Die Eichhörnchen

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„Ey!" ermahnte ich Felix. „Hör auf, die ganzen Nüsse weg zu futtern, die sind für die Hörnchen!"

„Mhmpf. Die sind aber lecker." beschwerte er sich mit vollem Mund. „Außerdem sind die schon fett genug. Verhungern werden die nicht."

Wir waren auf dem Weg zum St. James Park, um Felix die berühmten Eichhörnchen zu zeigen und dieser hatte mittlerweile bereits fast eine von zwei Nusstüten selber geleert. Es hatte ihn wahnsinnig viel Überredungskunst gekostet, mich aus dem Hotelzimmer zu kriegen. Denn wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir uns irgendwo zusammen verkrochen und wären vor der Welt da draußen geflohen. Aber Felix hatte andere Pläne...

„Gib her jetzt die Tüte." befahl ich und riss ihm die noch geschlossene Tüte aus der Hand.

Im Park angekommen setzten wir uns auf die große Wiese gegenüber des Sees und warteten.

„Gibt's hier irgendwie n Lockruf, um die Viecher zu sich zu rufen?" fragte Felix.

„Nein, leg einfach nur mal ein paar Nüsse vor dich. Die kommen von ganz alleine." erklärte ich ihm.

Felix leerte seine restliche Tüte vor sich, lehnte sich zurück und sah sich um.
„Ick will ja nicht unjeduldig wirken, aber ick seh hier keene."

Kopfschüttelnd rollte ich mit den Augen. Mir hätte klar sein müssen, dass sich hinsetzen und warten nicht unbedingt seine Stärke war.

„Hey, da hinten steht ein Eiswagen. Magst du eins haben? Ich hole uns eins." bot ich an.

„Ne, bin nicht so der Eistyp." erklärte er. „Aber geh du ruhig und hol dir eins. Ick warte hier auf die ominösen Eichhörnchen."

„Alles klar." sprach ich und lief los. Als ich kurze Zeit später mit meinem Eis auf dem Weg zurück war, konnte ich schon von weitem erkennen, dass Felix nicht mehr alleine war. Um ihn herum wuselten drei Eichhörnchen, während ein weiteres grade auf seinen Schoß gekrabbelt kam. Vorsichtig näherte ich mich dem Schauspiel. Den Tieren waren die Nüsse deutlich wichtiger als ich, weshalb sie auch nicht von ihm wichen, als ich mich dazu gesellte.

„Dicker, meinste wirklich, dass du dir noch ne Nuss gönnen solltest?" begann Felix, als sich das selbe Tier bereits die vierte Nuss aus seiner Hand gekrallt hatte. „Ick seh hier sehr viel Bauch und verhältnismäßig wenig Arme. Da sollteste wirklich dran arbeiten."

„Fatshamest du das arme Tier grade?" fragte ich belustigt, als ich mich zu ihm setzte.

„Na, guck dir den doch mal an! Die anderen kriegen jar nüschts ab, weil der hier alles weg frisst." erklärte Felix grinsend. „Ick muss auch sagen, ick hab' mir die n bisschen niedlicher vorjestellt. Dit is ja keen Eichhörnchen mehr. Eher n' Eichhorn."

Ich musste lachen. Das zutrauliche Tier erschrak sich und lief ein Stück von uns weg. Eines der anderen drei erkannte seine Chance und lief auf Felix zu. Statt, wie das andere direkt zur Nuss zu laufen, war dies aber eher an Felix' Bauchtasche interessiert, die offen neben ihm lag.

„Ey!" beschwerte er sich und schüttelte die Tasche ein wenig. „Gehst du da wohl raus!"

„Ich sag ja, die sind penetrant." lachte ich und beobachtete, wie ein weiteres Eichhörnchen es sich auf Felix' Schoß bequem machte und seelenruhig seine Nuss fraß. Vorsichtig holte ich mein Handy hervor, öffnete die Kamera und schoss ein paar Fotos zur Erinnerung. Eines der Bilder lud ich in meine Story bei Instagram hoch.

It's giving Cinderella Vibes 🧚🏼🐿️

„Julian würde es hier lieben. Der hat mal Wochen mit dem Versuch verbracht, ein Eichhörnchen zahm zu kriegen, das auf dem Baum vor seiner Wohnung gelebt hat." erzählte Felix.

The night we met - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt