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POV: Jessica

Da ich alle zwei Wochen zu Lukas nach Berlin fuhr sowie er an den anderen Wochenenden zu mir, plante ich mir den Montag danach immer frei ein und übernahm die Schichten am Samstag. Daher wachte ich an diesem Montagmorgen neben Lukas auf, der noch friedlich schlief. Vorsichtig hob ich seinen Arm von meinem Bauch und stand langsam auf, ein leises Grummeln entfleuchte ihm und er drehte sich auf die andere Seite. Ich lief aus dem Schlafzimmer heraus und auf das Badezimmer zu, um zu duschen. Meinen alten Bluetooth-Lautsprecher hatte ich mittlerweile bei Lukas gelassen, sodass ich weiterhin beim Duschen Musik hören konnte. Ich entledigte mich meiner Kleidung und öffnete die Glastür der ebenerdigen Dusche.

"Ich fühl mich nich' ausgebrannt
Ich fühl mich Glutexo, is' echt so
Ich hätte jetzt gern die Abrechnung
Auf die ich schon so lange warte
Kann ich den Preis, den man zahlt, auch mit Karte?..."

In meine Gedanken schlich sich wieder das Mittagessen vom Vortag, als Niklas die Lokalität betrat. Die gesungenen Worte von AnnenMayKantenreit brannten sich förmlich auf meinem Trommelfell ein und die Bilder, die ich vor Augen hatte, verursachten einen unangenehmen Schmerz in meinem Kopf sowie meinem Bauch. - War 'ne scheiß Idee, den Mix der Woche zu wählen. - Ich stellte die Dusche wärmer, in der Hoffnung, die Sorgen und Ängste von meiner Haut zu waschen. Ein leicht kalter Zug war zu spüren, an meinen Hüften spürte ich die Hände von Lukas, welche mich fest packten. So wie ich in meine schmerzhaften Erinnerungen abgetaucht war, erschrak ich, drehte mich und stieß ihn von mir weg. Lukas stürzte rückwärts aus der Dusche heraus und fing sich glücklicherweise auf dem Fliesenboden ab. Erschrocken vor meiner Reaktion blickte ich ihn an und schlug meine Hände vor dem Gesicht zusammen. "Oh mein Gott... Ist dir was passiert?", fragte ich geschockt und hockte mich neben ihm auf den Boden. "Es tut mir so unglaublich leid.", sagte ich traurig und legte meine Stirn an seine Schulter.
"Was war das gerade, Mäuschen?", fragte Lukas entsetzt. "Ich... Ich habe an gestern zurückgedacht und dann waren da plötzlich so viele Gedanken... Ich habe nur Hände gespürt und war so erschrocken... Es... Es tut mir so..."
"Psst... Ganz ruhig... Es ist nichts passiert, Süße. Komm her.", Lukas setzte sich auf den kalten Fließenboden richtig hin und zog mich fest an sich heran. "Wenn dir jetzt noch was passiert wäre... Das hätte ich mir nie verzeihen können.", ich war den Tränen nah.
"Mäuschen, ganz ruhig. Wie gesagt, es ist nichts passiert. Und die meisten Unfäl..."
"Klemm' dir bitte jetzt irgendeinen Spruch.", sagte ich in einem festen Ton.
"Okay, aber...", fest zog er mich in einen intensiven Kuss.

Nachdem Lukas und ich duschen waren, hatten wir zusammen gefrühstückt, nun saß ich mit meinem Handy in der Hand auf dem Sofa. Lukas kam aus dem Arbeitszimmer, neben mir nahm er Platz und sah mich zufrieden an. "Die Setlist ist endlich perfekt, die Jungs werden mich jetzt offiziell hassen.", lachte er. "Soweit hatten wir ja die Songs schon geprobt, aber einen habe ich jetzt noch mit reingenommen... Für dich.", sagte er. Berührt sah ich ihn an und begann kurz zu schmunzeln. "Was ist denn?", fragte er. "Jaaa, endlich Gefühle zeigen.", schrie ich und begann zu lachen. "Nein, nein, nein... so offensichtlich dann auch wieder nicht, Mäuschen.", zwinkerte er. "Hast du schon bei der Hausverwaltung angerufen?", Lukas legte mir seine Hand auf den Oberschenkel, ich schüttelte mit dem Kopf und er zog seine Augenbrauen nach oben. "Ja... Ist ja gut...", sagte ich leicht genervt. Ich hatte ein ungutes Gefühl in der Gegend meines Magens und atmete schwer aus. "Alter Verwalter.", ich rollte mit meinen Augen, Lukas lachte leicht auf.

Ich entsperrte mein Handy und wählte die Nummer der Hausverwaltung.
"Lorenz, was kann ich für Sie tun.", ich hatte den Vermieter persönlich am anderen Ende der Leitung.
"Schönen guten Tag Herr Lorenz, hier ist Jessica Winkler. Mir wurde im Dezember von Ihrer Sekretärin, Frau Engel, mitgeteilt, dass mir eine Dreiraumwohnung von Ihnen zugesagt wurde. Ich habe den Mietvertrag noch nicht erhalten, ursprünglich hätte ich ab Mitte März einziehen können, aber wäre es auch schon im Februar möglich?", fragte ich und griff instinktiv nach der Hand meines Partners.
"Frau Winkler... Ähm... Es tut mir leid Ihnen das mitteilen zu müssen, aber die Wohnung hatte ich nicht für Sie vorgesehen.", sagte der Vermieter, ich hörte wie er schwer und laut schluckte.
"Entschuldigung... Was... Können Sie das nochmal wiederholen?", fragte ich geschockt.
"Frau Winkler, die Wohnung ist an eine junge Familie vermietet worden. Es tut mir wirklich leid, dass meiner Sekretärin dieser Fehler unterlaufen ist."
"Haben Sie vielleicht etwas Vergleichbares?", ich rümpfte leicht die Nase und sah Lukas mit großen Augen an.
"Tut mir leid, mit etwas Vergleichbaren kann ich aktuell nicht dienen. Ich kann Ihnen gern zeitnah ein paar meiner anderen Angebote zuschicken, aber eine Dreizimmerwohnung wird nicht mehr in meinem Portfolio sein.", sagte er.
"Das... Das wäre sehr freundlich. Vielen Dank, Herr Lorenz.", sagte ich gekränkt.
"Ich melde mich bei Ihnen, auf Wiederhören."
"Auf Wiederhören.", ich legte mein Handy auf dem Couchtisch ab und stütze meinen Kopf auf meine Hände, mein Blick war gesenkt.

"Mäuschen?", fragte Lukas vorsichtig, traurig schüttelte ich meinen Kopf. Nach einer kurzen Zeit stand ich vom Sofa auf, lief in den Flur und nahm meine Jacke von der Garderobe. "Ich bin in einer Stunde zurück.", sagte ich zu Lukas, küsste ihn und verließ seine Wohnung.
Ich setzte mich in meinen Wagen, startete den Motor und sofort begann die eingelegte CD zu spielen.

"Die Warnung war zu spät,
Du kamst unter die Räder, jeder
Hat mal einen schlechten Tag..."

- Danke, Jungs...

Wer Weiß - 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt