Kapitel 30

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Hope

Einen so unangenehmen Flug hatte ich auch noch nicht. Da ich nicht sprechen durfte, hat auch Sam kaum gesprochen. Seine Verwirrtheit war so greifbar, dass mir alles einfach nur noch leid tat. Für ihn ohne bisherigen Grund, musste er seine Taschen packen und mit mir mitfliegen. Seinen Eltern oder auch Freunden durfte er nichts erzählen und das alles durch den Befehl meiner Mutter.

An einem kleinen Flughafen irgendwo in Kanada steigen wir schließlich nach einem Umstieg aus. Wir holen unsere Reisetaschen und gehen dann raus. Kaum bin ich draußen, entdecke ich Tante Marie. Besorgt aber auch mit einem kleinen Lächeln begrüßt sie mich. "Hallo Hope. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Eigentlich wollte meine Tochter euch abholen, aber sie wird auf dem Gestüt gebraucht." Ich nicke und zeige dann auf Sam. "Ah, du musst dann Sam sein, der Mate von Hope oder?" "Ja, aber woher wissen sie das?" fragt er verwirrt. Marie schmunzelt "Das erkläre ich, sobald wir bei dem Gestüt sind. Dann kann Hope auch wieder sprechen." Damit zieht uns die ältere Frau mit überraschender Kraft zum Auto.

Beim Pickup rutsche ich in die Mitte der Sitzreihe. Marie setzt sich hinters Steuer und tätschelt mein Bein. "Es wird schon alles gut werden. Und anders als bei deine Mutter, ist dein Mate dabei. Das bedeutet, wir werden keinen Zeitdruck haben, auch wenn wir natürlich versuchen es möglichst schnell dir beizubringen." Dankbar lächle ich sie an. "Also war Luna Aimee auch schon in der Situation?" fragt Sam, der nun auch eingestiegen ist. Ich nicke und Marie beginnt zu erklären "Sie hat es eher als Fluch gesehen gehabt und hatte lange geschwiegen, bis sie zu mir kam. Dadurch ist sie vor ihrem Mate geflüchtet und dieser ist etwas durchgedreht, weil er seine Mate nicht finden konnte." Sam schluckt schwer. "Also hätte es auch sein können, dass Hope alleine hierher gekommen wäre?" Bei seinen Worten verkrampft er sich. Um ihn zu beruhigen, greife ich nach seiner Hand. "Ja, es kommen eigentlich keine anderen Wesen zu uns. Die einzigen Ausnahmen waren bisher der Mate von Aimee und ihr Vater, also der Mate von ... *Seufz*. Ich habe mit ihr das Gestüt gegründet." Nun berühre ich auch Marie am Arm, woraufhin sie mir ein dankbares, aber trauriges Lächeln zuwirft.

Danach verläuft die Fahrt still weiter. Nach einiger Zeit kommen wir dann an und Marie parkt. Kaum sind wir ausgestiegen, werde ich auch schon in die Arme von Marah gezogen. "Hope, ich freue mich so, dich wieder zu sehen. Das letzte mal war ich 11 und du 8, das ist viel zu lange her." Ich nicke bestätigend. "Du kannst wieder sprechen Liebes. Hier kannst du keinem mehr schädigen." spricht Marie und geht zur Ladefläche. "Und Sam?" flüstere ich leise. Marah atwortet "Der ist dein Mate. Deine Wölfin würde es zum einen nie zulassen und zum anderen können wir Flüsterer unseren Gefährten nichts befehlen, was ihnen schadet. Mom gib mir die Taschen. Die sind doch viel zu schwer." Erbost schnauft Marie auf "Na hör mal, ich bin 65, nicht schwer krank."

Während Marie und Marah diskutieren, fällt mein Blick auf Sam, der erstarrt ist. "Sam? Alles gut?" frage ich vorsichtig nach. "Hat, hat sie Flüsterer gesagt?" Ich nicke langsam. "Du bist eine Flüsterin?" fragt er fast schon sprachlos. "Anscheinend" fange ich an, doch er unterbricht mich. "Anscheinend? Wie kann man das nicht wissen?" fragt er irritiert. "Das hängt mit dem zusammen, dass ich mich auch erst mit 16 verwandelt habe. Mein Großvater kommt aus einem Rudel aus Europa, wo sich die Werwölfe erst mit 16 verwandeln. Ebenso erwachen die Kräfte eines Flüsterer erst mit dem 17. Geburtstag."

Er nickt "Eine Flüsterin. Nicht nur Omega, sondern auch Flüsterin." Spricht er ungläubig. Ich will näher zu ihm und es erklären, doch er blockt ab. "Ich, ich muss das erst mal verarbeiten. Kann ich hier laufen gehen?" wendet er sich an Marah und Marie. Beide nicken und schon verwandelt Sam sich und rennt über die Felder auf den Wald zu.

"Tut mir Leid Hope. Ich wusste nicht, dass er es noch nicht wusste. Dann hätte ich es doch viel einfühlsamer verpackt. Gerade bei einem Werwolf." entschuldigt sich Marah. "Schon gut, du konntest es ja nicht wissen. Können wir bitte einfach weitermachen?" bitte ich ruhig. Beide nicken und gehen zum Haupthaus. Bevor ich ihnen folge, schaue ich in die Richtung, in die Sam verschwunden ist. Glaubst du, er lehnt uns jetzt doch ab? winselt Tara. Ich weiß es nicht, hoffentlich nicht. Viel eher glaube ich, dass er es erst einmal sacken lassen muss. Du weißt, wie Flüsterer angesehen werden und besonders von den Werwölfen werden sie gejagt. Ja, aber wieso, ich verstehe das nicht, klagt Tara. Sie oder vielmehr jetzt wir, können den Befehl eines Alphas überschreiben. Das finden diese natürlich nicht gut. Insbesondere das alte Rudel von unserem Großvater ist doch jetzt auf der Jagd nach Flüsterern, nur weil sie es nicht verkraftet haben, dass seine Mate eine Flüsterin war. Das Rudel hat sie vertrieben und machen dafür die Flüsterer schuldig, dass sie einen guten Beta verloren haben.
Tara seufzt und ich spüre, wie sie sich zusammen rollt.

In der Küche angekommen, stellt Marie gerade einen Suppentopf auf den Tisch. "So, für heute Abend habe ich mir gedacht, wir essen in kleiner Runde, damit ihr erst mal ankommen könnt. Gordon müsste auch gleich dazu stoßen. Gibst du mir deinen Teller Hope?" bittet Marie mich. Ich reiche ihn ihr und warte dann, bis Marie alle befüllt hat. "Guten Appetit" wünschen wir uns gegenseitig.

Während ich eher die Suppe herum schiebe, genießen die beiden anderen sie. Als die Hintertür geöffnet wird, hebe ich hoffnungsvoll den Blick. Doch sofort schaue ich enttäuscht, als ich Gordon sehe. "Also die Begrüßung hätte ich schon eher fröhlicher erwartet." brummelt er, ehe er seine Frau mit einem Kuss begrüßt. "Ich freue mich doch Gordon, aber ich habe jemand anderen erhofft" beteuere ich und umarme ihn. Gordon klopft mir auf die Schulter und geht dann Hände waschen.

Ich will gerade wieder zu meinem Stuhl gehen, als die Tür sich wieder öffnet und ich in eine feste Umarmung gezogen werde. "Es tut mir Leid, dass ich einfach gegangen bin. Aber das musste ich erst einmal verarbeiten. Aber dieses Mal bleibe ich an deiner Seite. Ich werde dich beschützen und wenn mein Rudel dich nicht akzeptiert, dann wechsle ich in dein Rudel, dass scheint euch ja zu akzeptieren. Yoki würde dann auch seine Alpharolle aufgeben und wir werden es schon irgendwie schaffen." Ihn anlächelnd erwidere ich seine Umarmung. "Na also, nun hast du es verstanden. Gemeinsam können wir alles erreichen, was wir wollen."

(Für alle Leser*innen, die die Flüsterer nicht gelesen haben: Jetzt beginne ich vieles auch aus dem ersten Teil zu erklären. Wenn ihr etwas nicht versteht, bitte fragt und kommentiert es. Denn anders als ihr, kenne ich den ersten Teil und kann daher einige Sachen als selbstverständlich ansehen, was es aber nur ist, wenn man den ersten Teil kennt. Um dies zu verhindern, bitte ich um eure Hilfe, natürlich auch gerne die anderen Leser*innen, denen es auffällt 😉. Ansonsten hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefallen hat.)

Aber ich bin ein WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt