#67 Geheimnis

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Emilia

Antonio und Lorenzos saßen unruhig auf der Couch. Immer wieder ging der Blick zur Haustür. Alessandro war die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Keine Nachricht, kein Anruf, einfach nichts.

„Seit ihr euch sicher, dass San nicht hier war und wieder gegangen ist?", fragte Lorenzo. „Dann hätte er zumindest einen Zettel auf den Küchentisch gelegt", sagte ich. „Bestimmt liegt der bei dieser Lucia im Bett", vermutete Antonio. „Selbst wenn, hätte er bescheid geben können", meinte ich.

Natürlich hatte Alessandro sein eigenes Leben, aber die Info, dass er weg wäre, wäre schön gewesen. Er sagte sonst immer bescheid. Genau das bereitete mir sorgen. Erst dachte ich, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass er gekommen war, aber sein Bett war leer. Selbst auf Nachrichten oder Anrufe reagiert er nicht.

„Vielleicht hat er auch nur zu viel getrunken", sagte Lorenzo. „Wo wollten die beiden überhaupt hin?", fragte Antonio. „Keine Ahnung. Er wusste es selber nicht genau, aber hat etwas von einem Event gesagt", meinte ich.

Lorenzos Blick ging direkt zu mir. Er wusste bestimmt irgendwas oder vermutete zumindest etwas. Bitte lass es was gutes sein. Er kramte nach seinem Handy und im nächsten Moment bekam ich eine Nachricht.

Lorenzo

Monatliches Rodriguez
Spendenevent

Willst du mich
verarschen?

Ausnahmsweise nein

Ich will jetzt nicht, dass
Antonio überreagiert,
also spiel mit

~~~

„Ah Mist, Rebecca ist krank, ich muss einspringen", log ich. „Soll ich dich fahren?", fragte Lorenzo. „Das wäre lieb", sagte ich. „Ich schreib dir, wenn Alessandro hier auftauchen sollte", meinte Antonio. „Bitte bevor du ihn erschlägst", bat ich ihn.

So gelang mir wenigsten eine halbwegs unauffällige Flucht. Im Auto schaute mich Lorenzo Erwartungsvoll an. Ich befahl ihm nur zu Enricos Apartment zu fahren. Wenn Alessandro bei diesem Event Enrico gesehen hatte, würde er bestimmt dort sein. Niemals würde er in dem Rodriguez Anwesen bleiben. Dafür hasste er Enricos Eltern zu sehr. Lorenzo entschied sich auf mich zu warten. Anstatt den Aufzug zu nehmen, rannte ich die Treppen herauf. Mit ein bisschen zu viel Kraft klopfte ich gegen die Tür. Keiner machte auf, aber ich hörte Geräusche. Enricos Lachen. Erneut klopfte ich und dieses mal tat sich auch etwas. Ein halb nackter Enrico machte mir auf. Ich erkannte sofort einen Knutschfleck an seinem Hals.

„Sag mir bitte, dass Alessandro bei dir ist", sagte ich außer Atem. „Bekomm ich kein Hallo?", lachte Enrico und ich drückte mich an ihm vorbei. „Emi", rannte Tizian auf mich zu. „Tizian, setz dich", hörte ich dann Alessandro.

Alessandro saß ganz gemütlich auf der Küchenablage und verspeiste ein Brötchen. Seit Wochen sah ich wieder ein richtiges echtes Lächeln auf seinen Lippen. Ich war ihm fast schon nicht mehr böse. Er hatte das wieder was er vermisst hatte. Enrico kam dann auch in die Küche und stellte sich vor meinen Bruder.

„Keine Nachricht, kein Anruf, nichts von dir", fuhr ich Alessandro an. „Ist die Brieftaube etwa nicht angekommen?", lachte Alessandro. „San, wir haben uns sorgen gemacht", verdeutlichtete ich nochmal. „Mir geht es super", lächelte Alessandro. „Diesmal glaub ich dir das sogar, aber Enrico komm mal her, lass dich mal drücken", sagte ich.

Enrico kam dann auf mich zu und nahm mich feste in den Arm. Ich dachte nicht, dass selbst ich ihn so vermissen würde. Das überteuerte Parfüm hatte er aber immer noch nicht gewechselt.

„Also, wofür hast du uns verlassen?", fragte ich. „Bleibt noch ein Geheimnis", lächelte Enrico. „Ich würde es auch gerne mal erfahren, also was du gemacht hast", zog Alessandro ihn wieder an sich. „Das Wort Geheimnis kennst du auch nicht Zimtzicke", sagte Enrico. „Kennen schon, aber mögen nicht", meinte ich. „Ich merke es", lachte Enrico.

Der Anblick von den beiden war wunderschön. Wieder vereint wie zwei Puzzleteile. Aufeinmal spürte ich ein zupfen an meinem Oberteil. Ich sah herunter es war Tizian. Den kleinen hatte ich auch vermisst, wodurch ich ihn hoch hob. Glücklich lächelte er mich an. Das einzige was mich ablenkte war eine Diskussion zwischen Alessandro und Enrico.

„Nein, es bleibt ein Geheimnis. Du musst dich nur einen Monat Gedulden", sagte Enrico. „Du sagst es mir jetzt, sonst ich geh ich gleich", bockte Alessandro. „San, hör auf. Sonst ist Enrico bestimmt wieder weg", mahnte ich ihn. „Ich würde es dir ja zeigen, aber es ist noch nichtmal fertig", versuchte Enrico sich rauszureden. „Mode", platzte es dann aus Tizian heraus.

Enrico drehte sich erschrocken um. Er hatte einen Ist-das-dein-ernst Blick drauf. Anscheinend hatte Tizian genau das richtige Stichwort gegeben. Alessandro fing dann auch an zu Lächeln.

„Für dich gibt es heute keine Süßigkeiten", sagte Enrico. „Aber", verschränkte Tizian seine Arme. „Kinder sind was tolles", lächelte San. „Ist schließlich auch meins", lachte Enrico.

Während Alessandro zu verstehen schien, stand ich noch immer auf dem Schlauch. Das Wort Mode konnte ich einfach nicht mit Enrico in Verbindung bringen. Aufeinmal klingelte Enricos Handy und er verschwand aus dem Raum. Man hörte nur ab und zu ein leises Fluchen.

„Jetzt hast du ihn wieder", sagte ich. „Meine Dummheit bringt mich in super Situationen", lächelte Alessandro. „Dieses mal zumindest nicht ins Krankenhaus, aber das nächste mal möchte ich zumindest ein Lebenszeichen", meinte ich. „Hab eine Brieftaube losgeschickt nachdem ich anscheinend mein Handy verloren habe", gab er dann zu. „Du hast was?", fragte Enrico, als er wieder in die Küche kam. „Mein Handy verloren", wiederholte Alessandro. „Ich bring dir heute Abend eins in die Bar, aber ich muss jetzt leider weg", sagte Enrico.

Lorenzo schaute skeptisch, als ich mit Alessandro zu seinem Auto kam, aber traute sich auch nicht irgendwas zu sagen. Enrico wollte uns natürlich auch nicht erzählen wohin er so schnell musste. Ein Teil seines Geheimnisses. Damit bekommt er Alessandro bestimmt noch auf die Palme. Er mochte noch nie Geheimnisse, aber es verunsicherte ihn bestimmt auch nachdem Enrico Wochenlang verschwunden war.

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Was denkt ihr ist Enricos Geheimnis?

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