Kapitel 19

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Hope

...s regnet. Ein warmer Sommerregen am Abend. Höre ich die flötende Stimme von Faith. Grinsend öffne ich meine Augen und mache meinen Mund auf, um etwas zu erwidern, als mir Faith den Mund zu hält. Was ist los? frage ich sie daher über den Mind-Link.
Er ist gerade eingeschlafen und wir werden ihn nicht wecken. Dabei zeigt sie auf ein riesiges cremefarbenes Fellknäuel, welches direkt neben meinem Bett liegt. Der Kopf liegt dabei unbequem auf meinem Bett, direkt neben meiner Hand. Wer, doch dann rieche ich den Regenduft und weiß, dass es Samuel ist. Fast sofort kommen die Erinnerungen wieder. Alles gut, es ist alles in Ordnung. Beruhigt mich Faith. Was ist passiert, als Mom und Dad kamen?
Mom hat dich schlafen lassen und Dad ist Samuel an die Kehle gegangen. Es tut mir Leid Hope, aber ich musste ihnen die Wahrheit sagen.
Ich nicke, wende mich aber dem Wolf zu und schaue, ob er Verletzungen hat. Als meine Finger sein Fell berühren, schnurrt Tara wohlig auf und ich muss das plötzliche Verlangen, mich zu wandeln und an ihn zu kuscheln zurück drängen.
Ihm ist nichts passiert. Er hat uns alles aus seiner Sicht erzählt.
Fragend schaue ich sie an.
Das wird er dir selber erklären müssen. Er hatte uns die Wahrheit erzählt, weil Mom ihm das befohlen hat. Dad wird ihm so schnell nicht verzeihen, aber er lässt dich entscheiden. Bei Yoki sieht es anders aus. Dad hat Respekt vor ihm, da er sein Leben riskiert hat, um dich zu schützen.
Wie das? Und wer ist Yoki?
Yoki ist der innere Wolf von Samuel. Er hat sich so weit zurückgezogen wie es ihm möglich war, damit Samuel seinen Fehler nicht bemerkt. Dad hat mir erzählt, dass dies sehr gefährlich sei, besonders für Alphawölfe. Machen sie das zu lange, kann es passieren, dass sie sich von der Seele des Menschen trennen und zu Luna zurückkehren. Für den Menschen ist es dann so, als würde ihr Seelentier sterben, nur viel brutaler, da sie sich trennen, aufgrund vom Rückzug.
Bestürzt schaue ich zu dem Wolf, der meinem Wolf sehr ähnlich sieht, abgesehen von der Größe. Komm jetzt, es regnet immer noch und wer weiß, wie lange es noch hell ist. Yoki braucht auch die Ruhe. Fordert mich Faith auf. Ich nicke und stehe langsam und vorsichtig vom Bett auf. Ich kann es mir aber nicht nehmen und nehme mein Kopfkissen und lege es auf den Boden. Vorsichtig nehme ich dann Yokis Kopf und lege ihn langsam aufs Kissen. Yoki schnurrt kurz, eher er seine Nase tiefer in mein Kissen vergräbt. Ich muss lächeln und folge dann Faith.

Jeden Sommer, wenn es regnet kann man uns mitten im Regen tanzen sehen. Wir lieben das Gefühl dabei und haben irgendwie das Rudel damit angesteckt. Als ich jetzt auf die Terrasse komme, sehe ich fast das ganze Rudel dort stehen. Die meisten haben nur wenig an. Ich lächle zaghaft. Dann kommt Max auf mich zu und zieht mich in eine starke Umarmung. "Warum hast du nichts gesagt?" "Ich hatte Angst." Er nickt und löst sich wieder von mir. Dann lächelt er und gibt ein Zeichen, woraufhin Musik ertönt. Ich lasse mich von Faith in die Masse ziehen und es dauert nicht lange, bis wir alle ausgelassen mit singen und wild tanzen. Besonders als "Monika" gespielt wird, da man dazu echt gut mittanzen kann.

(Das Musical "Ku'damm 56" ist übrigens auch als Gesamtaufnahme in der ZDF-Mediathek zu finden. Anmerkung für die jüngeren Leser*innen: Schaut das Musical bitte mit euren Eltern, da einige spezielle Themen behandelt werden.)

Ich kann inmitten des Rudel endlich wieder lachen. Das habe ich dringend benötigt, ein bisschen Rudel-Time. Ich spüre durch das Rudelband, dass es auch den anderen so geht. Insbesondere weil ich wohl über eben jenes Band meine Gefühle freien Lauf gelassen hatte und jeder meinen Schmerz spüren konnte.

Als die Sonne untergeht, fangen die ersten an sich zu verabschieden. Aber meine Familie und Max sind noch hier, genau wie einige anderen aus unserem näherem Umfeld. Mein Dad sitzt auf der Terrasse und sieht uns glücklich zu. Auch Jacob hüpft fröhlich herum. Als ich ein Kribbeln in meinem Nacken spüre, bleibe ich stehen und drehe mich um. In der Tür steht Samuel und reibt sich verschlafen die Augen.

Als sich unsere Blicke treffen, verharrt er in seiner Bewegung. Doch plötzlich geht ein Ruck durch ihn und er kommt zügig zu mir. Unsicher steht er vor mir und überlegt wohl, wie er es angehen will. Dann kniet er sich vor mir hin und neigt seinen Kopf. Erschrocken ziehen alle anderen die Luft scharf ein. Ein Alpha kniet vor niemandem, nicht mal vor der Luna. Er neigt vielleicht seinen Kopf, aber ganz sicher kniet er nicht. "Hope, ich bitte hiermit um Entschuldigung für mein feiges und dummes Benehmen. Auch wenn es dafür keine Entschuldigung gibt. Ich hoffe du wirst mir irgendwann eine Chance geben und vielleicht kannst du mir auch irgendwann verzeihen." Er zeigt mir nun seine Kehle und ganz ehrlich, ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Vor mir hat sich noch niemand unterworfen. Im Gegenteil, als Omega bin ich der unterste Rang im Rudel. Nur Dank meinem Vater werde ich respektiert und dadurch kamen auch andere Omegas in unser Rudel, die akzeptiert werden.

Hilfesuchend schaue ich zu meiner Familie, aber die schauen auch alle sprachlos aus. "Ähm, Samuel ich kann dir darauf keine Antwort geben." Betrübt nickt Samuel. "Ich verstehe." flüstert er leise. Oh man. Nun knie ich mich ebenfalls vor ihm hin, damit wir auf Augenhöhe sind. "Ich glaube nicht. Ich kann dir keine Antwort geben, weil du mir noch nicht erklärt hast, warum." Seine Augen weiten sich, bevor er schuldbewusst seinen Kopf wieder hängen lässt. "Es war dumm und vor allem feige." "Das erklärt es immer noch nicht" sage ich und lächle ihn aufmunternd an. Tara in mir wedelt aufgeregt und gespannt mit ihrer Rute. Sie freut sich, über den Kontakt mit unserem Mate, der es anscheinend jetzt endlich gecheckt hat.

Er blickt unsicher zu meinem Vater. Ich folge seinem Blick und sehe meinen Vater der seine Hände zur Faust geballt hat. Meine Mutter bemerkt unsere Blicke und sammelt meine Geschwister und Dad ein. "Wir sind drinnen, falls du uns brauchst Liebling." Auch die anderen verschwinden nun. Ich nicke meiner Mom dankbar zu, ehe sie die Terrassentür schließt. Auffordernd schaue ich zu Samuel.

Als er schließlich seine Ausführungen beendet schaue ich ihn an, ehe mich die Wut überkommt. "Warum denken eigentlich alle, dass man mich schützen muss? Nur weil ich eine Omegawölfin habe, bin ich noch lange nicht wehrlos. Ich kam 16 Jahre auch ohne meine Wölfin zurecht, weil sie noch nicht erwacht war. Abgesehen davon habe ich immer noch mein Rudel im Rücken, die mich bei allem unterstützen würden, wenn ich sie fragen würde. Ich bin nie alleine und doch denken alle, ich brauche Schutz. Und das sosehr, dass mein Mate mich lieber ablehnt, als mit mir zu sprechen! Wir hätten eine Lösung gefunden verdammt!" Während meinem Monolog haue ich ihn hin und wieder auf die Brust. Er lässt alles über sich ergehen. "Es tut mir Leid. Die Omega die ich kenne, brauchen Schutz, jedenfalls bis mein Vater mit ihnen gesprochen hat. Seitdem sind sie auch viel selbstständiger." Ich schnaube wütend aus. Luna, was soll ich darauf erwidern?

Aber ich bin ein WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt