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Wir saßen gerade in Biologie. Elena und Marcel neben mir. Ich und Pietro haben ausgemacht, dass ich morgen nach der Schule zu ihm gehe. Ich musste ja irgendwann mit ihm das Geschichtsprojekt machen, da bringt es mir nichts, wenn ich es lange herauszögern würde.

"Ey pennst du heute bei mir?" fragte ich Elena. Ich vermisste es mit ihr bei mir zuhause rum zu hängen. "Ich muss fragen" meinte Elena. Stimmt. Sie hat ja Eltern die das verbieten könnten. Ich nickte und konzentrierte mich wieder auf den Unterricht. "Ich glaube dein Bruder und seine Freunde wissen schon das ich schwul bin. Hast du was erzählt?" fragte mich nun Marcel. Ich sah ihn verwirrt an. "Nein. Aber ehrlich. Man merkt das schon" ich gab ihm einen Blick der soviel aussagte wie 'das mein ich ernst'. Und es war auch so. Wenn man mit ihm öfter was zusammen machte, vor allem in der Schule, dann sah man, wie er gewissen Jungs nach starrte. 

Nach noch einer Doppelstunde Kunst, fuhr ich mit Elena hinter mir, auf dem Motorrad, nach Hause. Elena durfte bei mir übernachten. Ich hätte auch nichts anderes erwartet, denn ihre Eltern liebten mich.

Zuhause angekommen stellte sich Elena in die Küche. "Du siehst verdammt noch mal abgemagert aus Ari. Wir backen oder Kochen jetzt was" ich lächelte sie an "Ich hab kein hunger El" ich wollte nichts essen. Hatte Grundsätzlich keine Kraft dazu.

"Mädchen, ich mein das ernst. Los jetzt. Such dir irgendwas raus.". Sie war stur. Sehr stur. Und ich wusste, dass ich bei ihr keine Chance hatte. Also machte ich das was sie sagte und weil ich auf Muffins am meisten Lust hatte, backten wir diese während unsere Playlist lief und wir zwischendurch Tanzpausen einlegten. Nachdem wir sie in den Ofen geschoben hatten, kam mein Bruder ins Haus, gefolgt von Marie. Sie kamen beide in die Küche, während ich und Elena diese etwas sauber machten. 

"Hallo ihr zwei. Schön dich wieder zu sehen Elena!" Begrüßte Marie uns während mein Bruder sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank nahm. "Hättest ruhig etwas länger weg bleiben können." Mischte sich jetzt Kai ein.

Elena und Kai hatten sich noch nie so gut verstanden. Sie hatten immer eine gewisse Spannung zwischen sich.

Ich wollte ihm schon auf den Hinterkopf schlagen, aber Elena übernahm das für mich. "Pass auf was du sagst Lopez" ich sah Marie an, denn ich wusste nicht, was ich hätte sonst machen sollen, doch sie zuckte nur mit den Schultern. "Ich wollte nur mal nachsehen ob es euch soweit gut geht. Ich gehe morgen einkaufen. Soll ich euch etwas mitbringen?" meinte Marie, denn sie wollte uns nicht weiter stören.

"Ich brauche nichts danke" ich lächelte sie an "Kannst du mir Alkohol mit bringen Marie?" fragte Kai. Der ist gefühlt auch Alkoholiker. Marie nickte mit dem Kopf. "Was bestimmtes?" Ich sah zu Elena und wir mussten uns zusammen reißen nicht los zu lachen, denn die Situation war irgendwie unangenehm. "Naja, eben Bier und ein bisschen Vodka, kannst du dann auch Orangensaft oder Cola mit bringen?" ich fing an mir den Mund zu zu halten, denn sonst wäre mein Versuch nicht zu lachen, in die Hose gegangen. "Klar. Bis morgen dann" sie winkte zum abschied leicht mit der Hand und Kai ging daraufhin direkt in unser Wohnzimmer. 

Als wir die Muffins zum Abkühlen abgestellt hatten gingen wir hoch. Wir schmissen uns auf mein Bett und fingen an über alles mögliche zu reden. Plötzlich kamen wir in das Gespräch mit den tiefer liegenden Situationen und Problemen. Von den Sachen die wir hassten bis hin zu den Sachen die wir vermissten.

"Ich mach mir sorgen um dich Ari. Warum isst du so wenig?" ich lachte, da wir fast immer lachten wenn wir in solchen Situationen waren. "Ja keine Ahnung" sie stellte sich auf und zog mich auch auf meine Beine. Wir standen nun vor dem Spiegel. "Ich verstehe es nicht. Du bist so wunderschön" ich fand es nett was sie sagte. Aber das musste sie ja irgendwie auch. Sie war ja meine Freundin.

"Ne ich will dünnere Beine. Die sind mir zu dick und mein Bauch ist gar nicht definiert. Meine Arme sind auch zu groß." sie drehte sich zu mir um. "Bist du bescheuert? Wenn du noch schlanker wirst, dann bestehst du nur noch aus Knochen" ich sah sie verdutzt an. "Was redest du denn? Ich bin doch schon dick" sie sah mich an. Unglaubwürdig sah sie mir in meine Augen. "Du hast ein verzerrtes Bild von dir" stellte sie fest. Ich zuckte nur mit den Schultern. "Du hast Body dysmorphia Aurora" sie sah mir in meine Augen und ich glaube ich konnte tränen in ihren Augen erkennen. "Nicht weinen El. Was soll das? Dann muss ich auch weinen" ich sah sie verzweifelt an und zog sie dann einfach in eine Umarmung.

"Du bist doch doof" meinte sie mit einer zerbrechlichen Stimme. "Ich weiß" meinte ich und lachte ironisch auf. Wir waren beide kurz davor zu weinen. Doch auf ein Emotionschaos hatte ich jetzt wenig Lust, weshalb ich die Umarmung auflöste und mich wieder auf mein Bett setzte. Sie tat mir gleich. 

"Lass mal ein Film suchen für später" meinte El, als wir uns wiederberuhigthatten, weshalb wir beide unsere Handys raus holten und auf Netflix nach einem Film schauten. "Horrorfilm?" fragte ich sie. "Ne lass mal. Dann können wir nicht schlafen. Müssen wir aber weil wir morgen Schule haben" ich sah sie grinsend an. "Lass schwänzen". Doch sie schlug mir die Idee direkt wieder aus "Schon vergessen. Du hast doch morgen dein Date mit Pietro". Sie wollte mich Provozieren. "Du Arsch" ich schlug sie mit einem Kissen.

"Aber ich schwör's dir Ari. In Kanada mein Arsch ist so gewachsen" ich sah sie belustigt an. Sie war so ein komischer Mensch. "Fass doch an wenn du mir nicht glaubst" meinte sie dann. Sie wollte es nicht anders. "Wenn du meinst" sagte ich dann also, nahm meine Hand und platzierte diese auf ihrem Arsch. Sie hatte tatsächlich recht. Ich sah sie erstaunt an und fing danach an zu lachen. Sie tat mir gleich. "Hast recht" prustete ich noch währenddessen aus. 

Nach einer Zeit entschlossen wir uns für unser Kinderlieblingsfilm 'Vaiana' und während ich diesen auf meinem Fernseher raussuchte, ging sie nach unten um die Muffins zu holen. Sie kannte sich in meinem Haus mindestens so gut aus wie in ihrem eigenen, weshalb ich sie alleine gehen lassen konnte.

Wenn wir uns trafen, waren wir fast immer bei mir, denn bei ihr, war immer ihre Mutter sowie ihre Oma zuhause. Auch ihr Vater war meistens da. Hingegen bei mir fast nie jemand da war. Zwar mein Bruder und ab und zu Marie, aber eben nicht wirklich ein Elternteil.

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