänsehaut, wenn die Piraten so selbstverliebt mit ihren Waffen hantierten, wie Bea mit ihren Nagelfeilen. Die Wärme des Kamins aus der Ecke kam einer Einladung gleich, die ich dankbar annahm.
Beim Näherkommen sah ich, dass die Wände rund um die Feuerstelle mit Backsteinen ausgekleidet waren. Brandschutz anno 1700.
Hinter mir hörte ich Seonghwa Luft holen. Ich spähte über die Schulter und sah, wie der Pirat das Gewehr an seine Lippen hielt und Staub vom Steinschloss pustete.
Schnell drehte ich mich wieder um, dabei verfing sich etwas in meinen Haaren und ich hätte fast aufgeschrien: Gespinste aus Jahrhunderte alten Spinnwebe schwebten über der Kochstelle und die Pfannen und Töpfe, die an Nägeln an der Wand baumelten, bedeckte eine daumendicke Staubschicht.
Hektisch fuhr ich mit den Fingern durch meine ohnehin schon verwuschelten Haare, es knisterte an meinem Ohr und der Schauder lief mir mit tausend Spinnenbeinen über den Rücken.
„Fettspinnen", sagte Seonghwa in diesem Moment und ich wusste nicht, was ich schrecklicher fand: die Vorstellung, das monströse Spinnen auf meinem Kopf saßen, oder die Entdeckung, dass hier anscheinend seit Jahrhunderten nicht gekocht wurde.
Ich meine, DAS waren doch keine Geister!
Ich hörte Seonghwas Kichern und sah, wie er sich umdrehte, um das Gewehr wieder aufzuhängen. Mein Blick bohrte sich in seinen Rücken; genau zwischen seine Schulterblätter. Seine sehnigen Muskeln zeichneten sich an Schultern und Nacken deutlich ab und die bestickte Weste hob und senkte sich mit jedem Atemzug.
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Der Ruf des Meeres (Ateez, Hongjoong)
Fanfic"Willkommen auf meinem Schiff!" Die Worte, gesprochen von einer melodischen aber eiskalten Stimme, durchdrangen die Dunkelheit um mich herum und vermittelten mir das Gefühl, einsam in den tiefen Weiten des dunklen Ozeans zu treiben, mühelos, von d...