Enrico
Mehrere Minuten saß ich da und dachte nach. Irgendwann hörte ich die Tür aufgehen und merkte wie sich jemand neben mich setzte. Ein lieblicher Shampoo Geruch zog in meine Nase. Emilia. Ihre Hand auf meiner Schulter brachte mich wieder ins hier und jetzt.
„Was sagt sie?", fragte Emilia.
Mit mir schwer fallenden Worten erzählte ich von dem Gespräch. Natürlich ich hatte das was ich wollte, aber einfach auf die falsche Art und Weise. Tizian sollte uns beide haben.
„Wie willst du es ihm sagen?", fragte Emilia als nächstes. „Keine Ahnung. Jahrelang hatte er nur seine Mutter und jetzt soll er bei mir leben. Zusätzlich erfährt er dann auch noch, dass Dylan nicht sein Vater ist. Das konnte ja nicht besser laufen", meinte ich. „Es ist scheiße, aber er wird es verstehen, wenn er älter ist", munterte sie mich auf.
Es war für uns beide nicht einfach. Alessandro kam dann auch noch mit Tizian raus. Vorsichtig hob ich ihn zu mir hoch. Zwei Blicke lagen auf uns.
„Wo ist Mama?", fragte Tizian. „Ich weiß es nicht. Sie meinte, dass du erstmal bei mir bleiben sollst. Ihr geht es nicht so gut", versuchte ich es ihm schonend beizubringen.
Seine Augen wurden groß und er selber ungewöhnlich still. Er merkte bestimmt, dass etwas nicht stimmte. Tizian ließ sich gegen mich fallen und fing bitterlich an zu weinen. Ich hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert. Beruhigend strich ich ihm über seinen kleinen Rücken. Mit im Grunde einem Fremden alleine gelassen.
„Eis?", fragte Alessandro um die Situation etwas aufzulockern.
Alessandro stand auf und kam nach kurzer Zeit mit drei Schüsseln wieder raus. Wir mussten irre aussehen bei den Temperaturen draußen Eis zu essen. Ich war in dem Moment froh zumindest Alessandros Jacke zu haben.
Alessandro
Während Enrico nichts vom Eis abbekam, freute Tizian sich über jeden Löffel. Eis löste zwar keine Probleme, aber ließ diese kurz vergessen. Trotz des Zuckers gähnte der kleine die ganze Zeit.
„Schlafen", sagte er schließlich. „Sollen wir nach Hause fahren?", fragte Enrico. „Leg ihn doch in mein Bett. Ich wollte noch was mit dir bereden", meinte ich.
Dankend lächelte er mich an, bevor er rein ging. Emilia schaute mich verwirrt an. Ich ging schließlich auch rein, da es kalt wurde. Vielleicht lag es am Eis, aber vielleicht auch an den 3 Grad. Wie konnte es bloß so kalt sein, fragte ich mich. November halt. Nach circa 20 Minuten kam Enrico wieder runter. Erledigt ließ er sich neben mich auf die Couch fallen.
„Also?", fragte er mich Erwartungsvoll. „Wie machst du das mit ihm ab Montag?", fragte ich. „Würde mal behaupten zuhause bleiben und irgendwann die Schule schmeißen", sagte er. „Vorschlag. Du bringst Tizian morgens hier hin und nimmst dafür Emilia mit", schlug ich vor. „Was?", kam es überrascht von beiden. „Wenn du das so machst, werden es deine Eltern schnell herausfinden. Zusätzlich kannst du so ihr denken vielleicht ändern", meinte ich. „Das würdest du wirklich machen?", fragte Enrico überrascht und ich nickte.
Ich sah ihm seine Erleichterung an. Win Win Situation für ihn, er konnte seinen Abschluss machen und seine Eltern würden nichts erfahren. Aufeinmal spürte ich eine plötzliche Umarmung. Nun konnte ich aber wirklich zu meinem Schlaf Bye Bye sagen. Im Grunde übernahm ich zu viel Verantwortung. Verantwortung für die ich nicht zuständig war.
„Lass ihm noch Luft zum Atmen", lachte Emilia. „Oh Gott, sorry", entschuldigte Enrico sich und ließ mich wieder los. „Ist schon gut", sagte ich. „Du solltest dir trotzdem einen Kindergarten suchen", meinte Emilia. „Ja ist mir bewusst, aber er sollte eigentlich erstmal mit der Situation klar kommen", erklärte er. „Und wann erzählst du ihm, dass du sein Vater bist?", fragte ich. „Heute, morgen, übermorgen, keine Ahnung", lachte Enrico.
Wenn Tizian älter wäre, würdes es Enrico bestimmt ein Stück leichter haben. Jetzt mussten aber beide durch die ganze Situation durch. Mich verwunderte es ein bisschen, dass Emilia das alles auch so locker nahm. Natürlich sie half bei allem was möglich war, aber trotzdem hasste sie ihn auch mal über alles. Was hat die Situation so verändert? Die beiden kamen mittlerweile so super klar. Es freute mich, aber es war auch komisch für mich.
„Enrico, wenn irgendwas ist, du kannst jederzeit herkommen", sagte Emilia mit einem Lächeln. „Ich war so froh, dass du mir gestern direkt helfen konntest. Ich war so überfordert mit der Situation", gab Enrico zu. „Das hat man dir angesehen", lachte Emilia.
Ich konnte mich noch daran erinnern wie überfordert wir am Anfang waren. Wir haben die Beipackzettel gefühlt studiert. Haben uns mit jeder Nebenwirkung auseinander gesetzt. Womit man welches Medikament zusammennehmen konnte.
„Ich beneide euch", sagte Enrico. „Warum?", fragte Emilia verwirrt. „Ihr kennt euch mit allem
so gut aus. Gefühlt wisst ihr bei allem wie ihr reagieren müsst", erklärte er. „Wir standen mal genau so Ratlos wie du da", meinte ich. „Du wirst Routine in alles reinbekommen. Ein fester Tagesablauf hilft da sehr", sagte Emilia. „Wie sieht eurer aus?", fragte Enrico, obwohl er es genau wissen müsste. „Nicht gerade kompliziert, aufstehen, schule, arbeit, lernen oder versuchen zu entspannen", zählte Emilia auf. „Emilia und Loredana in die Schule fahren, schlafen und oder einkaufen, Arbeiten und derzeit zwischen all dem schauen, dass es dir gut geht oder ich dir helfen muss", zählte ich auf.Enrico schaute mich mit großen Augen an. Er war mittlerweile ein halbwegs fester Bestandteil meines Tages. Ob ich es wollte oder nicht, aber ich bekam immer etwas über ihn mit. Durch ihn selber, durch Lucia oder durch Emilia. Ich hatte so oder so keine Ruhe mehr vor ihm. Mittlerweile wollte ich dieses auch nicht mehr. Er füllte die Ruhe in meinem Alltag und wenn es nur eine dumme Nachricht war. Es war schön ihn zu haben. Dieses Gefühl war schon fast Ekelhaft. Ich hatte aufjedenfall mehr für ihn entwickelt, aber er wollte nur etwas unechtes und das akzeptierte ich.
———
Wie findet ihr die Reaktion von Emilia und Alessandro?
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Nur eine Wette
Teen FictionWas war schon eine Wette? Jeder machte das doch, oder nicht? Meist ging es um Geld, aber für Enrico Rodriguez ging es um mehr. Enrico sollte jemand Daten den er über alles hasste. Aber auch er wurde von Alessandro Moretti gehasst. Die Wette kam Enr...