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Am nächsten Tag sind wir damit beschäftigt, alle Dokumente, die wir vom rumänischen Konsulat bekommen haben, übersetzen zu lassen. Nach Rücksprache mit Wolf bereiten wir unser Schreiben an das Duisburger Gericht vor, um einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken und planen grob den Vorgang der Razzia als sich die Ereignisse überschlagen.

Plötzlich und unerwartet klingelt unser Bürotelefon. Als ich abhebe, ist die Kollegin am Telefon, die sozusagen die Sekretärin unserer Dienststelle ist. "Hi Nick, hier ist Steffi. Gut, dass ich dich erreiche. Ich stelle dir mal einen Anruf durch, ja?"

Ehe ich antworten kann, um in Erfahrung zu bringen, mit wem ich das Vergnügen habe, klickt es in der Leitung. Es hört sich bescheuert an, aber ich erkenne das Schluchzen im Bruchteil einer Sekunde.

Mein Herz bleibt stehen und ich presse den Hörer dichter an mein Ohr.

"Esmeralda, was ist passiert?", frage ich alarmiert. Den Hauch von Panik, der in meiner Stimme mitschwingt, kann ich nicht unterdrücken.

Sam schaut erschrocken auf und versteift sich ebenfalls in seinem schwarzen Bürostuhl.

"Nick", schluchzt sie in den Hörer. Mehr sagt sie nicht, dann weint sie wieder herzzereißend.

"Esmeralda", sage ich und zwinge mich, ruhig zu sprechen, auch wenn ich innerlich durchdrehe. "Was ist passiert? Du musst mit mir reden, wenn ich dir helfen soll."

"Ich kann nicht mehr, Nick. Bei Gott, ich lebe in einem Alptraum", wimmert sie.

"Wo bist du gerade?"

"Ich bin von zuhause abgehauen und laufe einfach irgendwo herum."

"Kannst du zu uns auf die Wache kommen? Du weißt doch, wo ich arbeite, oder?"

"Ja", antwortet sie verzweifelt.

"Dann komm hierhin, hier können wir in Ruhe reden", schlage ich vor.

Ich muss unbedingt wissen, was passiert ist. Ich hoffe so sehr, dass Esmeraldas Familie ihr nicht wieder etwas angetan hat.

Die nächsten Minuten fühlen sich an wie Stunden. Immer wieder schaue ich aus dem Fenster, starre nervös auf die Uhr oder laufe im Büro auf und ab.

Als es nach einer quälend langen halben Stunde zaghaft an der Tür klopft, springe ich wie von der Tarantel gestochen auf.

Mit zitternden Fingern öffne ich die Tür. Esmeralda ist immerhin nicht grün und blau geschlagen, trotzdem sieht sie aus wie ein Häufchen Elend. Sie ist ungewöhnlich blass, ihre schönen, ihre langen Haare hat sie fahrig zu einem unordentlichen Dutt zusammengebunden. Ihr Markenzeichen, ihre runden, smaragdgrünen Augen sind leer, geschwollen vom vielen Weinen, mit dunklen Rändern unterlaufen.

Wir stehen unschlüssig voreinander, wortlos. Sie sieht mich aus großen Augen an und es dauert keine zwei Sekunden, bis ihr die Tränen kommen. Unsicher halte ich mich an der Türklinke fest, als sie plötzlich einen Schritt auf mich zumacht und sich schluchzend in meine Arme fallen lässt.

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und ich lege meine Arme schützend um ihre Schultern.

Ich gehe einige Schritte rückwärts, ziehe sie mit mir und schließe die Tür. "Ich gehe mal eine rauchen", informiert mich Sam, nickt mir zu und verschwindet diskret aus unserem Büro.

Esmeralda hält mich ganz fest, umklammert mich hilflos und drückt sich immer enger an mich, während sie mein hellblaues Hemd mit Tränen durchnässt. Ich streichele über ihren Kopf, vergrabe meine Fingerspitzen in ihren dicken Locken und inhaliere ihren süßen, mir so vertrauten Duft.

Esmeralda - Smaragdgrüne Augen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt