Kapitel 48

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Hope

Da unser Rudelhaus am nächsten steht, wurde entschieden, dass wir uns dort alle treffen. Kaum treten Sam und ich aus dem Wald, kann ich Ellinor, Flynn und den General auf uns warten sehen. Haben sie uns geholfen? Ich kann mich verschwommen daran erinnern, dass ich sie etwas fragen wollte.

Bei ihnen angekommen, setzt Ellinor ihre Kapuze ab und der General sein Tuch und Cowboyhut. Fynn steht mit einer Jogginghose von meinem Vater neben ihnen. „Ihr habt uns geholfen oder?" frage ich sie. Ellinor lächelt geheimnisvoll „Das darf ich dir nicht beantworten. Denn hätten wir euch geholfen und ihr könntet euch daran erinnern, wie wir auf die Jagd gegangen sind, müssten wir auch diejenigen jagen. Wir hinterlassen keine Augenzeugen. Außerdem funktioniert so auch nicht die Magie. Löschen wir ein Leben aus, dann kann sich niemand mehr an denjenigen erinnern und so soll es bleiben." Am Ende zwinkert sie mir zu.

Nun gesellen sich auch die anderen Alphas dazu. Faith tritt neben mir und greift nach meiner Hand. „Hallo Neffe." begrüßt Fynn meinen Vater. Dieser grinst spitzbübisch „Hallo Onkel Fynn." Fynn schnaubt auf „Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst mich nicht so nennen. Da komme ich mir so alt vor." Ich muss mir ein Kichern verkneifen. „Dann hör auf mich Neffe zu nennen. Es ist komisch wenn ich vom Aussehen her älter als mein Onkel bin." Von den Neckereien zwischen Fynn und Dad hat mir meine Mutter auch schon viel erzählt.

„Ich hoffe ihr habt nicht zu viele Tote zu beklagen." ergreift nun der General das Wort. Seinen Namen kenne ich immer noch nicht, fällt mir gerade ein. Das kleine Schmunzeln meiner Mutter fällt wieder in sich zusammen und sie kämpft gegen die aufkommenden Tränen an. „Nun, es sind leider einige. Aber es hätte noch viel mehr werden können. Wir waren am Ende unserer Kräfte und das andere Rudel war einfach in der Überzahl. Habt vielen Dank." Mein Vater neigt seinen Kopf leicht, was Faith, Mom und ich sofort nach tun. Auch wenn wir keine Erinnerung mehr haben, so weiß ich doch, dass sie uns irgendwie geholfen haben.

Die anderen Alphas zögern etwas, doch neigen auch ihre Köpfe leicht. „Dürften wir Anderen vielleicht erfahren, wer uns geholfen hat?" fragt Alpha Duncan. „Natürlich, also das ist mein Onkel Fynn und seine Mate Ellinor, sowie ihr Bruder Leo." „Und welche Wesen seid ihr, dass ihr uns helfen konntet?" fragt Paul verwirrt. Ein lauter Donner lässt uns alle zum Himmel schauen, wo sich ein Sturm zusammenbraut. Während Ellinor und Leo aufsteigen, verwandelt sich Fynn wieder in seinen Wolf. Schmunzelnd erklärt Ellinor „Wir sind Ghostrider der Wilden Jagd. Aber jetzt müssen wir wieder los. Allerdings kommen wir euch demnächst nochmal besuchen. Es war schon zu lange her, meckert Fynn." Bei ihrem letzten Satz schnappt Fynn beleidigt nach ihrem Fuß, doch ist sie schneller.

Der Wind weht uns allen die Haare ins Gesicht. „Auf Wiedersehen." ruft Ellinor über den Wind, ehe sie zusammen los galoppieren. Bevor sie jedoch den Wald erreichen, schlägt ein Blitz bei ihnen ein und sie sind weg. Schnell schaue ich hinauf in den Himmel. Als ein weiterer Blitz die Wolken erhellt, meine ich ihre Silhouetten zu erkennen. Ein entferntes Heulen erklingt und ich weiß, dass das Fynn war, der sich ebenfalls verabschiedet. So schnell wie der Sturm aufgekommen ist, so schnell verschwand er auch wieder.

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Inzwischen sind einige Tage vergangen, in denen die Verletzten sich erholen konnten und alles geplant werden konnte für die Bestattung unserer Toten. Gerade ziehe ich mir ein einfaches weißes Leinenkleid an. Faith hat ihres schon an und ist dabei ihre Haare zu flechten. Meine Haare habe ich dagegen schon fertig. Zwei weiße Lilien schwimmen in einer Wasserschüssel und warten darauf, dass wir sie in unser Haar stecken. Das ist eine Tradition hier bei uns im Rudel. Die Familie trägt die Lieblingsblume der verstorbenen Person. Die Frauen im Haar und die Männer als Ansteckblume beim Reversknopfloch.

„Fertig?" flüstere ich bedrückt zu Faith. Sie bindet das Haargummi fest und nickt mir dann traurig zu. Stillschweigend greifen wir nach jeweils einer Lilie und wenden uns gegenseitig zu. Ich stecke die Lilie bei Faith fest und sie bei mir. Tränen kann ich in den Augen von Faith sehen und ziehe sie in eine starke Umarmung. „Denk positiv. Jetzt kann er endlich mit seiner Mate und Tochter in aller Ruhe bei Luna verbringen." Ich spüre Faith nicken. Wir atmen beide noch einmal tief durch, ehe wir uns lösen und unser Zimmer verlassen.

Arm in Arm gehen wir zusammen mit unseren Eltern zu dem Bestattungsort. Immer mehr Rudelmitglieder gesellen sich zu uns. Jeder trägt weiß, nur die Blumen, die einige Familien tragen, bringen Farbe in das Bild. Je näher wir kommen, desto mehr Leute werden es, denn es wurde entschieden, dass alle Toten zusammen bestattet werden. Ich kann schon Sam und Paul auf uns warten sehen. Als wir bei ihnen ankommen, legen sie jeweils einen Arm um unsere Schultern, um uns Trost zu spenden und uns nicht zu trennen.

Wir gesellen uns zu unseren Eltern. Jedes Alpha-Paar steht nebeneinander und wir Kinder nebenbei. Es dauert nicht lange und alle sind da. Es ist unglaublich, wie viele Mitglieder die einzelnen Rudel haben, aber so zusammen zu sehen, ist überwältigend. Mein Vater beginnt mit seinem Teil der Rede, wie dankbar er ist, dass alle zusammen kamen, um seine Luna und mich zu schützen und zu verteidigen. Danach kommt Alpha Duncan, der es betrauert, dass die Toten gestorben sind, waren sie doch ehrbare Krieger. Der Vater von Paul betont den Zusammenhalt der Rudel und wie wichtig dies auch für die Zukunft ist.

Schließlich kommt Alpha Liam. Er benennt jeden einzelnen Toten. Sobald er einen Namen nennt, löst sich die trauernde Familie und entzündet den Scheiterhaufen. Dies ist bei uns üblich, da so die Seelen zu Luna in ihr Reich gelangen und dort jagen und spielen können. Zum Schluss kommt der Name von meinem Großvater. Inzwischen ist es schon Dunkel geworden und die ersten Scheiterhaufen sind schon abgebrannt, da wir eine geheime und uralte Technik verwenden, die angeblich direkt von Luna kommt.

Faith und ich folgen unserer Mutter. Vater bleibt bei den Alphas stehen, dafür trägt er aber auch eine Lilie, obwohl er nicht blutsverwandt mit seinem Schwiegervater war. Mom bekommt die Fackel gereicht. Schluchzend blickt sie zu uns und ohne uns Abzusprechen gehen Faith und ich jeweils auf eine Seite unserer Mutter. Der Segen wird gesprochen und wir zünden gemeinsam den Scheiterhaufen an. Während wir den Flammen zuschauen, höre ich nur nebenbei, wie die Alphas die letzten Worte sprechen und dann die Versammlung auflösen. Der Pflichtteil ist somit beendet. Meistens bleiben die Familien aber mindestens noch so lange, bis der Scheiterhaufen verbrannt ist.

Mir kommt ein Gedanke, der mich leicht lächeln lässt. „Mom, weiß du noch, was Opa immer über seine Bestattung gesagt hat?" Zuerst schaut sie mich verwirrt an, doch dann beginnt auch sie zu lächeln. „Das jeder Tag, seit ich Killian getroffen habe, ein geschenkter Tag ist. Er jeden genießen wird, doch er sich freue, seine Mate wieder in die Arme schließen zu können, genau wie Ruby. Wir sollen daher tanzen, dass er solange gelebt hat und nicht trauern. Er wollte unbedingt, dass du und Faith ein Lied lernt, was ihr singen sollt und alle sollen mitmachen." Faiths Augen werden groß „Wie konnte ich das nur vergessen." Faith und ich schauen uns in die Augen, bevor wir dann anfangen im Rhythmus zu klatschen und dann zu singen. Man kann trauern, doch sollte man auch feiern, dass man auch ein Teil des Leben von dem Menschen war.

*✧ Ende ✧*。★


Aber ich bin ein WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt