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POV: Melina

Noch immer sah ich zu Steven hoch und wartete auf seine Antwort. Er atmete tief durch, nahm seinen Arm von meiner Schulter und lehnte sich gegen die Brüstung seines Balkons.
"Es ist eine komplizierte Geschichte...", begann er, sein Blick schweifte vom Boden ab und er blickte mich direkt an. "Wir haben Jessie dieses Jahr kennengelernt. An dem Tag vom Abschlusskonzert hatte unser Bus eine Panne, auf dem Rastplatz sind wir mit ihr ins Gespräch gekommen und über ihre Kontakte haben wir auch schnell Hilfe bekommen. Lukas und ich haben uns an diesem Tag beide Hals über Kopf in sie verliebt. Wir blieben mit ihr in Kontakt, der eine mehr...", Steven verwies durch das Fensterglas der Tür des Balkons, in das Wohnzimmer, zu Lukas, der gerade mit Igor lachte. "Der andere weniger. Mein Wagen hatte einen kaputten Querlenker, ich bin damit zu ihr gefahren, da ich sie wiedersehen wollte und natürlich wegen des Defektes. Allerdings wurde das Ersatzteil per Overnight zu ihr geschickt und ich konnte nicht zurück nach Hause fahren. Ich hatte Jess auf ihr Gästezimmer angesprochen, doch der Abend verlief anders als geplant. Jessica und ich hatten miteinander geschlafen.", Steven drehte sich um und sah über die kleine Gasse aus Laternen. "Am nächsten Tag sagte sie mir, dass ihre Gefühle anders wären, als meine, aber ich wollte Jessie dennoch nicht ohne Weiteres gehen lassen. Ich wusste auch nicht, wem ihr Herz bereits gehörte; vielleicht wusste sie es zu dem Zeitpunkt selbst noch nicht. Ich kann mir auch vorstellen, so wie ich sie kennengelernt habe, dass sie Lukas von der gemeinsamen Nacht erzählen wollte. Im Endeffekt war ich derjenige, der die Bombe gedropped hat. Lukas war außer sich, seine Gefühle waren ja nicht anders und er verließ wutentbrannt das Studio. Als ich am nächsten Morgen mit ihm sprechen wollte, öffnete er mir seine Wohnungstür und Jess stand hinter ihm. Die beiden waren gerade erst aufgestanden und dementsprechend trugen sie nur Unterwäsche und ein Shirt; als ich das sah, brach für mich im ersten Moment eine Welt zusammen. Sie versuchten gut auf mich zu sprechen, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Es dauerte ein paar Tage, Timi hatte angefangen, mich aus dem Loch zu ziehen und dann stand Jessie plötzlich hier in meiner Wohnung, weil er sie angerufen hatte. Wir einigten uns auf eine freundschaftliche Ebene, welche an sich auch funktioniert, aber ich habe immer noch etwas daran zu knaubeln.", Steven atmete wieder tief durch und drehte sich wieder zu mir.
"Was heißt etwas daran zu knaubeln? Was hat sich denn von deiner Seite aus geändert?", fragte ich ruhig, aufgrund der kalten Luft verschränkte ich meine Arme vor meinem Körper.
"Du... Du bist in mein Leben getreten. An dem Tag, als du bei mir geklingelt hattest, hat sich etwas geändert. Bis mittags lag ich in meinem Bett, um diese Jahreszeit kannst du mich immer richtig tief in die Tonne treten. Dann sah ich auch noch das Bild von Lukas und Jessie in den sozialen Medien und dann... Dann hat es an meiner Tür geklingelt.", sagte er. Ich war sprachlos, eine leichte Träne lief mir aus dem Auge und ich sah Steven berührt an.
"Was habe ich denn gemacht?", fragte ich bescheiden und wischte mir die Träne aus dem Auge.
"Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht, du warst einfach da. Ich will, beziehungsweise kann, ich dir jetzt hier kein Geständnis meiner Liebe oder meiner Gefühle machen; dafür ist es noch nicht so weit, aber ich möchte dich kennenlernen. Du hast angefangen, mich zu stärken, Melina."
"Oh Steven.", kleine Tränen der Freude, begannen über meine Wangen zu laufen. Ich rümpfte die Nase und sah Steven mit einem leichten Lächeln an. "Solche Worte habe ich noch nie hören dürfen, ich... ich weiß gar nicht, was ich sagen soll... Ich möchte dich auch kennenlernen.", lachte ich leicht und überwältigt. "Aber deine Geschichte erinnert mich an jemanden?", fügte ich an.
"Wirklich? Hast du jemanden in deinem Bekanntenkreis, bei dem es ebenfalls so kam?", fragte er, stützte sich vom Geländer ab und stand aufrecht vor mir.
"Nicht in meinem Bekanntenkreis... Ich rede von mir. Vor zwei Jahren war ich ebenfalls die Person, für die sich nicht entschieden wurde. Auch nachdem wir mehrfach miteinander geschlafen hatten und mir ging es genau so. Ich wollte unbedingt diesen Typen, obwohl er sich anderweitig verliebt hatte.", bemitleidend sah er mich an und atmete tief durch, ein befreiter Blick zeichnete sich auf unseren Gesichtern ab.

Steven kam auf mich zu und legte seine Arme über meine Schultern; ich blickte zu ihm hoch, in seine Augen und nahm ein zufriedenes Lachen auf meinen Lippen wahr. - Tu es... Na los... Du willst es, genau jetzt... - Um uns herum herrschte komplette Ruhe, wir blendeten alles aus. Langsam legte ich meine Hand an die Wange von Steven und strich sanft mit dem Daumen. Er lächelte mich ebenfalls zufrieden an. Stevens freie Hand zog langsam und vorsichtig von meiner Schulter über meinen Rücken an meine Hüfte. Er machte einen kleinen Schritt nach vorn, in meine Richtung und zog mich im selben Moment an meiner Hüfte an sich heran. Meine linke Hand legte ich ebenfalls an seine Taille und meine rechte Hand streifte von seiner Wange weg an seinen Hinterkopf. Steven senkte vorsichtig seinen Kopf, während ich ihm ebenfalls langsam näher kam. Unsere Lippen trafen aufeinander; es war ein sehr intensiver und leidenschaftlicher Kuss, der folgte. Ein Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen umgab mich; am liebsten hätte ich den Moment nicht enden lassen wollen. 

Wer Weiß - 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt