Enrico
Die ganze Nacht konnte ich nicht wirklich schlafen, denn Tizian hustete die meiste Zeit. Erst um vier Uhr fiel mir ein, dass ich Hustensaft gekauft hatte. Wie konnte ich das bloß vergessen. Für den Beipackzettel brauchte man gefühlt ein Medizinstudium. Als Tizian endlich schlief, konnte ich mich auch beruhigt ins Bett legen. So konnte ich ihn aber nicht bei Alessandro lassen, wodurch ich ihm schrieb.
Zimtzicke
zuletzt Online 03:47 UhrHey, lasse Tizzy bei mir
Oke, ist denn bei
dir alles gutJa soweit
Soll ich vorbei kommen,
wenn ich Emilia und
Loredana gefahren habe?Gerne, muss eh
was mit dir klärenMuss ich mir sorgen
machen?Nein, aber ich versuche
jetzt noch zu schlafenSchlaf gut
Du auch Zimtzicke
Arschloch
~~~
Alessandro hatte gesagt, dass er nicht mehr mit zu einem Event geht, aber nicht, dass er nicht auf Tizian aufpasst, wenn ich zu einem Essen muss. Ein paar Stunden konnte ich schließlich schlafen. Mehr schlecht als recht. Als ich durchs Klopfen wach wurde, lag Tizian auch aufeinmal in meinem Bett. Verschlafen öffnete ich die Tür.
„Was wolltest du denn mit mir klären?", fragte Alessandro. „Lass erst einen Kaffee trinken", murmelte ich. „Du bist verschlafen echt niedlich", lachte San. „Klappe", zischte ich.
Ich setzte Kaffee auf und schnitt währenddessen Obst für Tizian. Vorher hatte ich nie wirklich über gesundes Essen nachgedacht, aber für Tizian sollte ich das machen. Kochen tat ich mittlerweile auch mehr frisch anstatt beim Imbiss ein paar Straßen weiter etwas zu holen. Dieses Kind hatte mich in wenigen Wochen so verändert.
„Am Samstag ist Familienessen", sagte ich. „Und weiter?", fragte Alessandro. „Ich weiß Tizian ist krank, aber kann einer von euch auf ihn aufpassen? Nur für drei oder vier Stunden", fragte ich, während ich einen großen Schluck Kaffee nahm. „Puhh, ich muss schauen. Emilia und Loredana sind im Kino. Antonio und Lorenzo sind weg. Ich muss eigentlich arbeiten. Haben eine Feier in der Bar, aber ich spreche mal mit Mike", meinte San.
Mist. Ich konnte Tizian weder mitnehmen noch absagen. Nun hieß es hoffen, dass Alessandro irgendwas regeln konnte. Ich war noch nicht bereit es meinen Eltern zu sagen. Ich würde nie wieder lebend bei denen rauskommen. Die schlimmsten Szenarien bildeten sich schon in meinem Kopf. Meine Atmung verschnellerte sich schon bei dem Gedanken.
„I-Ich bin noch nicht b-bereit dafür", stotterte ich. „Wir bekommen das schon hin", nahm Alessandro mich in den Arm. „N-Nein, die werden es erfahren", murmelte ich gegen seine Brust. „Ich regel das kleiner", versuchte er mich zu beruhigen. „Was wenn nicht?", fragte ich. „Dann gehst du halt nicht dahin. Dann bist du krank", meinte San.
Krank wäre ansicht keine schlechte Idee, aber es würde bestimmt nicht funktionieren. Es würde meine Eltern nicht interessieren, denn sie wollten etwas mit mir besprechen.
„Ich hab mal eine Frage", sagte Alessandro. „Mh?", machte ich nur. „Was wünschst du dir für die Zukunft?", fragte er, während er mich los ließ. Ich setzte mich auf meine Küchenplatte und seufzte. „Beruflich wäre mein Traum eine Modefirma", murmelte ich. „Wenn das dein Traum ist, wirst du das auch hinbekommen. Hast du denn schon Entwürfe?", lächelte er. „Ähm ja ein paar, aber nichts wirklich großes. Sieht alles ein bisschen blöd aus", sagte ich. „Wenn du nichts dagegen hast, würde ich es mir gerne mal anschauen", meinte San.
Ich sprang von der Platte runter und ging in mein Schlafzimmer. Tizian schlief noch immer wie ein Stein. Von meinem Schrank holte ich einen kleinen Karton herunter. Seit Jahren sammelte ich schon verschiedene Ideen darin. Als kleines Kind hatte ich mich schon für Mode interessiert.
„Hier", drückte ich Alessandro den Karton in die Hände.
Er breitete mehrere Blätter auf der Platte aus. Ganz genau betrachtete er die Entwürfe. Zwischendurch schweifte sein Blick zu mir. Alessandro war der erste, der von meinem Traum wusste.
„Du bist echt talentiert und jetzt widersprich mir nicht", meinte Alessandro. „Danke, aber der Traum wird immer ein Traum bleiben. Was ist eigentlich dein Wunsch für die Zukunft?", lenkte ich von mir ab. „Wollte schon immer gerne etwas im Management machen", sagte San. „Würde zu dir passen. Organisieren liegt dir im Blut", ermutigte ich ihn. „Kann sein, aber ich stelle meine Wünsche nach hinten", meinte er.
Ich wollte ihm widersprechen, aber ließ es, denn ich wollte nicht diskutieren. Er sollte aber seine Bedürfnisse nicht immer nach hinten anstellen. Sein Potential ließ er ungenutzt.
„Was machst du heute noch Zimtzicke?", fragte ich. „Nenn mich nicht immer Zimtzicke", zischte er mich an. „Ist keine Antwort auf meine Frage, Zimtzicke", ärgerte ich ihn. „Nichts außer Arbeiten, warum?", stellte er mir eine Gegenfrage. „Dann kann ich dich bis dahin nerven", lächelte ich. „Warum hab ich mir nichts einfallen lassen", stöhnte Alessandro auf. „Tjaa, also was willst du frühstücken?", fragte ich. „Ich frühstücke nicht", meinte er.
Manchmal fragte ich mich, ob er wirklich zwei Jahre älter war als ich. Selbst ein kleines Kind wusste, dass Frühstück wichtig war. Genau so wie regelmäßiges Essen.
„Frühstück ist aber wichtig", sagte Tizian verschlafen, als er bei uns stand. „Schau sogar Tizian weiß das", meinte ich. „Idiot", murmelte Alessandro. „Also? Müsli? Cornflakes? Eier? Obst?", fragte ich. „Müsli und Obst", gab er sich geschlagen.
Ich schob beiden ihr Frühstück hin während ich selber Cornflakes aß. Manchmal fragte Alessandro sich bestimmt was er sich mit mir angetan hatte. Ich war sehr froh, dass er mich akzeptierte so wie ich war auch wenn das machmal sehr stressig war. Er war der erste, den ich freiwillig meinen Eltern vorgestellt hatte. Man konnte schon sagen, dass er meinen ganzes Leben offen gelegt bekam. Niemand anderes hatte dieses Unglück. Alessandro war nur durch eine dumme Wette in mein Leben gestolpert. Vielleicht wäre auch mein Leben längst schon zu Ende, wenn ich diese Wette nicht abgeschlossen hätte. Ich war zu ihm offener als je zuvor zu jemanden. Er war wie ein Schutzengel.
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Wer ist euer Lieblings Charakter?
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Nur eine Wette
Teen FictionWas war schon eine Wette? Jeder machte das doch, oder nicht? Meist ging es um Geld, aber für Enrico Rodriguez ging es um mehr. Enrico sollte jemand Daten den er über alles hasste. Aber auch er wurde von Alessandro Moretti gehasst. Die Wette kam Enr...