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POV: Melina

Bei Makery hatte ich bereits Platz genommen und wartete auf Ena, gedankenverloren rührte ich in dem Kaffee vor mir und blickte aus dem Fenster. "Verzeihung, ist hier noch frei?", ein Mann im mittleren Alter holte mich aus meinen Gedanken. Sein Erscheinungsbild war sehr gepflegt, er wirkte recht sympathisch, aber machte einen nervösen Eindruck. "Tut... Ähm... Tut mir leid, ich bin verabredet.", sagte ich zögernd; höflich verabschiedete er sich und verließ die Lokalität, nachdem er einen Kaffee zum Mitnehmen bestellt hatte. Abwesend starrte ich ihm hinterher.

"Hey, entschuldige die Verspätung, ich habe eine halbe Ewigkeit einen Parkplatz gesucht.", sagte Ena, als sie halb aus der Puste am Tisch ankam.
"Ist alles in Ordnung?", fragte sie und zog ihre Jacke aus, die sie über die Lehne des Holzstuhls hing.
"Ja... das war nur gerade irgendwie... Keine Ahnung...", sagte ich unschlüssig und nahm einen Schluck aus der Tasse.
"Was meinst du?", fragte sie und zog sich die Karte heran.
"Da war gerade so ein Mann, er wollte sich ursprünglich zu mir setzen. Ich hatte das Gefühl, ihn irgendwoher zu kennen, für mich war es aber ein völlig Fremder.", erklärte ich ihr.
"Also, kannst du ihn gar nicht zuordnen?", sie sah von der Karte auf. Ich schüttelte mit dem Kopf und schweifte mit meinem Blick noch einmal aus dem Fenster. "Hmm... vielleicht seid ihr euch einfach schon öfter über den Weg gelaufen."
"Ich kann es dir nicht sagen... Ach... vielleicht bin ich auch einfach nur etwas durch zurzeit... Das Absetzen der Tabletten und nächste Woche ist die Beisetzung meiner Großmutter...", ich versuchte so gut es ging, die Situation herunterzuspielen.
"Du kannst auch gern weiter ausholen.", Ena zog ihre Augenbrauen nach oben, wieder schüttelte ich mit dem Kopf. "Okay, wie geht es dir sonst?", fragte Ena. Eine Kellnerin kam gerade zu uns und sie orderte ebenfalls einen Kaffee.
"Mir geht es sonst recht gut, wie lebt es sich denn mittlerweile in Bielefeld?", lachte ich leicht.
"Naja, offiziell wohne ich erst seit dem vergangenen Wochenende bei Tim, es hat sich aber auch nichts geändert. Im Büro von Jessica finde ich mich auch ganz gut zurecht, sogar besser als ich dachte. Was machst du eigentlich beruflich?", fragte sie, ich schluckte.
"Ähm... Ich... Also...", sofort machte sich ein unwohles Gefühl in der Gegend meines Magens breit und ein Kloß bildete sich in meinem Hals.
"Melli? Ist alles in Ordnung?", fragte Ena nach.
"Ich bin arbeitslos... Ich... Ich habe drei abgeschlossene Berufsausbildungen und immer, wenn ich in dem Beruf gearbeitet habe, wurde ich noch in der Probezeit entlassen.", sagte ich leise und fixierte meinen Blick wieder auf meine Tasse, welche fast leer war.
"Das tut mir leid, welche Berufe hast du denn erlernt?"
"Direkt nach dem Abitur habe ich eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten gemacht, danach habe ich mich zur Mechatronikerin ausbilden lassen und danach hat es mich zur Fachinformatik gezogen. In der letzten Unternehmung habe ich vier Monate gearbeitet und jetzt bin ich aktuell auf der Suche, aber ich weiß nicht so recht. Noch eine Ausbildung will ich in meinem Alter eigentlich nicht nochmal anfangen. Ich meine, ich habe alle bisher frühzeitig abgeschlossen, also ein halbes Jahr eher, aber wieder die Schulbank drücken, will ich eigentlich nicht.", ich atmete tief durch und griff nach der Karte, die auf dem Tisch lag.
"Oha... Soll ich mal mit Jess sprechen?", fragte Ena, ich verschluckte mich beinahe am letzten Schluck des Wachmachers und schüttelte nervös mit dem Kopf. "Warum denn nicht? Wenn sie in zwei Monaten eh nach Berlin zieht, wird eine Mechanikerin gebraucht. Ich rede einfach mal mit ihr und dann meldet sie sich schon bei dir." Nervös blickte ich Ena an, sie war sehr überzeugt von der Idee; ich schwieg sie an und nickte leicht.

POV: Steven // Sudden

Melina und ich hatten ausgemacht, den Abend bei ihr ausklingen zu lassen. Sie hatte sich bei mir gemeldet, dass sie wieder in ihrer Wohnung angekommen war. Langsam richtete ich mich von meinem Sofa auf, nahm meinen Schlüssel vom Haken im Flur und öffnete die Tür meiner Wohnung. Ich lief nach oben zu Melina und klingelte, mit einem nachdenklichen Blick öffnete sie mir die Tür, küsste mich zu Begrüßung und bat mich herein.
"Worüber zerbrichst du dir denn dein hübsches Köpfchen?", fragte ich und fuhr mit der Hand über ihre Haare.
"Kennst du diesen Moment, wenn du auf eine völlig fremde Person triffst, aber sie dir bekannt vorkommt?"
"Na ja, ich wohne schon eine ganze Weile in Braunschweig, man läuft schon mal der einen oder anderen Person, etwas öfter über den Weg.", ich kratzte mich leicht am Hinterkopf.
"Das meine ich nicht... Als ich auf Ena gewartet habe, wollte sich ein Mann zu mir setzen. Diese Gesichtszüge... Ich kannte ihn irgendwoher, mir lässt das einfach keine Ruhe gerade.", sagte sie, ihr Blick hielt sich nachdenklich in meinen braunen Augen fest.
"Vielleicht fällt es dir ja wieder ein... Warte erstmal ein paar Tage... Was... Worüber habt ihr denn so geredet?", ich wollte unbedingt das Thema wechseln, sie sollte sich vielleicht erstmal nicht mit sowas befassen.
"Ena wird anscheinend Jessica fragen, ob ich auch in der Werkstatt arbeiten kann, ob ich das will, steht anscheinend erstmal außen vor.", Melina rollte mit den Augen und setzte sich zu mir auf das Sofa.
"Es ist doch an sich keine schlechte Idee.", sagte ich.
"Ja, aber wieder neue Menschen und was ist, wenn... Wenn sie mich auch wieder kündigt, weil ich zu langsam bin? Ich brauche doch erstmal meine Zeit, um mich einzugewöhnen und was ist, wenn ich mit einem Kollegen Stress habe?", Ihr Blick wurde traurig und sie senkte den Kopf.
"Süße, lass jetzt bitte nicht den Kopf hängen. Nachdem was ich bisher von Jessica als Arbeitgeberin gehört habe, kann man sich anscheinend nicht beschweren. Du musst es nicht machen, aber wenn du willst, kannst du es dir mal anschauen.", ich strich ihr sanft über den Rücken und sie hob ihren Kopf.
"Vielleicht hast du recht, Hase. Ich... Ich warte aber erstmal die nächste Woche ab.", sagte sie ruhig.
"Nimm dir alle Zeit der Welt, ich stehe bei jeder Entscheidung hinter dir." 

Wer Weiß - 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt