#70 Aufgedeckt

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Alessandro

Ich schaute auf mein Bett. Enrico war schon früher hochgegangen. Er und Tizian blockierten mal wieder das ganze Bett. Das hieß dann wohl mal wieder Couch. Gequält schleppte ich mich wieder runter. Ich hörte noch das Lachen von Emilia, denn sie saß noch mit Antonio in der Küche.

„Emi, wir haben drei Uhr und du hast Schule. Geh schlafen", rief ich genervt. „Besetzt Enrico etwa dein Bett?", fragte Emilia, als sie sich über die Couch lehnte. „Wohl eher blockieren", gab ich von mir. „Schlaf gut", verabschiedete sie sich schließlich.

Als ich Stunden später aufwachte, war es ungewöhnlich ruhig. Ich ging durchs Haus, aber keiner war da. Nur mal wieder in ein beschissener Zettel.

Fahre Emilia und Loredana. Bin gegen 11 Uhr wieder bei dir, muss noch etwas erledigen. Liebe dich- E

Super, also noch eine Stunde warten. Bestimmt musste er noch irgendwas für sein Geheimnis machen, aber dieses mal würde ich es herausbekommen. Ich wollte es nun unbedingt wissen. Die Stunde fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an. Fast wäre ich wieder eingeschlafen, aber dann öffnete sich die Tür.

„Seit wann hast du einen Schlüssel?", fragte ich. „Hab ich von Emilia", sagte Enrico, während er sich zu mir setzte.

Erschöpft ließ Enrico sich gegen meine Schulter fallen. Ich legte meinen Arm um ihn und streichelte durch seine Haare. Immer wieder gab ich ihm einen Kuss auf den Kopf.

„Verrat mir dir dein Geheimnis", raunte ich in sein Ohr.

Ich merkte wie Enrico Gänsehaut bekam, aber er schwieg. Sein Schweigen bereitete mir mittlerweile Angst. Normalerweise redete Enrico über alles, aber dieses Geheimnis hütete er wie einen Goldschatz.

„Tizian hat dir letztens schon einen Tipp gegeben, also streng mal deine Gehirnzellen an", wies er mich nach mehreren Minuten hin. „Muss ich jetzt wirklich nachdenken?", seufzte ich. „Komm mit", stand er schließlich auf.

Ich hatte es anscheinend geschafft. Wie ein Schoßhund folgte ich ihm. Wir fuhren auf die Westside. Vor einem riesen Bürogebäude blieben wir stehen. Viele Menschen in Anzügen liefen durch den Eingangsbereich. Ich kam mir so unpassend gekleideten vor in meiner Jogginghose und schlabbrigen Shirt. Enrico widerum sah nicht viel besser aus. Weiter folgte ich ihm zum Fahrstuhl. Wie ein kleines Kind wippte er die ganze Zeit herum. Er drückte den Knopf für den fünften Stock. Als die Fahrstuhltür sich mit einem Ping öffnete, erkannte ich einen kleinen weißen Tresen auf der linken Seite. Auf der rechten Seite war eine Tür aus Milchglas. Ein großer Schwarzer Schriftzug erstreckte sich darüber.

Hero Fashion

Ich konnte es kaum glauben, aber es schien das zu sein was ich dachte. Enrico nahm meine Hand und führte mich durch die Tür. Mehrere Menschen liefen herum. Eine Person kam mir bekannt vor. Nora.

„Wie gesagt, es ist noch fertig. Es dauert leider noch ein bisschen", erinnerte Enrico mich. „Du hast es wirklich geschafft", staunte ich.

Ich sah aus dem Augenwinkel wie stolz Enrico lächelte. Er führte mich weiter durch den gefühlt Endlosen Gang. An einer Tür blieben wir schließlich stehen. Zimmer 105. Das Glas zierte auch eine Schrift welche mich zum Lächeln brachte.

Geschäftsführung
Enrico Carlos Rodriguez

Ich schaute zu der Tür daneben und konnte mir bei dir Aufschrift nicht das Lachen verkneifen.

Mini Boss
Tizian Hernandez

Das war ja mal süß. Da fiel mir dann auf, dass Enrico nie wirklich weit weg war. Die ganze Zeit war er in der Stadt. Hätte ich mir einmal die Mühe gemacht ihn zu suchen, hätte ich ihn bestimmt gefunden. Enrico öffnete schließlich die Tür und zog mich rein. Er rief noch irgendeinen Namen über den Flur. Kurz danach betrat auch Nora den Raum.

„Nora, was machen wir hier?", fragte Enrico, als er die Tür hinter ihr schloss.

Enrico drückte mich auf einen Sessel vor einem Schreibtisch während er sich auf den Bürostuhl setzte. Er legte seine Hände erwartungsvoll zusammen und blickte zu Nora. Sie schien total überfordert.

„Wir, hier bei Hero Fashion, revolutionieren die Mode. Wir setzen neue Fashion Trends. Wir werden den Markt erobern", sagte Nora schließlich. „Nicht sonderlich schön gesagt, aber ja genau das", lachte Enrico. „Ich bin stolz auf dich", freute ich mich für ihn.

Ich konnte es kaum glauben. Innerhalb von zwei Monaten hatte er sich seinen Traum erfüllt. Meine Freude für ihn konnte ich kaum in Worte fassen. Es machte mich wirklich unglaublich stolz.

„Ich habe dir ja gesagt, dass ich das für uns beide getan habe, also mein Verschwinden. Es ist hier viel zu tun, ehrlich gesagt läuft hier alles drüber und drunter. Wodurch ich dir einen Job anbieten möchte und wäre ziemlich glücklich, wenn du es annimmst. Ich hätte noch was in meinem Management frei", erzählte Enrico mir.

Man könnte behaupten, dass mir der Atem wegblieb. Mein Blick wanderte zwischen ihm und Nora. Sie nickte mich nur an, während Enrico mich anlächelte. Natürlich es war verlockend, aber auch eine große Verantwortung. An einer Bar brauchte man sich nicht so viel Gedanken machen. Die Leute bestellten ihr Bier oder ihre Mischung und fertig. Ein bisschen hier und da putzen. Ein offenes Ohr haben, aber das war es ja auch im Grunde schon. Ich arbeitete schon Jahre in dieser Bar und es hatte weitestgehend mit der Bezahlung funktioniert. Dort war es nicht schlimm in Jogginghose zu erscheinen oder mal mit einem Pfeilchen. Es war etwas ganz normales. In diesem Gebäude, in diesem Gang liefen alle mit einem perfekt sitzenden Anzug herum. Fast schon Angst breitete sich in mir aus bei dem Gedanken für meinen Freund zu arbeiten. Mit meinem Freund. Zusätzlich hatte ich Angst, dass es unsere Beziehung zu sehr belasten würde oder sogar zerbrechen würde. Enrico schaute mich Erwartungsvoll an.

———

Was denkt ihr? Wird Alessandro das Angebot annehmen?

Warum wohl Hero?

Nur eine WetteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt