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POV: Frank

"Danke, dass ihr uns zum Flughafen gebracht und den Weg auf euch genommen habt.", bedankte ich mich, im Namen von mir und meiner Frau, bei Tim, welcher gerade unser Gepäck aus dem Kofferraum seines Wagens hob. Elisa tuschelte mit unserer Tochter und nickte nur kurz, sie stand Tim recht distanziert gegenüber. "Immer wieder gern, wir hatten so gesehen keinen weiten Weg zu euch nach Waake, dank...", Tim wurde durch das Hupen eines schwarzen Passats unterbrochen. "Wenn man vom Teufel sprechen möchte.", lachte er.
Dieses Jahr hatten wir beschlossen, mit den Eltern von Jessica über die Feiertage nach Teneriffa zu fliegen, um ebenfalls etwas ausspannen zu können. Jeanine und Marcus stiegen aus Jessicas Wagen, welchen sie vor dem von Tim geparkt hatte. Jessica und ihr Partner ebenfalls.
"Frank, Elisa... schön euch zu sehen.", sagte Jessica, kam freudestrahlend auf uns zu und begrüßte uns mit einer Umarmung.
Ihr Freund half ihren Eltern ebenfalls mit dem Gepäck, geschlossen kamen sie zu uns. "Hallo...", er reichte mir seine Hand. "Lukas, freut mich."
"Frank, kann ich nur zurückgeben.", sagte ich und schüttelte ihm ebenfalls die Hand. "Elisa, freut mich.", sagte meine Frau und nahm freudig die Hand des jungen Mannes. Die Partner unserer Mädels begrüßten sich freundschaftlich, Ena und Jessica fielen sich um den Hals, als hätten sie sich seit Jahren nicht gesehen.
Nach einem kurzen Small Talk verabschiedeten wir uns und betraten den Flughafen.

~*~

Nach dem Check-in und der Sicherheitskontrolle warteten wir in der gebuchten Lounge auf den Aufruf, unseres Fliegers. Angeregt unterhielten wir uns bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen über Neuigkeiten im Privatleben sowie beruflich.
Geistesabwesend saß meine Frau neben mir und entzog sich der Konversation, sie rührte in ihrem Kaffee herum und fokussierte ihren Blick auf die Tasse. Seit sie Lukas kennengelernt hatte, stand sie neben mir, wie ein Schluck Wasser.

"Geht es dir nicht gut, mein Schatz? Ich weiß, wir sind schon lange nicht mehr geflogen.", behutsam strich ich ihr über den Rücken. Marcus und Jeanine sahen Elisa ebenfalls besorgt an und verstummten.
"Ach, der Flug ist es doch nicht, zur Not hab ich doch auch noch Reisetabletten in der Tasche.", sagte sie, aber ihren Blick löste sie nicht von dem Gefäß.
"Was beschäftigt dich denn, meine Liebe?", fragte Jeanine und stütze ihre Arme auf die dunkle Platte des Holztisches.
"Ich mache mir Gedanken, um unser Kind. Dieser Tim... Das ist doch kein Umgang...", ich warf ihr einen fragenden Blick zu, so wie ich Tim kennengelernt habe, war ich anderer Meinung.
"Was will Ena denn bitte mit einem Mann, der so viel älter ist. Er hat sogar schon Kinder, aber einen Schulabschluss wollte der Herr wohl nicht? Ena hat jetzt sogar schon ihren Job verloren und will mit Ach und Krach bei ihm einziehen. Hast du mal die Musik gehört, die er macht? Drogen hier, Drogen da... Was ist, wenn sie abrutscht und dieser... dieser Junkie sie runterzieht.", ihr Blick wechselte von der Tasse zu mir und sie atmete tief durch.
"Findest du nicht, dass du ein wenig überreagierst? Ich mag diesen Jungen sehr..."
"Pfff... Junge...", fiel sie mir ins Wort und schüttelte mit dem Kopf.
"Elisa...", ein ernster Blick meinerseits folgte. "Wie gesagt, ich mag diesen Jungen sehr. Das Gespräch, das wir geführt haben, war sehr aufschlussreich."
"Ach, Fußball ist für dich ein aufschlussreiches Gesprächsthema, Frank?", gehässig stellte sie mir diese Frage.
"Tim hat mir von sich aus von seiner Vergangenheit erzählt, er wollte uns offen und ehrlich gegenübertreten. Das finde ich sehr wichtig und ich bringe ihm sehr viel Respekt entgegen, dass er mir selbst davon erzählt hat. Allein, dass er mir von seinem Drogenkonsum erzählte. Das macht nicht jeder.", sagte ich geradeheraus und trank den letzten Schluck des Wachmachers.
"Ach, dann ist der auch noch stolz darauf?", entgeistert sah sie mich an.
"Jetzt mach doch mal die Augen auf und häng dich nicht an dem auf, was um ihn herum geschieht. Du hast ja nicht mal versucht, auf ihn einzugehen. Ena hat auch schon das ein oder andere Mal gekifft, da war er noch nicht mal spruchreif.", ich verschränkte meine Arme und verdrehte die Augen.
"Bitte?", Elisa fiel beinahe vom Glauben an.
"Ach Jessica auch, das fanden wir damals auch nicht so prickelnd, aber solange es nichts Schlimmeres ist.", Jeanine lenkte entspannt ein.
"Bitte?!", meine Frau war dabei sich hochzuschaukeln.
"Versuch doch mal so einen Dickkopf, wie es unsere Mädels sind, dauerhaft zu kontrollieren und von gewissen Dingen abzuhalten. Elisa, wir haben zwei gestandene junge Frauen großgezogen. Ena hat gerade einen Rückschlag in ihrem Leben und ich denke nicht, dass Tim an der Kündigung die Schuld trägt.", Jeanine ergriff die Hand von Elisa, diese zog sie weg und sah Hilfe suchend zu Marcus.
"Aber warum kommt sie denn nicht zu uns, sondern zieht noch weiter weg? Aber weißt du, was mich noch mehr interessieren würde, Frank?", mit einem Schulterzucken antwortete ich. "Warum du mir nicht erzählt hast, dass unsere Tochter Drogen konsumiert hat."
"Ich zweifle gerade an dir, mein Schatz, da hat sie noch bei uns gewohnt... Diese leicht geröteten Augen und der süßliche Duft, das ist dir nicht wirklich entgangen?", ungläubig sah sie mich an.
"Ach, jetzt unterstellst du mir noch, dass ich die Probleme meiner Tochter nicht sehe?"
"Elisa, jetzt beruhig dich. Ich habe Ena und Tim vorhin zusammen zehn Minuten gesehen und auch beobachtet. Du kannst mir nicht erzählen, dass er sie dazu drängt, bei ihr einzuziehen oder, dass er dazu beigetragen hat, ihre Anstellung zu verlieren. Wir wissen, wie eine unglückliche Ena aussieht, dafür kennen wir sie mittlerweile auch lang genug. Tim ist ihr Fels in der Brandung, auch wenn dir das vielleicht nicht gefällt, aber er ist ihr Glück und er will auch nur das Beste für sie.", Marcus fing auch an zu sprechen und versuchte Elisa zu besänftigen.
"Und du weißt, dass er das ist?", fragte sie schnippisch.
"Wissen kann ich sowas nicht, nur sehen. Was hat der Junge dir denn getan, dass du schlecht auf ihn zu sprechen bist?", Marcus sprach ruhig zu ihr.
"Schau ihn dir doch an?"
"Wenn es die Tattoos sind, die dich stören, verstehe ich nicht, wie du unsere Mädels so offen empfangen kannst.", lachte unser Freund sie an, doch Jeanine ergriff gleich wieder das Wort.
"Warte... Du verhältst dich so komisch, seitdem du Lukas gesehen hast. Ist das dein Problem?"
* Flug DE1478 nach Teneriffa ist zum Boarding bereit. *
"Na... es gab ja anscheinend eine bessere Wahl.", mit diesen Worten ließ sie uns entsetzt zurück. Nach dem Aufruf sprang Elisa förmlich von dem Stuhl auf, griff nach ihrer Handtasche und begab sich zum Boarding. 

Wer Weiß - 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt