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Sam bleibt vor dem Gerichtsgebäude stehen und zündet sich erleichtert eine Zigarette an, bevor wir zu seinem Wagen laufen.

"Jetzt ist dir ein Stein vom Herzen gefallen, nicht wahr?", frage ich lächelnd.

"Ein Stein? Eine ganze Gebirgskette."

"Glaube ich dir. Ist auch wirklich schön gewesen, zu hören, wie gut das Mädchen sich gemacht hat. Solide Beziehung mit 'nem wirklich guten Typen, Medizinstudium, ganz nebenbei noch diesen Wichser hinter Gittern gebracht.."

"Richtig, richtig gut", pflichtet er mir bei und inhaliert den blauen Qualm tief in seine Lunge.

"So sehr ich mich für Malia freue, habe ich mich die ganze Zeit gefragt, ob es Esmeralda irgendwann auch so gehen wird. Ob ich irgendwann genauso tief zufrieden hinter ihr stehen werde, sie mich so verliebt anlacht und der ganzen Welt erzählt, dass ich ihr da rausgeholfen habe und sie nun endlich friedlich, frei und selbstbestimmt leben kann." Mein Herz schlägt höher, während ich diese Bilder vor meinem inneren Auge erzeuge.

"Ich denke, das hat ihr Lionel sich auch in jeder schlaflosen Nacht gefragt. Und du siehst ja: durchhalten lohnt sich."

Ich nicke gedankenverloren. "Sollen wir irgendwo noch zusammen zu Mittag essen?", schlägt Sam vor und schnipst seine Zigarette achtlos auf den Boden.

"Gute Idee, ich habe total Hunger. Ich habe heute Morgen nur Müsli und einen Proteinshake gefrühstückt", antworte ich und steige auf der Beifahrerseite in seinen Wagen.

"Worauf hast du Bock?"

"Bei uns in Oberhausen hat ein neues Steakhouse eröffnet, das soll richtig gut sein. Nedim war mit seinen Schwestern und seinem Schwager letztens da und war total begeistert."

"Zu Fleisch sage ich nie nein", grinst mein dunkelhaariger Freund mit den stechend blauen Augen, startet den Motor seines Wagens und fährt los.

...

Nach unserem Restaurantbesuch fährt Sam mich nachhause. Ausnahmsweise bin ich mal ganz alleine in dem großen Haus, nur unsere beiden Fellnasen streifen im Erdgeschoss umher, sodass ich mich gemütlich auf die weiche Wohnlandschaft fläze und Esmeralda anrufe.

"Hallo Süße, wie geht's dir?"

"Gut, danke und dir? Wie war die Verhandlung?", erkundigt sie sich interessiert, während im Hintergrund Teller klappern.

"Lief ganz gut, muss ich dir später mal erzählen. Bist du noch auf der Arbeit?"

"Ja, leider. Meine Ablösung verspätet sich, ich hänge hier wohl noch eine gute Stunde fest", seufzt sie genervt in den Hörer.

"Das tut mir leid für dich. Überstunden sind immer scheiße, erstrecht, wenn sie kurzfristig außerplanmäßig eingeschoben werden. Dann lass uns unser Treffen verschieben, ja?"

"Nein, nein", antwortet sie sofort. "Ich haue hier so schnell wie möglich ab und komme dann direkt zum Bahnhof. Ich habe zum Glück noch Wechselsachen auf der Arbeit und kann mich direkt hier umziehen. Dann können wir wenigstens noch eine Runde zusammen spazieren gehen oder so. Ich will dich nämlich unbedingt sehen."

Lächelnd drehe ich mich von der Seite auf den Rücken. "Du weißt doch, dass ich dich auch immer sehen will, Liebling. Ich will nur nicht, dass du mir meinetwegen Druck machst. Wenn es wirklich passt, treffe ich mich natürlich liebend gerne mit dir."

Eine gute Stunde später ist es Esmeralda, die mich anruft und mir mitteilt, dass sie nun auf dem Weg ist. Ich hole sie wie gewohnt am Oberhausener Hauptbahnhof ab und fahre mit ihr zum Kaisergarten, einem öffentlichen Wildtierpark im Herzen der Stadt, direkt zwischen dem Schloss Oberhausen und dem Niederrhein-Stadion.

Esmeralda - Smaragdgrüne Augen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt