23. Luca - vor verschlossener Tür

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„Hast du das gesehen?", hauchte mir Akira fast schon lautlos, dafür aber heiß, dass mir der Atem stockte, ins Ohr.

Wir standen gerade hinter der Bühne, vor einer angelehnten Tür und warteten darauf, dass Felix zu uns kam, damit wir aufbrechen konnten.

Natürlich waren wir pünktlich zum Konzert erschienen. Denn nach dem meine Prinzessin ein paar Sekunden Zeit hatte, meine Worte samt meiner Anspielung zu verdauen, war er in einer Geschwindigkeit im Bad verschwunden, als wäre der Gehörnte ganz persönlich hinter ihm her. Gut so, immerhin führte er mich mit seinem süßen Wesen ganz schön in Versuchung. Wurde dabei von Kuss zu Kuss reizvoller. Wer konnte da schon widerstehen? Immerhin war auch ich nicht aus Stein.

Und doch, wenn ich ehrlich zu mir war, hatte ich nichts anderes erwartet. Klar war er heute den ganzen Tag über schon viel gelöster und offener wie zuvor gewesen, dennoch war er immer noch der selbe schüchterne Akira. Da machte ich mir nichts vor.

Seufzend hatte ich meine Stirn gegen das kalte Holz der Tür gelehnt. Ließ es für einen Augenblick zu, davon zu träumen, ihn tatsächlich in dieses riesige Bett zuschleifen und dafür zu sorgen, dass er es nicht mehr verließ. Dass er unter mir stöhnte, meinen Namen rief und wir letzten Endes zu einem Ganzen verschmolzen.

Aber da allein der Gedanken daran mein grade mal aufgetautes Reh wohl wieder total verscheucht hätte, schob ich alle Fantasien beiseite. Dann musste ich mich halt wieder mit meiner liebsten Nervensäge, alias Felix, beschäftigen. Und der bereitete mir aktuell die größeren Kopfschmerzen.

So hatten wir also das Vergnügen, das Konzert in vollen Zügen von Anfang an und bis zum Ende zu genießen. Und verdammt nochmal, es hatte sich gelohnt! Ich hatte Felix noch nie so gut und so emotional spielen gesehen. Es war nichts im Vergleich zu dem, was ich je von ihm gehört hatte. Egal ob privat oder auf einem seiner Konzerte. Und Felix spielte schon, seit er fünfzehn war, in großen Häusern.

„Er hat ihn nicht aus den Augen gelassen. Keine Sekunde ...", machte Akira weiter und knetete scheinbar regelrecht aufgewühlt meine Finger. Ich hatte ihn nach dem letzten Stück einfach am Arm gepackt, aus unserer separaten Seitenloge bugsiert und ihn hier her mitgeschleift. Immerhin hatte Felix geschrieben, wir sollten hier auf ihn warten.

Und ja, es war mir sehr wohl aufgefallen, dass dieser Mistkerl Felix keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte. Während mein Neffe fast gänzlich mit geschlossenen Augen gespielt hatte und nichts von alledem mitbekam, hatte ihn Darius hingegen mit den Augen ausgezogen. Dieser gottverdammte Schweinepriester! 

„Ich glaube, insgeheim mag er ..." Augenblicklich verstummte Akira, als ihn mein strenger Blick traf. Er sollte es gar nicht erst aussprechen. Ganz gleich wie sehr ihn dieser Darius auf der Bühne angeschmachtet hatte, sein Verhalten von heute Vormittag würde ich ihm nie und nimmer verzeihen. Und sollte er meinem Kleinen auch nur zu nahe kommen, würde ich ihm jeden einzelnen seiner ach so wertvollen Finger brechen.

Erschrocken über meinen Blick blinzelte meine Prinzessin ein paar Mal. Dann verzog Aki das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Ich weiß ganz genau, was du denkst!", verkündete er nach einer Weile und wollte scheinbar nun etwas missgestimmt seine Hand aus meiner ziehen. Aber das stand mal gar nicht zur Debatte!

„Schau nicht so, Prinzessin!", murmelte ich im Gegenzug etwas vergnügter. Beugte mich runter und küsste ihn auf die Nasenspitze. „Ich werd ihn schon nicht umbringen.", setzte ich grinsend und gleichzeitig verschwörerisch hinzu. „Lediglich ein klein wenig verstümmeln." Akira öffnete gerade empört den Mund, um mir zu antworten, da ertönten Stimmen hinter der Tür. Ganz automatisch verstummten wir und  blickten gespannt auf die angelehnte Tür.

„Am Anfang warst du zu langsam.", brummte diese mir mittlerweile verhasste, tiefe Stimme und mir stellte es momentan die Nackenhaare auf. Wenn das hier die zweite Runde werden würde, die dieses Arschloch vor hatte mit meinem liebreizenden Felix auszufechten, dann würde ich augenblicklich den Raum stürmen und ihm eine reinhauen. Und als würde Akira mein Vorhaben erahnen, schlossen sich seine Hände um meinen Arm, als würde er mich zurückhalten wollen. Lächerlich! Wenn ich wollte, würde mich nichts aufhalten können. Nicht mal meine Prinzessin!

„Wir gehen jetzt essen. Ich würde mich freuen, wenn du mitkommst.", schien Felix seine Aussage und seinen Tonfall völlig zu übergehen, während mir die Kinnlade herabfiel. Wieso zum Teufel lud Felix ihn ein? Wohl gewiss nicht, um ihm Strychnin unters Essen zu rühren, was dieser zweifelsohne verdient hätte! Ich hingegen würde zu weit aus schmerzvolleren Methoden greifen. Irgendwas mit Ampotieren wäre gewiss ganz reizend.

„Wieso zum Teufel sollte ich mitgehen? Und du das überhaupt wollen?", wollte Darius wissen und klang dabei verwundert und entrüstet zu gleich. Ja, gute Frage! Niemand wollte ihn dabei haben! Auch nicht Felix.
„Weil heute mein 20ter Geburtstag ist." Felix' Stimme klang dabei so unendlich traurig, und ich sah ihn regelrecht vor mir mit hängendem Kopf, so wie Schultern. Gleichzeitig verstärkte sich der Griff um meinen Arm. Am liebsten wäre ich da reingestürmt, hätte Felix in meine Arme gerissen und ihn von Gott und der Welt beschütz. Oder eben vor diesem Idioten!

„Das müssen sie selbst klären ...", flüsterte Akira so nah an meinem Ohr, dass sie uns gewiss nicht hören konnten. Und dann unternahm er doch tatsächlich den Versuch, mich ein Stück weit von der Tür wegzuziehen, aber vergeblich. Nichts und niemand würde mich jetzt von hier wegbekommen. Nicht einmal meine allerliebste Prinzessin mit ihrem Schmollmund und diesen großen, dunklen Mandelaugen, die mich gerade recht verführerisch von unten anfunkelten. 

Etwas abgelenkt bemerkte ich erst jetzt, dass hinter der Tür Stille herrschte. Keiner der beiden sagte mehr ein Wort. Wehe, wenn der andere einfach gegangen und meinen Felix stehen hat lassen. Wieder brodelte diese Wut in mir und mein Blutdruck brach durch die Decke. Niemand! Absolut niemand hatte das Recht, meinen kleinen Felix zu verletzen. Was fand dieser nur an diesem Idioten? Mit seinem zuckersüßen Aussehen und seiner niedlichen Art konnte Felix jeden haben. Jeden! Und jeder andere wäre wohl besser als dieser gottverdammte Darius.

„Okay.", durchbrach seine Stimme die Stille, wenn man schon an den Teufel dachte, und unwillkürlich zuckten Akira und ich zusammen. „Okay?", wollte Felix etwas fassungslos wissen und dann mit seiner üblichen Euphorie. „Okay!" Ich konnte grade noch: „Oh nein!", denken, da wurde die Tür auch schon aufgerissen und mein Neffe stürmte heraus, an der Hand hinterherziehend einen etwas sprachlosen Darius im Schlepptau.

„Oh! Ihr seid ja schon da!", stieß er überrascht lachend aus und bremste, damit er nicht frontal mit mir zusammen stieß. Seine Finger immer noch um das Handgelenk von diesem Typen geschlungen. „Ach ja, Luca ...", säuselte er, kaum, dass er sich wieder gefangen hatte, und wirkte plötzlich wie ein völlig anderer Mensch. Seine Stimmung, seine Haltung. Alles an ihm schien zu strahlen. Ein bisschen so, als wäre er die Sonne selbst. „... du hast doch nichts dagegen, das Darius uns begleitet? Nicht wahr? Weil ja heute mein Geburtstag ist und weil du mich über alles liebst ...", machte er weiter und setzte einen Dackelblick wie aus dem Bilderbuch auf. Er wusste, damit hatte er mich am Hacken und ich konnte ihm nichts abschlagen. Zumindest sonst ...

„Sicher doch!", antwortete Akira schnell für mich, ohne mich anzusehen. „Wie du schon sagst, ist es ja dein Geburtstag und du darfst einladen, wenn auch immer du möchtest, nicht wahr Luca?", setzte auch dieser sehr bestimmt hinzu. Hob dann doch etwas schüchtern den Blick und lächelte mich von unten herauf an, dass mir ehrlich gesagt etwas die Knie weich wurden. Das hatte ich jetzt davon, wenn ich mir zwei von diesen großäugigen Kerlen hielt. Ich hätte bei Debby aufhören sollen. Jetzt gab es drei Wesen in meinem Leben, die mich lediglich mit einem Blick um den Finger wickeln konnten. Binnen Sekunden versteht sich.

Widerwillig wandte ich meinen Blick ab und begegnete dem von Darius, der immer noch nicht recht zu verstehen schien, wie ihm geschah. Verdrehte genervt die Augen, immerhin wusste ich, wann ich auf verlorenem Posten kämpfte, schüttelte den Kopf und machte auf dem Absatz kehrt. „Ja, klar. Ist immerhin dein Geburtstag.", seufzte ich ergeben und lief los. „Und jetzt kommt schon, unser Wasserflugzeug wartet."

Luca & Akira - love me, if you dare Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt