Kapitel 1

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Schweren Herzens schritt ich durch die Korridore von Hogwarts.
Es schien wahrlich verändert.

Auch wenn mir dieser Ort bisher nie viel bedeutete, so schmerzte es mich doch ein wenig es in Trümmern liegen zu sehen. Nicht nur, dass die alten Gemäuer zerstört und abgebröckelt waren...nein.
Es war der Boden, der bedeckt mit Leichen war.

Einige waren Teil dieser Schule: Lehrer, Schüler oder Mitglieder des Orden des Phönix.
Andere wiederum waren Mitglieder des ehemals gefürchteten Zauberers, Lord Voldemort.

Doch dieser war bereits besiegt.

Ich hatte es mit eigenen Augen gesehen, als Harry Potter – ein Klassenkamerad aus dem Haus Griffindor – ihn mit einem letzten vernichtenden Strahl aus seinem Zauberstab tötete und Voldemort sich in Luft auflöste.

Ich war sichtlich erleichtert, dass der Krieg nun endete.
Mein Hass auf den verstorbenen Zauberer war so unbeschreiblich, dass ich selbst Potter – den ich nicht wirklich zu meinen Freunden zählen konnte – und den anderen, die tapfer gekämpft hatten, unglaublich dankbar war.

Durch meine innere Distanziertheit habe ich mir wahrlich keine Freunde während meiner bisherigen Schulzeit von sechs Jahren in Hogwarts gemacht.

Selbst in meinem zugeteilten Haus – Slytherin – hielt ich Abstand von meinen Mitschülern. Deshalb gab es für mich auch keinen Verlust im Laufe dieses Krieges zu beklagen.

Gedankenversunken huschte ich durch die Korridore, um unentdeckt zu bleiben. Auf eine Konversation verbunden mit Trauer um die Gefallenen, hatte ich keine Lust.

Als ich die großen Halle erreichte, deren Tore weit geöffnet waren, hielt ich kurz inne und sah mir die Verbliebenen Menschen an. Die Zahl war so überschaubar, dass ich sie leicht hätte abzählen können.

So viel Schmerz, Trauer und Wut in ihren Gesichtern. Auch wenn ich keine Verbindung zu diesen Menschen fühlte, konnte ich dennoch ihre Wut mit ihnen teilen.

Ich war so unbeschreiblich wütend.

Noch nie in meinem Leben verspürte ich so ein starkes Gefühl auf eine Person.

Hass.
Purer Hass fühlte ich im Inneren, wenn ich an ihn dachte.

‚Ich konnte mich nicht mal an ihm rächen', schoss es mir durch den Kopf.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Meine Fingernägel drangen durch meine Hautschicht.

‚Ich muss hier weg', dachte ich mir.

Mit schnellen Schritten lief ich an der großen Halle vorbei und steuerte den Ausgang, der zum verbotenen Wald führte, an. Ich musste mich irgendwo abreagieren und der beste Weg war, in diesem verlassenen Wald mit Zaubersprüchen um mich zu werfen.

Draußen angekommen, atmete ich die frische und wohltuende Luft ein.
Eine warme Brise striff durch meine Haare und mein Gesicht.

Ich verspürte ein kurzes Gefühl von Erleichterung, von den anderen getrennt zu sein.

Allein zu sein...

Ich lief über die große Wiese, vorbei an dem Haus des Wildhüters, und trat in das schützende Dickicht der Bäume ein.

Ich zückte meinen Zauberstab, der aus Eibe, mit einem Kern aus Phönixfeder gefertigt war und hatte bereits den Zauberspruch ‚Confringo' auf meiner Zunge, als ein helles Licht in mein Blickfeld trat.

Ich blickte auf und sah das mir vertraute, hellblaue Licht, das zu einem Patronus Zauber gehörte. Schnell untersuchte ich meine Umgebung, ob sich jemand in der Nähe befand.

Jedoch entdeckte ich niemanden.

Verwirrt wand ich meinen Blick wieder auf die Lichtkugel.
Neugierig trat ich einen Schritt näher und kurz darauf formte sich eine schimmernde Schlange daraus.

‚Aber das ist doch mein Patronus', blitzte es mir durch den Kopf.

Die Schlange wandte sich von mir ab und verschwand im finsteren Wald.

Ohne zu zögern, rannte ich hinterher.

Angst war für mich wahrlich ein Fremdwort...

Ich folgte meinem Patronus tiefer in den verbotenen Wald, bis ich bemerkte, dass sie anhielt.

Ich blieb ein paar Meter von der Schlange entfernt stehen und sah mich um. Zum ersten Mal war ich so weit in den Wald hineingegangen. Die Bäume um mich herum wuchsen so nah aneinander, dass es ungewohnt finster war. Meine einzige Lichtquelle bestand aus meinem Patronus.

„Lumos." Mit ausgestrecktem Zauberstab beschritt ich die letzten Meter bis hin zur leuchtenden Schlange.

Ich quetschte mich durch zwei letzte Bäume hindurch und befand mich auf einer Lichtung.
Sie war nicht groß, aber ein kleiner Teich ruhte in der Mitte, umgeben von Ranken, die sich auf dem Boden entlang schlängelten.

Verwundert blickte ich zu meinem Patronus. Doch wo einst die Schlange auf mich wartete, hatte sich wieder eine Lichtkugel gebildet. Diese schwebte nun vorbei an den tückischen Ranken und stoppte direkt über dem kleinen, dunklen Teich.

‚Langsam frage ich mich, wieso ich dieser blöden Lichtkugel überhaupt gefolgt bin...'

Mir war völlig bewusst, dass mein Patronus wollte, dass ich zu diesem Teich gelange. Also fackelte ich nicht lange herum und schleuderte einen roten Lichtstrahl aus meinem Zauberstab, direkt auf die Ranken.

Diese gingen sofort in Flammen auf und brannten vor meinen Augen nieder.

Nachdem der Weg nun frei war, folgte ich den Anweisungen des Lichtschimmers und trat vor den Teich. Zeitgleich sah ich das Licht im Teich verschwinden.

‚Na toll...und jetzt?'

Es herrschte plötzlich wieder vollkommene Dunkelheit um mich herum.
Fassungslos blickte ich in den Teich, indem gerade meine letzte Lichtquelle verschwand.

Je länger ich das Wasser ansah, umso schwärzer kam es mir vor.

Ich sank fasziniert auf meine Knie, während ich feststellte, dass sich die Umgebung im Wasser nicht widerspiegelte. Selbst meine Hand, die ich nun unmittelbar über dem Wasser ausstreckte, erkannte ich darin nicht wieder.

Plötzlich schlug das Wasser des Teichs leichte Wellen. Es schien, als würde auf der Wasseroberfläche ein Bild erscheinen.
Ich kniff meine Augen zusammen und erkannte ein Bild von einem auf den ersten Blick makellosen Jungen.

Ich starrte ihn wie gebannt an. Ich war so fasziniert, dass ich dachte, ich könnte ihn mit meiner Hand greifen.

Ich erkannte, dass mir der Junge seine Hand entgegenstreckte. Ich stütze mich mit der einen Hand auf dem Boden ab, um mit meiner anderen nach seiner zu greifen.

‚Nur noch ein kleines Stück weiter...'

Den ziehenden Schmerz in meiner Schulter ignorierend, reckte ich meine Hand so weit, dass ich kurz davor war, seine Hand berühren zu können.

Plötzlich spürte ich, wie etwas mein Handgelenk umschlang und mich ruckartig in die Tiefe des Wassers zerrte...

Falling for the past - Tom Riddle FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt