31. Luca - warm und kalt

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Er rollte sich ab. Keuchte. Duckte sich hinter einen der Bäume, nur um sich panisch umzusehen. Wie lange war es her gewesen, dass er sich von diesem Hausdach stürzen wollte? Viel zu lange und vielleicht wäre es damals sogar besser gewesen. Seit der Nacht war ihm der Tod nämlich mittlerweile so oft begegnet, dass er es gar nicht mehr hatte zählen können und jedes Mal aufs Neue rannte er um sein Leben. Gott, er hatte es so satt. Und dennoch hing er an seinem elenden Dasein. Nun wieder.

Ein Pfeil flog durch die Luft, streifte ihn am Oberarm und ließ ihn innerlich fluchen. Wo war nur dieser gottverdammte Vampir, wenn man ihn brauchte?

Knurrend duckte er sich zwischen dem Dickicht hindurch und versuchte, irgendwie aus der Schusslinie zu gelangen. Gar nicht so einfach, wenn man bedachte, dass diese miesen Verräter ihn von allen Seiten einkreisten.

Ein frustriertes Lachen entkam ihm, als ihn erneut etwas streifte. Diesmal an der Wade. Welch Ironie des Schicksals, dass besagter Vampir ihm beim letzten Mal fast den Kopf abgerissen hatte, als er sich für ihn zwischen die Kugeln warf. Dieses Mal war es hingegen dessen eigene Idee gewesen. Und was tat man nicht alles für seine Freunde?

Wieder flog etwas ganz nah an ihm vorbei. Streifte seine Wange und ließ ihn fluchen vor Zorn. Er würde tatsächlich draufgehen. Elendig, als Schweizer Käse, weil er viel langsamer war, als der Vampir vermutet hatte. Warum auch immer, schien dessen Blut, welches immer noch durch seine Adern pulsierte, seinen Job zu quittieren. Weder war er so schnell wie vorhergesagt, noch waren es seine Reaktionen. Und unsterblich war er schon gleich dreimal nicht. Zumindest vermutete er dies ganz stark. Darauf anlegen, es hier und jetzt auszuprobieren, war es ihm dann doch nicht wert. Also versuchte er, seine Sinne zu fokussieren. Den Feind zu hören, ihn zu riechen, einzuschätzen, aus welcher Richtung die größte Gefahr kam. Nur um sich anschließend die Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen, mal wieder, um nicht weniger als um sein Leben.

Und das tat er auch. Er rannte, rannte, und rannte. Ignorierte die Zweige, die Dornen, die Wurzeln, die nach ihm schlugen, seine Haut auf ritzten und ihn zum Fall bringen wollten. Hatte sich denn jeder in diesem Universum gegen ihn verschworen? Wo waren diese netten Waldelfen, wenn man mal ihre Hilfe brauchte? Wahrscheinlich bespaßten sie stattdessen viel lieber den Vampir. Wer sorgte sich schon um das Wohl eines Menschen? Menschen kamen, Menschen gingen. Aber der gutaussehende Vampir, der blieb.

Sein Fuß blieb hängen, sein Herz stehen. Eine Wurzel. Ein Ast. Wer wusste das schon. Da spürte er auch schon, wie es ihn Richtung Boden riss. Gott und die Welt verfluchend schloss er die Augen und wartete, sich seelisch auf sein nun nahendes Ableben einstellend, hart auf dem Boden zu landen. Hart landete er tatsächlich. Doch war es nicht der Boden, den er an seinem Körper spürte. Kälte umhüllte ihn. Kälte und der unwiderstehliche Geruch nach Dunkelheit und Nacht. So vertraut. So sehr herbeigesehnt. Eine Gänsehaut überzog seine Arme, während sie sich immer noch durch das Dickicht rollten.

„Du bist zu spät!", presste der Mensch wütend hervor, kaum, dass sie zum Liegen kamen und er gierig nach Atem rang. Natürlich lag er nach ihrem Gerangel unten und wurde fast erdrückt, von der Maße an Mann, die auf ihm lag. Der ihn jetzt hingegen angrinste, dass der Spott ihm aus den Augen brach.
„Hab dich nicht so, Mensch!", flötete dieser zuckersüß und beugte sich vor, um seine Nase über die Wange des Mannes unter ihm fahren zu lassen. „Du hast doch sehr oft bewiesen, dass man dich nicht so schnell tot bekommt.", setzte er zuckersüß gurrend hinzu, streckte seine Zunge aus und ließ sie aufreizend langsam über die Wunde gleiten. Verschloss sie mit seinem Speichel und genoss gleichzeitig das Blut, welches auf seiner Zunge, wie ein edler Tropfen zerfloss. Niemand schmeckte wie er. Absolut niemand.
„Hörst du auf! Dafür ist keine Zeit!", teufelte der Mann unter ihm, während seine Wangen rot anliefen, und versuchte ihn von sich runter zu drücken. Natürlich vergebens. Nicht mal sein eigenes Blut, welches immer noch in dessen Adern floss, gab ihm so viel Stärke. So viel Macht.

Luca & Akira - love me, if you dare Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt