#38 Picasso

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Enrico

Nun war es raus. Alessandro kannte mein größtes Geheimnis. Zum Glück machte er keine Vorwürfe. Seine Blicke waren teilweise eher mitleidig. Das er hier saß war für mich ein Zeichen, dass er mich nicht weiter abschieben wollte. Er hatte die Chance genau das zu machen, aber trotzdem war er mit mir gefahren. Vielleicht nur aus Neugier, aber das war mir dann egal.

„Tizian, was hälst du von etwas malen?", fragte ich, da ich nicht wollte, dass er alles mitbekam. „Jaa", kam es begeistert. „Dann warte kurz hier und sei lieb", sagte ich, als ich ihn auf die Couch setzte.

Ich hatte zwar nicht viel da um ihn zu beschäftigen, aber ein paar Buntstifte hatte sogar ich in meiner Schultasche. Wofür ein leeres Blatt, wenn man auch unnütze Schulblätter hatte. Als ich gerade zurückgehen wollte, hörte ich wie Tizian Alessandro am Löchern war.

„Ein Freund von Enio oder sein fester Freund?", fragte Tizian. „Erstmal nur ein Freund", sagte Alessandro, aber der kleine gab sich damit natürlich nicht zufrieden. „Warum?", hinterfragte er. „Es ist kompliziert, aber vielleicht ändert sich das irgendwann. Vielleicht auch bald", antwortete San.

Bevor er weitergelöchert wurde, rettete ich ihn. Ich hob Tizian von Alessandro runter und setzte ihn auf den Küchentisch. Vom Stuhl aus hätte er nichts gesehen.

„Boden", sagte er verlangend. „Dann soll es der Boden sein", meinte ich und hob ihn wieder runter. „Wenn du fertig bist, möchte ich das Bild unbedingt sehen", lächelte ich.

Es war schön Tizian so glücklich zu sehen. Zu gerne hätte ich ihn öfter bei mir. Eigentlich sollte ich nochmal mit Francesca reden, aber ich kannte die Antwort auf alle Fragen bezüglich Tizian.

„Enio?", fragte Alessandro verwirrt, als ich mich wieder zu ihm setzte. „Er kann meinen Namen nicht richtig aussprechen", erklärte ich. „Er hat die gleichen goldbraunen Haare wie du", bemerkte er. „Und die gleichen Augen", fügte ich hinzu.

Ohne mir ersichtlichen Grund legte Alessandro seinen Arm um mich. Ich ließ mich gegen ihn fallen und genoss den Moment. Es schien alles so perfekt. So könnte es für immer bleiben, dachte ich mir.

„Es tut mir leid", murmelte Alessandro. „Was denn?", fragte ich verwirrt. „Das ich einfach so tun wollte als ob du nie in meinem Leben gewesen wärst. Die Aktion mit den Inlinern war total süß von dir. Ich hab mir was falsches einreden lassen", erklärte er. „Ich hoffe es hat dir spaß gemacht auch wenn wir jetzt schon wieder hier rumhängen", sagte ich. „Aufjedenfall und es ist nicht schlimm, dass wir hier sind. Zwar hätte ich nicht mit dem gerechnet was passiert ist, aber ich finde es schön", meinte er. „Du kannst die Inliner auch behalten. Selbst wenn du nein gesagt hättest, hätte ich dir die Todesdinger da gelassen", lächelte ich auch wenn er es nicht sah.

Ich hatte es geschafft seine Meinung zu ändern. Irgendwie war ich mal stolz auf mich selber. Meine Angst vor seiner Reaktion war längst vergangen. Alessandro vermittelt mir ein Gefühl der Sicherheit. Aufeinmal spürte ich seine Hand an meinem Kiefer. Mit seinem Griff zwang er mich ihn anzuschauen. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Ein kurzer überprüfender Blick zu Tizian seinerseits bevor ich seine Lippen auf meinen spürte. Mit fast allem hätte ich gerechnet, aber nicht damit.

„Wollen wir es nicht nochmal versuchen?", fragte Alessandro vorsichtig.

Er beobachtete meine Reaktion ganz genau. War das ein Traum?

„Sehr gerne", lächelte ich. „Ich wusste es", kam es von Tizian, als Alessandro mir einen Kuss auf die Stirn gab. „Fertig mit Malen?", fragte ich. „Brauche ein neues Blatt", meinte er und spielte nervös mit der Zeichnung rum. „Bekommst du, wenn du mir das Bild zeigst", stellte ich meine Bedingung.

Er gab mir sein gemaltes Blatt und ich muss Lächeln. Es war das erste selbst gemalte Bild von ihm was ich sah. Eine Wiese, ein Haus, ein Baum und eine typische Ecken Sonne.

„Richtiger Picasso", grinste Alessandro. „Das sieht richtig gut aus", lobte ich ihn. „Findest du?", fragte Tizian. „Aufjedenfall", lächelte ich. „Mama sagt immer, dass das blöd aussieht", beichtete er mir. „Hör nicht auf die Mama. Dieses Bild sieht gut aus. Weisst du was ich damit mache? Ich werde es aufhängen", munterte ich ihn auf.

Ich hatte lang genug nichts gesagt, aber das ging garnicht. Da konnte Francesca sich warm anziehen. Niemand hatte Tizian so etwas einzureden. Druck schon auf einen drei Jährigen aufzubauen. Wie sollte das denn bitte Enden? Sollte er so werden wie ich? Natürlich versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen und holte Tizian ein neues Blatt. In meinen Schubladen suchte ich direkt nach Klebeband. Als das Bild hing, sah der kleine sehr begeistert aus.

„Das Weib wird was von mir zuhören bekommen, wenn sie wieder hier ist", murmelte ich, als ich mich wieder zu Alessandro setzte. „Streite dich nicht mit Francesca, wenn Tizian dabei ist", sagte  er. „Wird leider wohl nicht anders gehen", meinte ich. „Sprich mit ihr, wenn er schläft. Ihr solltest ruhig bleiben", riet er mir. „Er soll so wenig wie möglich mitbekommen", murmelte ich. „Ich muss dann mal so langsam zur Arbeit", sagte Alessandro, als er auf sein Handy schaute. „Nein, ich hatte mit Mike gesprochen. Keine Sorge, ich gebe dir das Geld welches dir entfällt", erklärte ich. „Manchmal bist du echt knuffig", lachte er.

Knuffig? So wurde ich ja noch nie bezeichnet. Mein Blick lag die ganze Zeit auf Tizian. Immer wieder schaute er zu dem aufgehängten Bild. So langsam fing ich aber an mich zu fragen wo Francesca war. Nie hat sie mich so lange mit ihm alleine gelassen. Sie hatte immer Angst, dass ich ihm die Wahrheit sage. Oder was das alles ein Plan von ihr? Ich wusste es nicht, aber wahrscheinlich war ich schon drauf reingefallen. Erst spät Abends, als Tizian schon schlief, klopfte es an der Tür.

———

Hat Francesca einen Plan? Wenn ja welchen?

Wie wird es wohl zwischen Enrico und Alessandro weitergehen?

Nur eine WetteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt