⋙𝐀𝐧𝐧𝐚𝐥𝐞𝐧𝐚 𝐱 𝐑𝐨𝐛𝐞𝐫𝐭⋘

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~Annalena's Sicht

Die lauwarme Morgensonne bricht sich langsam den Weg durch die dicken Wolken der Nacht, ich schaue die Berge hinunter und erkenne ein kleines Örtchen, in welchem so langsam das Leben anbricht.

„Es ist schon schön, um kurz nach sechs hier oben zu sein" ich lehne mich gegen Roberts Brust, schließe für einen Moment die Augen und atme tief ein und aus. Die raue Bergluft hat mich eigentlich nie wirklich beruhigt, denn immer, wenn ich in den Bergen bin, ist es eigentlich so, dass ich am Arbeiten bin. Doch seit ich mit Robert zusammen bin, so richtig offizielle, haben wir schon einige gemeinsame Erinnerungen erschaffen. Wandern, das ist etwas, was uns den Alltag von den Schultern nimmt, doch Robert musste mir erst beibringen, wie ich meinen Kopf so richtig ausschalte und mich einfach nur auf die Natur einlasse.

„Ach, nehmt euch doch ein Zimmer, wir wollen weiter. Los jetzt ihr Turteltauben" ich verdrehe die Augen, ehe ich zu Christian rüber schaue und mich dieser mit einem Grinsen auf dem Gesicht anschaut.

„Christian, du nervst heute wirklich total, welche Drogen hast du denn bitte genommen?" Robert nimmt unseren Rucksack auf den Rücken, ich hauche ihm einen dankbaren Kuss auf die Lippen, ehe mich Christin zu sich zieht.

„Meine Zimmernachbarn waren recht laut, daher habe ich sehr schlecht geschlafen" er legt einen Arm um mich, ich ignoriere diese Nähe, denn für mich wird es immer nur Robert geben, das weiß auch dieser, denn er ignoriert diese Nähe des anderen Mannes ebenfalls.

„Kinder, ich bin nicht mehr die Jüngste, macht doch mal langsam" lachend drehe ich mich nach hinten und sehe eine schwitzende Claudia in roter Wanderhose, gelbem Shirt, Blau-grünen Wanderschuhe sowie einen Knall Pinken Wanderrucksack auf uns zukommen.

„Ach Claudi, du bist nicht alt, lediglich untrainiert" für diesen Kommentar boxe ich Robert gegen den Oberarm, Claudia verschränkt, beleidigt die Arme und stampft wie ein kleines Kind mit dem Fuß auf.

„Wir machen einen Deal, die nächste Ortschaft, laufen wir runter und gehen Frühstücken, von da aus dann wieder hoch und weiter?" zustimmend nicken alle anwesenden, so kommt es, dass 4 Minister, sowie zwei Fraktionsvorsitzende eine kleine Bäckerei betreten.

„Sucht ihr schon mal einen Tisch, ich hole uns eine Frühstückskarte" grinsend schaue ich Robert an, Hand in Hand laufen wir rüber zu einem großen Tisch, der größte, denn es in der urigen Bäckerei gibt.

„Sahra, kommst du zu mir auf die Bank?", die angesprochenen nickt, öffnet ihre Jacke und holt die zweimonatige Emily aus dem Tragetuch. Ihre Frau rutscht ebenfalls auf die Bank und bindet sich die langen, blonden Haare zu einem Dutt zusammen.

„Ich kann die Kleine auch eine Weile nehmen, du weißt, dass ich nicht will, dass du unsere Tochter immer alleine trägst" Sahra legt ihrer Frau die Hand auf den Oberschenkel. Dreht sich dann grinsend zu mir, wissend nehme ich Emily an mich und schaue dann zu Sahra. Diese nimmt das Kinn der ehemaligen Politikerin in die Hand und dreht sie somit zu sich.

„Noch mal Alice, ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser Welt, ausgenommen Emily, aber ich sage dir, wenn sie mir zu schwer wird. Ich weiß, dass du dir nach den Startschwierigkeiten unglaubliche Sorgen um mich und die Kleine machst, uns geht es gut, ja?" in gewisser Weise kann ich Alice ja schon verstehen, immerhin hat Sahra ihr Herz aufgehört zu schlagen, nachdem diese Emily auf die Welt gebracht hatte.

„Ja, ich weiß doch, ich liebe euch" grinsend essen wir dann alle zusammen, ehe ich mir das Tragetuch schnappe und mir Emily für eine Weile umbinde. Wir laufen knappe drei Stunden, bevor die kleine wieder Hunger bekommt, daher gebe ich sie an Sahra und diese setzt sich mit ihr zusammen auf eine Bank. Wir anderen stehen ein wenig abseits und ich schaue Christian an.

„Was willst du denn schon wieder von mir" er beginnt einen total unlustigen Witz zu erzählen, dabei stößt er mich leicht an, doch diese kurze Berührung reicht, dass ich einen kleinen Schritt nach vorne machen muss, um nicht umzufallen. Innerhalb weniger Sekunden gibt der Stein unter mir nach, ich versuche mich noch panisch an Robert festzuklammern, doch er steht einfach ein paar Zentimeter zu weit weg. Ich rutsche, über meine Wange rinnt eine Träne, doch ehe ich den Aufprall unten merke, schließe ich die Augen und versuche an all die schönen Momente in meinem Leben zu denken. Doch der Aufprall kommt schneller als ich denke, denn mit mehr Glück wie Verstand, komme ich auf einem kleinen Felsvorsprung zum Stehen. Sofort öffne ich die Augen und rutsche nach hinten, sodass ich möglichst weit weg bin, von der Kante.

„Anna!", ich höre Robert von oben panisch meinen Namen rufen, ich fasse mir mit der linken Hand gegen die Schläfe, es fühlt sich nass an.

„Ich... Ich bin okay" rufe ich nach oben, mein Herz hämmert mir unglaublich gegen die Brust, doch ich versuche mich weiterhin auf meinen Atem zu konzentrieren. Denn die schwindelerregende Tiefe, führt dazu, dass die Übelkeit und vor allem die Panik, die überhand, nimmt.

„Anna, rede mit mir, wir sind hier. Alice hat schon Hilfe gerufen, aber es dauert 10 Minuten. Bitte rede so lange mit mir" ich merke am Tonfall meines Mannes, dass er weint.

„Sag Christian, dass ich ihn dafür hasse und dass ich nie wieder mit ihm in den Urlaub fahre", rufe ich nach oben, ich höre, dass Sahra gerade den FDPler zur Sau macht.

„Das übernimmt Sahra schon, denn ich würde ihm am liebsten alle Knochen brechen, die er so in seinem Körper hat. Das kannst du mir aber glauben" mein Kopf dröhnt ungemein, die kalte Luft weht mir um die Ohren. Auf Roberts Kommentar, dass er Christian am liebsten ermorden würde, sage ich nichts mehr, ich schiebe den kleinen Stein unter meinem linken Fuß beiseite, sofort erkenne ich, dass auf diesem Blut ist. Das kann nichts Gutes bedeuten, doch ich verschweige dies Robert.

„Hey, du kannst unseren Kindern später mal erzählen, dass du da heil wieder rausgekommen bist" In seiner Stimme liegt viel Positivität, doch ich zweifle daran, dass ich hier ohne längeren Krankenhausaufenthalt wegkomme. Denn immerhin war der Fall nicht gerade wenig, ich habe es auch beim Aufkommen brechen gemerkt, doch noch weiß ich nicht, welche Knochen ich mir alle gebrochen habe.

„Schatz, sage mir, was dir alles weh tut?" meine Hand wandert automatisch nach oben an meinen Kopf, ich fasse mir in die Haare und ziehe eine blutverschmierte Hand wieder hervor.

„Es ist nur eine kleine Schnittwunde an der Wange, daran sterbe ich nicht" Dass das Adrenalin langsam nachlässt und mir die Rippen ungemein schmerzen, bei jedem Atemzug, das verschweige ich Robert natürlich.

„Du schaffst das so oder so, mein Schatz. Ich will dich doch noch ein bisschen an meiner Seite haben, ob du das nun wahrhaben willst, oder nicht. Die Rettung ist bestimmt bald da Schatz" jeder Atemzug schmerzt mehr, doch verhindern kann ich es nicht. Ich merke, wie meine Rippen, bei jedem Atemzug in meine Lunge drückt. Im besten Fall kollabiere ich hier unten, dann sterbe ich wenigstens daran und nicht am Fall. Bedeutet, dass man mich noch anschauen kann, ohne ein Trauma zu haben. Denn wäre ich wirklich den Berg runtergefallen, dann wäre von meinem Körper wahrscheinlich nur noch Matsch, welchen man wahrscheinlich auch noch kilometerweit zusammenkratzen müsste.

„Ich liebe dich Annalena!", ruft Robert, meine Augen fallen immer wieder zu, ich versuche den Kampf ein wenig gegen meinen Körper zu gewinnen, doch das werde ich nicht schaffen. Meine Lungen schmerzen, mein Herz hämmert ungemein durch gegen meinen Brustkorb. Noch immer rinnen die Tränen über meine Wange, ich atme ein, ich atme aus. Schmerzerfüllt atme ich aus, schaue mich um, die Berge in meiner Umgebung beginnen unscharf zu werden.

„Anna!", ich höre das Robert nach mir ruft, doch mir fallen die Augen zu, ich spüre den Wind des Helikopters auf meiner blutenden Haut, ich spüre das Leben aus meinem Körper schwinden. Kontrollieren kann ich das Ganze nicht, vor meinem inneren Auge zieht noch einmal mein gesamtes Leben vorbei...

OneShot's (Annalena Baerbock) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt