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POV: Lukas // Alligatoah

Der Videodreh im Museum für Kommunikation war abgeschlossen und die letzten Bilder wurden auch gemacht. "So, ich pack's dann.", sagte ich zu Michael und Stefan. Ich bedankte mich für die gute Zusammenarbeit und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung, da Jessica auch bald in Berlin ankommen sollte.

Meinen Wagen parkte ich am Bürgersteig ab und stieg aus; in der Ferne sah ich ein Fahrzeug durch seine Scheinwerfer näherkommen und durch die augenscheinlich geöffneten Fenster nahm ich Musik wahr. - Na, wenn das mal nicht Jessie ist... - Der ankommende schwarze Passat parkte direkt hinter meinem schwarzen Audi; durch die Windschutzscheibe lachte mich Jessica an. Freudig stieg sie aus und kam auf mich zu. "Perfektes Timing, würde ich mal sagen.", lachte sie und küsste mich zärtlich. "Ich hoffe, du hast Hunger, ich war unterwegs noch schnell einkaufen und dachte, ich koche für uns.", Jessica lief zu ihrem Kofferraum und nahm die weinrote Sporttasche mit ihren Sachen, sowie den kleinen Einkaufsbeutel heraus.

Während der Auflauf im Ofen langsam gar wurde, saß Jessica neben mir auf dem Sofa und tippte auf ihrem Handy herum. "Hast du vielleicht eine Decke für mich, Schatz?", sie sah von ihrem Handy auf, in meine Richtung. Jessica war recht blass und zitterte leicht. "Du wirst doch nicht etwa krank, oder?", fragte ich besorgt und lief in mein Schlafzimmer, um die Decke vom Bett zu holen. Nachdem ich Jessica zugedeckt hatte, lief ich zur Heizung. - Steht doch schon auf Stufe 4... - "Bist du sicher, dass es dir...", ich drehte mich zum Sofa und erblickte meine schlafende Freundin, eingekuschelt in die dicke Bettdecke. "gut geht... Ach, Mäuschen." Der abgelaufene Timer am Backofen machte sich durch das Piepsen bemerkbar. In meiner Küche holte ich den Auflauf aus dem Ofen und nahm mir eine kleine Portion, den Rest stellte ich für den folgenden Tag in den Kühlschrank, nachdem er abgekühlt war.

~*~

Ganz verschlafen und mit leichten Kopfschmerzen, welche dem wechselhaften Wetter geschuldet waren, begab ich mich aus meinem Bett. Ich schlurfte durch den Flur in mein Badezimmer, um mit etwas kaltem Wasser mein Gesicht zu waschen und ging anschließend ins Wohnzimmer. Auf dem Sofa lag die Bettdecke, welche ich Jessica am Vorabend gebracht hatte, und auf dem Couchtisch stand eine geleerte Tasse mit dem leichten Ansatz einer Schaumkrone vom Kaffee. *Bin schon bei der Besichtigung. Ich liebe dich.*, neben der Tasse lag eine kleine Notiz. Ich öffnete die Terrassentür, um etwas frische Luft in das Wohnzimmer zu lassen, und bereitete mir in der Küche einen Tee zu.

Das Türschloss knackte, Jessica kam ziemlich verschwitzt wieder bei mir in der Wohnung an. "Guten Morgen, mein Schatz.", sagte ich freudig und blickte sie durch den Türrahmen an. Ich lief auf sie zu, doch sie streckte den Arm aus. *Hatschi* "Ich glaube, ich bin doch nicht so fit. Vielleicht sollte ich lieber nach Hause fahren, bevor du dich noch ansteckst.", sie schniefte und ein leichtes Husten kam hervor. "Du wirst heute bestimmt kein Auto bewegen, leg dich wieder auf das Sofa und mach' dir von mir aus den Fernseher an. Ich mache dir jetzt erstmal einen Tee und sehe nach, was mein Medizinschränkchen noch zu bieten hat." Widerwillig legte sie ihren Mantel ab und setzte sich wieder an die Stelle, an der sie am Tag zuvor eingeschlafen war. Mit dem Fieberthermometer kam ich aus dem Badezimmer, holte den fertigen Tee und ging zu Jessica ins Wohnzimmer. "Hier... die Fieberbäckchen gefallen mir gar nicht.", sie nahm mir das Thermometer ab und klemmte es unter ihren Arm.

"I push my fingers into my eyes
It's the only thing that slowly stops the ache..."

"Würdest du mir bitte mein Handy aus dem Flur mitbringen, wee... *Hatschi*... Mist... Wenn du wieder ins Wohnzimmer kommst?", mit einem Teller in der Hand, auf dem etwas vom aufgewärmten Auflauf für Jessica war, suchte ich in ihrem Mantel nach dem Handy. "Du bist der Beste, danke." Ich überreichte ihr den Teller und ihr rotes iPhone; sie gab mir das Fieberthermometer zurück. "Achtunddreißig-sieben?! Mäuschen, du hast dir 'ne schöne Grippe eingefangen." Jessica atmete tief und schwer aus. "Keine Sorge, wir bekommen dich schnell wieder hin." Sie schüttelte leicht den Kopf, presste ihre Lippen aufeinander und reichte mir ihr Handy mit einem geöffneten Chat bei WhatsApp. "Du willst jetzt nicht ernsthaft, so wie es dir geht, in diese Werkstatt fahren?"

"Schatz, ich muss... Es geht doch schnell... Hätten wir nicht noch etwas ändern müssen, hätte ich den Vertrag doch schon längst unterschrieben.", ein flehender Blick traf mich.
"Gut... Ich fahre dich, du unterschreibst und dann...", ich schüttelte meinen Kopf, um auszudrücken, dass ich das nicht für gutheißen würde. Zumal sie gerade schon von den paar Stufen hier rauf komplett fertig war.
"Ja, dann bin ich auch bereit, mich von Schwester Gatoah umsorgen zu lassen und Schwester Strobel zu knechten.", Jessica verdrehte leicht ihre Augen.
"So schlecht kann es dir ja eigentlich nicht gehen...", lachte ich und beugte mich zu Jessica herunter, auf ihre warme Stirn hauchte ich ihr einen sanften Kuss.

~*~

"Super, dass das noch so geklappt hat, Jessica. Ich wünsche dir eine gute Besserung und ein schönes...", Jessica hatte gerade den geänderten Vertrag unterschrieben; wir standen zu dritt in dem Büro von Linda, um den Schreibtisch herum. Leicht auf den Schreibtisch gestützt stand Jessica neben mir, der Infekt schien ihren Kreislauf stark zu beeinflussen. "Au... Verdammte Scheiße...", als wir auf die Halle aufmerksam wurden, liefen Linda und ich schnell raus.

"Scheiße Paps, was ist denn passiert?", Linda lief panisch zu ihrem Vater, der auf dem Boden, neben der Hebebühne lag.
"Der Tragarm der Hebebühne war nicht eingeklappt und ich bin gestolpert, ich kann meine Beine wohl doch nicht mehr so hoch heben.", er stützte sich auf seine Hände und sah zu seiner Tochter.
"Du bist jetzt aber nicht...", die junge Frau sah ihren Vater mit großen Augen an, Jessica kam langsam aus dem Büro gelaufen.
"Doch ich bin auf dem Knie gelandet...", er atmete schwer durch. "Von meiner Hüfte jetzt mal ganz zu schweigen, Liebes."

Ich half Herrn Findeisen zusammen mit Linda auf, langsam setzte er sich auf den Stuhl, den Jessica ihm von der Seite geholt hatte. Nachdem er sich gesetzt hatte, erfuhren wir, von ihm und auch von Linda, was der ausschlaggebende Punkt der Firmenübergabe war. Herr Findeisen würde wohl, nach diesem kleinen Unfall, den wir wahrgenommen hatten, endgültig als berufsunfähig eingestuft werden. 

Wer Weiß - 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt