Der Smoking

1.2K 21 2
                                    

„Wie ich sehe hast du einen Smoking gefunden." sprach ich und deutete an Felix herunter.

„Hab ich. Was sagst du?" mit einem Filter zwischen seinen Lippen drehte er sich einmal um 180 Grad.

„Nicht schlecht." grinste ich.

„Wie „nicht schlecht"? Ich hatte auf „smoking hot" gehofft." lachte er.

Grinsend schüttelte in den Kopf. Natürlich sah er gut aus, keine Frage. Felix war ein schöner Mann und die Aufmachung stand ihm wirklich gut. Aber...

„Was ist das da an deinen Zähnen?" fragte ich.

„Grillz." antwortete er, zog seine Oberlippe hoch und biss sich dabei zeitgleich auf seine Unterlippe.

„Ganz schön prollig. Bist du ein Rapper oder sowas?"

Felix lachte. „Nee, schön wär's."

„Was bist du dann?"

„Mhm?"

„Ich habe gehört, wie du zu dem Barkeeper meintest, ihr wärt auf dem deutschen Filmpreis gewesen. Bist du ein Schauspieler?" fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich."

„Sondern?"

„Ich habe vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben, das jetzt verfilmt wurde."

Überrascht hob ich die Augenbrauen. „Echt? Das ist cool! Habt ihr einen Preis gewonnen?"

„Wir waren zwar nominiert, aber nee. Nichts gewonnen."

„Oh, das tut mir leid."

„Ach Quatsch." winkte er ab. „Alles cool so. Ich habe eh nicht damit gerechnet, mit nem Preis nach Hause zu gehen. Der Film war ein Erfolg, das ist alles, was zählt."

„Läuft der noch? Im Kino, meine ich."

„Nee, nicht mehr. Wieso, willst du ihn dir ansehen?" lachte Felix.

„Wenn er noch im Kino laufen würde, wieso nicht? Worum geht's denn?"

„Um ne Gruppe Jungs, die in schwierigen Verhältnissen in Neukölln aufwachsen. Um an Kohle zu kommen, klauen sie eines Nachts die neuen Computer in der Schule, was ein paar Probleme mit sich bringt." erklärte Felix.

„Klingt interessant. Ist das ne Biografie?"

Wieder lachte er. „Wie kommst du denn darauf?"

„Nur so ein Gefühl."

„Also komme ich für dich wie ein Asi aus Neukölln rüber?" fragte er neugierig und legte den Kopf leicht schief.

„Du kommst mir wie jemand rüber, der gerne zeigt, was er hat, aber ungerne darüber spricht, woher er es hat." erklärte ich nach kurzer Überlegung.

Felix zog eine Augenbraue hoch. „Also denkst du, ich bin kriminell?"

„Nein." lachte ich. „Aber du kannst mir doch nicht erzählen, dass du all das nur durch ein Buch erwirtschaftet hast."

„Das habe ich auch nicht gesagt." zwinkerte er. „Ich bin Comedian."

„Ah, echt?" entgegnete ich überrascht. „Damit verdient man so viel Geld?"

„Wenn man gut ist und ein bisschen Glück hat, ja." grinste er. „Genug von mir. Was ist mit dir?"

„Ich arbeite in einem Start-Up in London. Sprachenmanagement." antwortete ich.

„London? Was machst du dann in Berlin?" fragte er verwirrt.

„Ich habe bis vor kurzem noch in London gewohnt. Weil ich mich von meinem Ex-Mann getrennt habe, bin ich wieder zurück nach Berlin gezogen. Dank Home Office kann ich meinen Job auch von hier aus machen." erklärte ich.

„Verstehe." sprach er und sein Blick fiel auf meine Hand, die um das Glas gelegt war. „Du hast den Ring abgenommen." stellte er fest.

Ich nickte. „Der Ring gehörte seiner Großmutter. Sie hat ihn an mich weiter gegeben, als wir geheiratet haben. Ich hatte zu viel Anstand, ihn zu behalten oder wegzuschmeißen, also habe ich ihn gestern mit den unterschriebenen Scheidungspapieren an ihn zurück geschickt."

„Warum habt ihr euch scheiden lassen?"

Ich hielt kurz inne. Ich wollte ihm nicht sagen, dass John mich betrogen hatte. Es war mir peinlich. Auch wenn ich tief in mir drin wusste, dass es Blödsinn war, gab ich mir und meinen mangelnden Fähigkeiten eine gute Ehefrau zu sein, die Schuld an seiner Untreue.

„Es hat einfach nicht mehr gepasst." antwortete ich und dabei wollte ich es belassen. Felix schien das zu spüren und lenkte schnell vom Thema ab.

„Und was machst du hier heute Abend?"

„Ich dachte mir, ich feiere meine neu erworbene Freiheit und das Singleleben." lachte ich.

Felix musste schmunzeln. „Ganz alleine in einer Bar?"

„Naja... attraktive, potentielle Liebhaber klingeln ja nicht einfach an deiner Haustür. Da muss man schon aktiv auf die Jagd gehen."

Er lachte. „Du bist also auf der Jagd, ja?"

Nervös rieb ich mir die Stelle, an der sonst mein Ehering steckte und zuckte mit den Schultern. „Ach, eigentlich weiß ich nicht, was ich hier tue. Ich wollte nur mal raus gehen und ein bisschen Spaß haben."

„Wie lange warst du mit deinem Mann zusammen?" Fragte Felix mich.

„6 Jahre. Zwei davon verheiratet."

„Also kann man sagen, du bist ein bisschen raus aus dem Flirtgame?"

„Ein bisschen." gab ich lachend zu. „Ich weiß nicht mal, ob ich jemals wirklich drin war. Ich habe John damals in einem Café kennengelernt und ich kann mich nicht daran erinnern, aktiv mit ihm geflirtet zu haben. Er hatte mich aus Versehen angerempelt, worauf hin ich meinen Kaffee verschüttete. Als Entschuldigung lud er mich auf einen Neuen ein und ja... so kam das." erklärte ich und spürte, wie mir unwohl wurde. Über John zu reden war immer noch schwierig für mich. Vor allem über unsere Anfangszeit. Als noch alles okay war. Als ICH noch okay war.

„Klingt wie aus nem typischen 90er Jahre Liebesfilm." erwiderte er.

Ich lächelte. „So war's auch."

Ich sah Felix an, dass er noch viele Fragen hatte, aber er stellte keine davon. Stattdessen bot er mir seine Hilfe an.

„Pass auf, ick bin jetzt nicht so der krasse Wingman und mit Liebe hab ick och nüchts am Hut, aber ick weiß was Männer jut finden. Wir gabeln hier heut' eenen für dich auf." brachte er enthusiastisch hervor.

Mein Enthusiasmus hielt sich, im Gegensatz zu seinem, eher in Grenzen. „Mhm, ich weiß nicht."

„Doooch, doch doch. Du weißt." dementierte er. „Das war doch der Grund für dein Ausgehen heute Abend? Du wolltest jagen. Und, um in dem Bild zu bleiben, werde ich heute Abend dein Gewehr sein. Oder sowas." lachte er.

„Aber warum?"

„Wie, warum?" fragte er und sah mich verwirrt an.

„Na, hast du nicht was besseres für deinen Abend geplant, als mir einen Mann klar zu machen?"

Er überlegte kurz. „Nee, ich glaube, das wird lustig. Außerdem bin ich dir noch was schuldig, weil ich deinen Hund angefahren habe."

„Also Schokolade würde es als Entschädigung auch tun." murmelte ich unsicher vor mich hin.

„Damit du fett wirst und jar keenen mehr abkriegst?" lachte er. „So einfach hättest du's wohl gerne. Nein, wir gehen jetzt kurz rüber zu mir, ich zieh mir was vernünftiges an und dann suchen wir dir wat feines."

„Warum willst du dich umziehen?" fragte ich verwirrt. „Das sieht doch gut aus."

„Ja, ist auch alles schön und gut, aber dit bin ick einfach nicht."

„In dem Aufzug würdest du heute aber mit Sicherheit auch nicht alleine nach Hause gehen." machte ich ihm klar.

Felix grinste schelmisch. „Ich brauche keinen Smoking um Weiber aufzureißen."

Ich glaubte ihm auf's Wort.

The night we met - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt