Kapitel 13

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Samuel

Freitag sah ich Hope gar nicht in der Schule. Und inzwischen ist es Samstag. Der Rest von unserem Rudel kam heute endlich an und zudem müssen wir heute alle ins Theater. Wir haben in Englisch das Buch "Der Besuch der alten Dame" als Thema. Dementsprechend wurde im Theater entschieden das Musical zu spielen. Ich bin ganz froh darüber, da ich das Buch nicht kenne und so dann etwas die Handlung kennen lerne. Die gesamte Stufe geht heute in die Premiere. Auch die vier anderen Rudelmitglieder aus meiner Stufe sind jetzt da, sodass sie auch mitkommen können. Meine zukünftige Gamma Lola und mein Tic Louis, beides Geschwister, sind auch endlich da. Sie haben zusammen mit dem Beta meines Vaters dafür gesorgt, dass alles klappt in unserem alten Gebiet. Wir mussten es leider verlassen, da der Staat entschieden hat, das eine Bahnstrecke genau durch unser Gebiet und das Gebiet unseres Nachbarsrudel geht. Auch wenn alles in unserem Besitz war, konnten wir nichts dagegen tun. Da wir dadurch aber nicht mehr frei unsere zweite Natur ausleben können, entschieden wir umzuziehen. Unser ehemaliges Nachbarsrudel ist ebenfalls in der Verhandlung hier her ziehen zu dürfen.

Da unser Rudel nun endlich vollständig hier ist, ist es noch recht chaotisch. Überall läuft jemand mit Kartons herum. Und immer wieder werde ich irgendetwas gefragt. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie oft ich die ein und dieselbe Frage schon beantworten musste. Aber ja, wir wussten, dass es kompliziert wird, wenn wir mit ein paar Hundert Menschen umziehen. Ich bin gerade auf dem Weg zu der ersten Versammlung hier. Mein Vater hatte dafür eine Lichtung ausgesucht, die sehr schön war. Ich stellte mich neben meinem Vater auf und schaute auf das Rudel. Wir waren zwar nicht so viele, wie die anderen beiden Rudel hier, aber dafür hatten wir gute und starke Krieger. Außerdem hatten wir für die erste Zeit einen Friedensvertrag auf Probe mit den anderen beiden Rudel. Sofern alles gut läuft, haben sie uns schon zugesichert, dass es dann feste Verträge werden.
"Liebes Rudel, ich bin sehr froh, dass wir endlich wieder alle an einem Ort sind. Nach langer Suche und quälenden Monaten, in denen wir kaum laufen gehen konnten, sind wir nun endlich an einem Ort wo es wieder möglich ist. Heute um Mitternacht veranstalten wir einen Rudellauf, damit ihr alle das Gebiet kennenlernt. Leider erst so spät, da einige Schüler heute ins Theater gehen." ein Raunen geht durch das Rudel, als mein Vater dies nennt. Eigentlich gehen nur meine Eltern ins Theater, daher sind dann doch einige überrascht, dass welche gehen. "Ich weiß nicht, ob noch Karten da sind. Es ist die Premiere und die Stücke sind sehr gefragt. Daher ist der Lauf auch erst so spät. Und jetzt genießt das Willkommen-Essen." und damit eröffnet mein Vater das Buffet, was die Frauen hier schon vorbereitet hatten. Mein Blick streift über die Mitglieder und bleiben schließlich bei Lola und Louis stehen. Irgendwie sieht Lola nicht so gut aus. Besorgt gehe ich zu den beiden. "Hey ihr beiden. Schön euch endlich hier zu haben." Sie lächeln mich beide an. "Lola, geht es dir gut?" frage ich sie schließlich. Sie verdreht die Augen und Louis schüttelt den Kopf "Sie hat sich heute übernommen, als sie die Möbel ins Haus geschleppt hat. Dabei hat sie sich verrenkt." "Habe ich gar nicht!" Louis zieht eine Augenbraue hoch und berührt sie am Rücken. Fast sofort zuckt Lola zusammen und schlägt nach Louis. Dieser kann gerade so noch ausweichen. Ich schmunzle und sage dann "Lola ruhe dich heute aus, sodass dein Wolf es heilen kann. Bleibe heute hier und vielleicht kannst du dann mit zum Rudellauf." Einsichtig nickt sie und geht dann zum Buffet. Schmunzelnd sehe ich ihr nach.

Irgendwie bin ich aufgeregt, als wir alle zum Theater fahren. Endlich sehe ich meine Mate wieder, auch wenn wir vielleicht nicht mehr zusammen kommen, so möchte ich doch, dass es ihr gut geht. Kai und Louis reden die ganze Zeit über etwas, doch bekomme ich es nicht wirklich mit. Nervös setzte ich mich auf meinen Platz. Die letzten zwei Reihen sind von uns Schülern besetzt. Meine Eltern finde ich ein paar Reihen weiter vorne. Ich schaue mich weiter um, doch kann ich weder Hope noch Max finden. Niedergeschlagen lasse ich mich in den Sitz sinken. Das Licht im Saal wird dunkler und der Vorhang geht auf. Die Musik beginnt.

Wow, der Einstieg ist schon einmal bombastisch. Das Bühnenbild sieht auch super aus. Und dann trifft Alfred Ill Claire Zachanassian. Ich richte mich mehr im Sitz auf, als die junge Clair erscheint, denn das ist Hope. Eigentlich hätte ich es mir denken können, da die ältere Version von ihrer Mutter gespielt wird.

Sie spielt atemberaubend. Sie ist fantastisch. Und dabei fällt mir ein, dass ich sie schon einmal spielen gesehen habe, als Christine Daeé. Was mir aber blöd aufstößt, ist dass Max den jungen Alfred Ill spielt. Jetzt sind sie nicht nur im echten Leben ein Paar, sondern auch noch auf der Bühne.

Bei dem Lied läuft mir ein Schauer über den Rücken. Was wenn Hope auch so denkt? Ich habe sie zwar nicht so verraten, aber ich habe sie abgelehnt und unter Werwölfen ist das mit Verrat am Rudel gleichzusetzen, insbesondere bei dem Alphapaar, wenn dadurch das Rudel zerfällt.

Vielleicht kann sie mir ja irgendwann verzeihen und wir können es zusammen versuchen. Das wäre schön.
Nur schwer kann ich mir ein Knurren verkneifen, als ich sehe wie sich die beiden Küssen. Hoffentlich ist das nur ein Bühnenkuss. Einen richtigen Kuss könnte ich nicht ertragen. Ich bekomme einen Ellenbogen in die Seite gerammt. "Alter, was soll das?" flüstere ich Louis wütend an. Genauso leise antwortet er "Was das soll? Deine Augen leuchten." Überrascht schaue ich ihn an. Wie können sie leuchten? Ich spüre Yoki nicht, also können sie auch nicht leuchten. Warum leuchten sie jetzt?

Es ist wirklich Wahnsinn, wozu Menschen fähig werden, wenn es ums Geld geht. Da schüttelt es mich regelrecht. Ich mein, ich kann sie auch irgendwie verstehen, dass sie Rache will, aber so? Das ist auf so vielen Wegen falsch. Hoffentlich ändert sie ihre Meinung noch und zieht ihr Angebot zurück.

Da denkt man doch, jetzt hat sie ihre Meinung geändert und dann kommt wieder das nächste und sie geht wieder auf Distanz. Ich wüsste selbst nicht wie ich als Clair handeln würde, aber als Dorfbewohner, hoffe ich jedenfalls. Gut ich bin nicht in deren Situation, aber ich hoffe, ich werde nie für jemanden Tod wählen, wenn es auch andere Wege gibt.

Als das Stück schließlich endet, bin ich sprachlos. Das Buch endet wirklich so? Das... ich weiß nicht. Aber was ich weiß ist, dass das Stück ansonsten genial war. Die Stimmen, die Musik, einfach alles hat gepasst. Und das sehe nicht nur ich so. Beim Schlussapplaus stehen alle auf und Jubeln und klatschen. Mit einem Hochgefühl gehe ich aus dem Theater. Wir müssen uns leider beeilen, um zum Rudellauf zu kommen. Ich wäre lieber bei der After-Party, aber ich als nächster Alpha darf nicht fehlen. Bevor ich also ins Auto steige, schaue ich zurück zum Theater und denke an Hope. Du warst wunderbar.

Aber ich bin ein WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt