10. Luca - der Gefallen

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„Bist du verrückt?", schrie er ihn an und sein ebenmäßiges, schönes Gesicht war vom blanken Entsetzen und Wut verzerrt. „Du bist verflucht nochmal ein beschissener Mensch. Wieso wirfst du dich als Kugelfraß vor mich? ! Herrgott nochmal, so leicht bringt man mich nicht um ... das solltest selbst du langsam begriffen haben ..."

Die Seitengasse lag im Dunkel, nur der Mond schien auf die beiden Männer herab. Auf sie und auf die unzähligen Leichen, die in ihrem eigenen Blut getränkt um sie herum lagen. Der dunkelhaarige junge Mann lag, in sich zusammengesunken, die Hände fest auf den Bauch gepresst, wo langsam dunkelrotes Blut zwischen seinen Fingern hindurch sickerte, in den Armen des Großgewachsenen. Das lange offene Haar fiel über dessen Schultern, verschmolz mit dem schwarzen Leder, wurde getränkt von süßem Blut.

„Ist es nicht Ironie des Schicksals, dass es diese verfluchte Gasse ist. Die, in die du damals springen wolltest?", spie er verächtlich hervor und schüttelte, immer noch entsetzt über das Geschehen der letzten Minuten, den Kopf. „Ich hätte dich springen lassen sollen ... das wäre für uns beide die bessere Wahl gewesen.", knurrte er weiter. Zog aber gleichzeitig den leichten Körper näher zu sich. Ganz vorsichtig, ganz sanft, ganz und gar widersprüchlich zu seinen Worten.

Langsam hob der junge Mann in seinen Armen den Kopf, war zu schwach, und ließ ihn in den Nacken fallen. Öffnete mühsam seine Augen und blickte hinauf in eiskaltes Blau, dass voller Verzweiflung hin und her irrte.

„Als hättest du mich springen lassen ...", raunte dieser leise, heiser und dennoch spöttisch lachend. Fing an zu husten, röchelte und Blut lief ihm am Mundwinkel entlang und das Kinn hinab. Lange, weiße Finger strichen wie beiläufig das Rinnsal beiseite. Vorsichtig. Beruhigend.

„Wieso...?" Ein einfaches, gehauchtes Wort. So leise, das es der Wind hätte sein können, der sanft über ihre Köpfe hinweg pfiff. Und dennoch so intensiv. So bedeutend.

„Weil ...", presste der junge Mann hervor. Keuchte, schluckte schwer. Rang nach Atem. Seine mandelförmigen Augen wirkten in dem nun aschfahlen Gesicht nur noch größer, dunkler, fast schwarz. Seine blutverschmierten Lippen zitterten, als er leise, rau und schwer seine Worte hauchte. „Weil ... weil ... du mein Seelenverwandter bist..."

Eisblaue und fast schwarze Augen verschmolzen miteinander.

***

„Cut!", schrie Stefan zufrieden und es hörte sich an, als hätten wir diese Szene endlich und nach langer, harter Arbeit im Kasten.

Für einen Moment sahen wir uns noch in die Augen, dann ging ein Spot an und erhellte das Set. Augenblicklich löste sich Akira aus meinen Armen, sprang leichtfüßig auf die Beine und suchte fluchtartig das Weite. So wie die ganze letzte Woche schon.

Nachdem Felix uns nach dem Essen wieder am Set abgesetzt hatte, war Akira in seinem Wohnmobil verschwunden und ich hatte ihn erst wieder am nächsten Tag am Set gesehen. Ab da fing es auch an, dass er statt wie sonst nach meiner Nähe zu suchen, plötzlich auf Abstand ging. Ich mein, es war nicht so, dass es mich störte. Nein, eigentlich war ich sogar froh drum. Aber dennoch fragte ich mich, welchen Ursprung sein Verhalten hatte. Dieser plötzliche Sinneswandel passte so gar nicht zu diesem sonst so offenen und fröhlichen Kerl, den ich kennengelernt hatte.

„Für heute seid ihr erlöst.", erklang Stefans Stimme gleich neben mir und er streckte mir die Hand aus, um mir in die Höhe zu helfen. „Erhol dich gut, bevor es morgen nach Neuseeland geht." Dann legte er mir die Hand um die Schulter und schob mich in eine ruhige Ecke, etwas abseits von den anderen.

Luca & Akira - love me, if you dare Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt